Erkenntnisse der APA-Fragerunde – Wenn die Frage die Absonderung heißer Luft nach sich zieht
Bundesliga 11.Februar.2012 Georg Sander 0
Schon traditionell klopft die Austria Presse Agentur (APA) die Oberhaustrainer ab. Zentrale Zielsetzung der Fragen war es, eine Einschätzung der Ligastärke zu erlangen und die Endtabelle vorauszusagen. Abseits.at hat sich angeschaut, wie stark die Liga laut Trainern ist und wie die Tabelle aussehen wird.
In der Bundesliga sind sechs Teams innerhalb von fünf Punkten, wie schätzen Sie die Stärke der Liga ein?
Die Hand, die einen füttert, beißt man selten. Deswegen ist es gar nicht so einfach, Schmafu von realistischen Einschätzungen zu unterscheiden. So möchte Ried-Trainer Paul Gludovatz das Licht der Liga nicht unter den Scheffel stellen: „Ich habe vielfach eine negative Einschätzung von mir weisen müssen. Insgesamt drei Vereine waren in der Gruppenphase.“ Die Zeitung „Österreich“ würden die Bundesliga gerne schlecht reden, er glaube, dass „international mehr Wertschätzung auf unsere Liga gelegt wird wie [sic!] in der heimischen Medienlandschaft.“ Ricardo Moniz attestierte den Topteams eine mangelnde Konstanz, formulierte dies im Bezug auf seine Mannschaft etwas weltfremd mit „zahlreichen Ausfälle“. Ein Hohn für die restlichen Teams, angesichts des Budgets und den Erkenntnissen der Kollegen der Sportwoche, die in Zahlen deutlich belegten, dass die Bullen in der Liga schlichtweg lauffauler sind. Auch Franco Foda flüchtete sich in mehr oder weniger sinnlose Aussagen. Er meinte, dass „es eng ist, weil die Mannschaften, die international spielen, immer den hohen Rhythmus haben und durch die Reisestrapazen manchmal in der Liga nicht so konzentriert sind.“ Da fragt sich der Fußballfan dann doch, wieso die Vereine international spielen wollen, wenn in der Liga dann der Schlendrian einkehrt.
Klare Worte gibt es hingegen aus der zweiten Tabellenhälfte. „Salzburg an erster Stelle sowie Rapid und Austria dahinter haben es nicht geschafft, die Liga zu dominieren“, verpasst Wacker-Coach Walter Kogler den Branchenführern einen Denkzettel. Kapfenberg-Trainer Thomas von Heesen, nicht „verhabert“, sieht die Tabellensituation im Lichte der roten Laterne als durchaus positiv. „Es ist nicht einseitig wie etwa in Spanien, wo es nur zwei Mannschaften gibt, die sich den Titel ausmachen“, so der Deutsche, „In Deutschland ist es im Moment ähnlich mit vier, fünf Vereinen an der Spitze, das zeigt auch, dass die anderen Mannschaften aufgeholt haben, und nicht, dass die Spitzenteams nachgelassen haben.“ Dietmar Kühbauer, für Wortwitz bekannt, sagt das, was er muss: „Würde ich es als schlechtes Zeichen werten, würde ich ja gegen meine Mannschaft sprechen.“
Auf der Hand liegt, dass sich niemand schlecht machen will. Ob es jetzt die zum Sport gehörenden Verletzungen sind, die Europacup-Strapazen oder der Niveaugewinn der kleineren Vereine – die Fans können sich auf ein spannendes Frühjahr freuen. Hand aufs Herz: Genau das macht die Sache interessant. Wenn der Kick dann auch noch ansehnlich ist, freut es umso mehr.
Wie lautet die Zielsetzung Ihres Vereins fürs Frühjahr? Wer wird Meister? Wie sehen Sie die Situation im Abstiegskampf?
Absichern, tarnen und täuschen. Peter Schöttel kann sich mit einem Meister Rapid Wien anfreunden: „Wenn man auf Rang eins in das neue Jahr startet, möchte man diesen Platz natürlich behaupten“, relativiert aber, „unser primäres Ziel ist aber natürlich das Erreichen eines internationalen Startplatzes.“ Auch Salzburg-Trainer Ricardo Moniz verrät kryptisch, dass „wir in allen drei Bewerben so gut wie möglich spielen, auch möglichst weit kommen, wollen.“ Gludovatz meint, „alle vier Topteams“ hätten Chancen auf den Titel. Veilchen-Trainer Ivica Vastic baut aufs Glück, denn „wenn wir nahe dranbleiben und den Favorit unter Druck setzen, wenn es dem Ende zugeht, dann wird er vielleicht nervös und dann ist für uns alles möglich.“ Ein Querlesen der Statements zum Meisterkampf verrät, dass eigentlich keiner Meister werden will. Alle außer Moniz sind sich aber einig, dass es Salzburg werden muss. Rapid, Austria und Sturm wollen in den Europacup. Admira, Ried oder Wacker würden ein internationales Antreten als Sensation werten. Thomas von Heesen überweist derweilen kräftig ins Phrasenschwein: „Die beste Mannschaft wird am Ende des Tages an der Tabellenspitze stehen. Der, der nach 36 Spielen vorne steht, hat es sich auch verdient.“
Nüchtern fällt die Analyse für den Abstiegskampf aus. „Aufgrund von nur zehn erreichten Punkten wird es schwierig“ weiß Peter Schöttel. Doch die anderen Trainer sprechen Mut zu. Peter Stöger sagt, dass „sie laut Tabelle haben die schlechtesten Karten haben, aber es ist nicht unmöglich, den Rückstand aufzuholen.“ Und wie geht das, Ivo Vastic? „Sie haben einen neuen deutschen Trainer, und wer die deutsche Mentalität kennt, der wird wissen, dass sie nicht aufgeben werden.“ Walter Kogler stellt aber Bedingungen: „Wenn die neuen Spieler einschlagen sollten, ist alles möglich.“ Die vorletzten Mattersburger formulieren es so: „Wir werden nicht absteigen.“ Dietmar Kühbauer fragt sich berechtigt, „warum sie nicht einen Lauf haben sollten?“
Die Erkenntnisse
Die Salzburger werden Meister, dahinter landen die Wiener, Kapfenberg wird absteigen. So weit sind sich die Trainer relativ sicher. Sollte nichts Außergewöhnliches eintreten, dürfen sich die Coaches auf die Schulter klopfen, es schon im Winter gewusst zu haben. Interessant darüber hinaus noch die Headlines der Leitmedien. Der ORF als Ausstrahler untertitelt die Story mit „Breite Spitze als Qualitätsmerkmal“. Die Kronenzeitung lässt die Liga außen vor und schreibt „Bundesliga-Trainer glauben an positive ÖFB-Team-Zukunft“. Warum? Im Subtitle prangt der Satz „Haben gute Spieler“. Distanziert und nüchtern schreiben es Kurier (Fünf Fragen an zehn Bundesliga-Trainer“) und Standard („Fünf Fragen, fünfzig Antworten“). Und so sind sich Trainer und Medien einig, dass sowieso nichts vorausgesagt werden kann.
„Im Fußball verkompliziert sich alles durch das Vorhandensein der gegnerischen Mannschaft“, wusste der französische Existentialist Mitte des 20. Jahrhunderts. Vielleicht geht ein Trainer bei der nächsten Fragerunde noch weiter zurück, ist ehrlich und zitiert Sokrates’ Ausspruch „Scio nescio“ („Ich weiß, dass ich nichts weiß.“).
Georg Sander, abseits.at
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