Mittlerweile berichten zahlreiche Medien unisono darüber, dass Ferdinand Feldhofer der Nummer-Eins-Kandidat für den Posten als neuer Rapid-Trainer ist. Es wäre Feldhofers erster Trainerjob nach... Feldhofer als Rapid-Trainer? Das sind die Vor- und Nachteile!

Mittlerweile berichten zahlreiche Medien unisono darüber, dass Ferdinand Feldhofer der Nummer-Eins-Kandidat für den Posten als neuer Rapid-Trainer ist. Es wäre Feldhofers erster Trainerjob nach etwa neun Monaten und obwohl der Steirer wie eine naheliegende Lösung, bei der man weiß was man bekommt, wirkt, kennt den 42-Jährigen nach 46 Spielen auf der Trainerbank des Wolfsberger AC kaum jemand genauer.

Wofür steht Feldhofer? Wie passt er zu Rapid? Was könnten die größten Unterschiede zum Rapid-Spiel unter Kühbauer sein? Grundsätzlich einfach zu beantwortende Fragen, die aber zumindest öffentlich nicht im Vordergrund stehen. „Stallgeruch“, „billige Lösung“, „angesagte Stagnation“ sind die Aussagen, die die sozialen Medien vor der möglichen Verpflichtung bestimmen. Allerdings steht Feldhofer durchaus dafür, was man sich bei Rapid seit jeher wünscht. Nebst einiger Fragezeichen. Wir versuchen der Anlage und Idee des Ex-Wolfsberg-Coaches auf den Grund zu gehen.

Intensive Rapid-Vergangenheit, aber keine starken Bande

Die präsenteste Assoziation zu Ferdinand Feldhofer holt den geneigten Rapid-Fan zurück in den Mai 2005. Damals erzielte der Innenverteidiger „per Schulter“ ein meisterschaftsvorentscheidendes Tor in der Südstadt und ließ tausende mitgereiste Rapid-Fans ausflippen. Gleich nach Saisonende wechselte der 13-fache Nationalspieler allerdings zu Wacker Tirol und kehrte Rapid nach 3 ½ Jahren den Rücken. Danach – und auch im Laufe seiner Trainerzeit – war der Kontakt nach Hütteldorf nicht unbedingt intensiv. Man kennt sich grundsätzlich, wie es in Österreich eben häufig der Fall ist, eine besonders enge Verbindung zu Rapid ist jedoch nicht auszumachen. Die Wege von Zoran Barisic und Ferdinand Feldhofer kreuzten sich beispielsweise bisher nicht. Der Sportvorstand des SK Rapid lernte Feldhofer erst im Zuge des Hearings kennen.

Sukzessive Verbesserungen mit Lafnitz

Auf der Trainerbank sitzt Feldhofer seit Herbst 2015. Zwei Wochen vor seinem 36. Geburtstag übernahm er den Regionalligisten Lafnitz, damals Zwölfter der Regionalliga Mitte und im Begriff in den Abstiegskampf zu rutschen. Die Saison 2015/16 wurde schließlich auf dem sicheren sechsten Rang der 16er-Liga beendet, in der Folgesaison wurde Lafnitz Zweiter und 2017/18 mit zehn Punkten Vorsprung überlegener Regionalliga-Meister mit nur einer Niederlage. In der ersten Zweitligasaison gelang Lafnitz – weitgehend mit einer No-Name-Truppe – knapp der Klassenerhalt.

Hohe Intensität, massives Mittelfeldzentrum

Bereits in Lafnitz ließ sich Feldhofers Philosophie gut beobachten. Hohe Intensität, großer Fokus auf die Mittelfeldverdichtung. Nicht selten wurden nominelle Zentrumsspieler an den Flügeln aufgeboten, um gegen den Ball besser einrücken zu können und den Spielaufbau des Gegners besser von innen nach außen verteidigen zu können. Eine Grundvariante, die später auch beim WAC Anwendung fand, wo das 4-3-1-2 mit Liendl als „Freigeist“ auf der Zehn das am häufigsten praktizierte System war. Dahinter machte Feldhofer gerne dicht und zwar mit einer guten Mischung aus Physis und Laufstärke.

Feldhofer führt den WAC erneut nach Europa

Nachdem der einstige Rapid-Spieler im Dezember 2019 vom Wolfsberger AC zum Struber-Nachfolger ernannt wurde, setzte Philipp Semlic auf die Vorarbeit Feldhofers auf und etablierte Lafnitz in der oberen Hälfte der 2. Liga. Feldhofer wechselte zum WAC und setzte seinerseits auf Strubers und Sahlis Arbeit auf. Er übernahm die Lavanttaler als Vierter, führte sie auf Platz drei und damit zur direkten Qualifikation für die Europa-League-Gruppenphase. Feldhofer übernahm dabei eine durchaus intakte Mannschaft, die zuvor etwa Borussia Mönchengladbach auswärts mit 4:0 besiegte, dann aber doch aus der EL-Gruppe ausschied. Die geringe Kaderdichte wurde damals bereits vor Beginn der Gruppenphase mit den Transfers von Jojic, Vieira und Niangbo abgefedert. Bereits zuvor kam unter anderem Shon Weissman ins Lavanttal.

Höherschieben im Vergleich zu Struber

Die Adaptierungen zum Struber-Konzept brauchten einige Zeit um zu greifen. Etwa vier Monate nachdem Feldhofer übernahm, wurde deutlich, dass der WAC das Gros seiner Ballverluste weiter nach vorne verlagerte. Die gesamte Mannschaft wurde kontinuierlich in höhere Zonen geschoben, die Passschemata waren sehr direkt (auch wegen Liendl, der äußerst viele progressive Bälle spielte), das Verlagern in ebendiese höheren Zonen verhalf dem WAC auch in diesen „gefährlicheren Regionen“ ins Gegenpressing zu kommen. Die Intensität wurde hochgehalten, womit man sich 2019/20 immerhin im letzten Moment gegen den schwächelnden und durch die Corona-Verfehlungen ungeliebten LASK durchsetzte und Dritter wurde.

Dreifachbelastung

Im Herbst 2020 lernte Feldhofer schließlich auch mit Dreifachbelastung umzugehen, was durchaus ein wichtiger Faktor für Rapids Interesse sein dürfte. Immerhin blickte die Rapid-Fanbase damals durchaus neidisch nach Kärnten, zumal der WAC in seiner Europacupgruppe für Furore sorgte, Feyenoord auswärts mit 4:1 besiegte, auch zu Hause mit 1:0 siegreich blieb, zudem auswärts bei ZSKA Moskau mit 1:0 gewann. Der WAC qualifizierte sich somit für das Sechzehntelfinale und lief laut xG-Statistiken in der Liga sogar leicht unter Erwartung. In den sechs Spielen nach europäischen Gruppenpartien holten die Wölfe immerhin zehn Punkte.

Solider, aber nicht idealer Schnitt im Europacupherbst

Gegneradaptierungen waren dabei eher selten. Feldhofer ließ das eigene Spiel durchziehen, versuchte seinen durchaus offensiven, vor allem aber aktiven Pressingplan umzusetzen und fuhr damit weitgehend gut. Bei seinem Aus als Wolfsberg-Coach stand das Team nach 20 Runden auf Rang fünf und damit auf Kurs Meisterplayoff. Der Punktschnitt von 1,50 war angesichts der Europacupstrapazen durchaus akzeptabel, aber auch nicht hundertprozentig zufriedenstellend. Rapid hatte damals elf Punkte mehr, lag nur fünf Zähler hinter Salzburg. Die öffentliche Stimmung war jedoch speziell aufgrund der durchwachsenen Europacupsaison in der Gruppe mit Arsenal, Molde und Dundalk durchwachsen und die Europacup-Ausrufezeichen durch Wolfsberg, den LASK und natürlich auch Salzburg trübten die Stimmung in einer Saison, in der man bis hierhin einen starken Punktschnitt von 2,05 aufwies.

Der „Wickel“ mit Liendl

Es sollte am Ende ein von den Medien so titulierter Machtkampf sein, der Feldhofers Ende beim WAC besiegelte. Das Jahr 2021 begann für die Wolfsberger schlecht: Zwei Nullnummern gegen Sturm und Hartberg, dann ein 0:3 gegen den LASK. Das Pressing bröckelte, der WAC wirkte inaktiver als im Herbst, wo man unter anderem auswärts Salzburg besiegte. Das Resultat war, dass ausgerechnet Michael Liendl, absoluter Schlüsselspieler und für den WAC ähnlich wertvoll, wie einst Steffen Hofmann für Rapid, auf die Bank verbannt wurde. Von Ende Jänner bis Ende Februar kam der Kapitän in vier von acht Spielen nur von der Bank, nachdem er zuvor klarer Fixstarter war. Liendl war am Ball, speziell im Tiefenspiel, aber auch bei Standards eine Macht, beteiligte sich aber nicht so intensiv am mannschaftlichen und gruppentaktischen Pressing, wie es sich Feldhofer vorstellte. Das brachte Unruhe ins Team, einige arrivierte Spieler solidarisierten sich mit Liendl – und Feldhofer blieb hart und ging mit dem Blick aufs große Ganze keine Kompromisse ein.

Beidseitige Verfehlungen

Dass Liendl für den WAC allerdings eine Ausnahmeerscheinung ist und angesichts seiner außergewöhnlichen Scorerwerte ein wenig über den Dingen steht, war hier eine Fehleinschätzung, die Feldhofer schlussendlich den Job kostete. Ein „no one is bigger than the club“ durchzuziehen, war wohl gut gemeint, allerdings war der WAC trotz der Erfolge der vorangegangenen Monate immer noch ein kleiner Klub, der auf die guten Leistungsdaten des Kapitäns kaum verzichten konnte. Spielerrevolten sind immer kritisch zu beäugen, aber auch Feldhofer machte in dieser Causa Fehler.

Kleiner Umbruch mit ähnlichen formativ-spielerischen Mitteln

Nach der 0:1-Niederlage gegen den LASK im Cup-Halbfinale war schließlich Schluss. Die Wolfsberger qualifizierten sich danach zwar recht problemlos fürs Meisterplayoff, durch das sie aber eher taumelten und die Saison als Fünfter abschlossen. Die Zeit unter Interimscoach Roman Stary stellte dabei eine kleine Zäsur dar, ehe Robin Dutt mit Beginn der neuen Saison umbaute (bzw. dies auch stellenweise musste) und das Team erst nach Monaten wieder in ruhigeres Fahrwasser manövrierte. Übrigens immer mit Liendl, demselben formativen Konzept wie zuvor, dafür aber einem größeren Umschaltfokus.

Ideen richtig strukturieren

Feldhofers Grundidee, sowohl was die hohe Aktivität gegen den Ball, als auch die direkte Herangehensweise mit Ball betrifft, ist also eigentlich etwas, das zu Rapid passt. Nur über die Reihenfolge der Adaptierungen müsste man sich bei Rapid einen klareren Plan verschaffen. Das Feldhofer-Spiel könnte für Rapid grundsätzlich passen, nur sollte ein Umdenken, weg vom etwas reaktiven, verwaltenden Stil, hin zu mehr Dynamik, mehr Aktivität in höheren Zonen und später (in den nächsten Transferperioden) auf personeller Ebene auch mehr Physis im Zentrum, eine grundlegende, strukturelle Vorgabe von weiter oben sein.

Commitment zu Spielphilosophie als notwendige Basis

Es wäre das Spiel, das die Fans sehen wollen und das Rapid auf Basis seiner ursprünglichen Werte wieder authentischer machen könnte. Feldhofer dürfte ein derartiges Konzept nicht nur umsetzen können, sondern auch selbst präferieren. Ein klares, geradliniges Commitment dahingehend, speziell durch Barisic und auch das Präsidium, wäre aber im Ablauf die erste Notwendigkeit. Eine Rapid-Mannschaft sollte nämlich in allererster Linie wie eine Rapid-Mannschaft spielen und nicht wie die Mannschaft eines neuen Trainers, der eben seine Ideen einbringt und für die Dauer seiner Amtszeit umzusetzen versucht. Dass es für eine solche Intensität und den häufig geforderten „Jagdfußball“ aber auch den einen oder anderen neuen Spieler brauchen wird, weiß man natürlich nicht erst seit Kühbauers Entlassung.

Grundsätzlich nicht der Wunsch der Fans

Der Tenor der Öffentlichkeit würde mit Feldhofers Verpflichtung nicht erhört werden. Die Rapid-Community hoffte im Vorfeld auf eine arrivierte bzw. international anerkannte Lösung, oder auf einen der vielzitierten „Laptoptrainer“, wie eine Umfrage im Austrian Soccer Board, Österreichs größtem Fußballforum deutlich zeigte. Klar ist, dass durch den bisherigen Mangel an konzeptioneller Durchgängigkeit die Anforderungen an einen neuen Rapid-Trainer gesunken sind bzw. weiterhin auf recht niedrigem Niveau bleiben. Mit Ausnahme eines Zweitligaaufstiegs, eines dritten Platzes in der Bundesliga und einem durchaus sensationellen europäischen Überwinterns, hat Feldhofer noch keine Erfolge vorzuweisen. Das muss natürlich kein Ausschlusskriterium sein und jeder Trainer hat die Chance verdient, sein Können und Fachwissen unter Beweis zu stellen, speziell wenn seine geplante Herangehensweise plausibel und umsetzbar klingt bzw. sich mit den strukturellen Ideen des Vereins deckt.

Riskanter Move mit hoher möglicher Bandbreite

In den Hearings soll der als arbeitsam bekannte Steirer die Rapid-Verantwortlichen allerdings überzeugt haben, was natürlich das größte Argument für eine Verpflichtung wäre. Mit Feldhofers Verpflichtung würde Rapid allerdings ein größeres Risiko gehen, als mit einem etablierten, internationalen Coach. Auch wenn das Entwicklungspotential eines Trainers Feldhofer sicher noch größer ist und Rapid endlich einmal einen „Riss“ landen will, um erstmals seit den 80er-Jahren einen Trainer zu einem größeren Verein „exportieren“ zu können. Dieses Vorhaben scheiterte in der Fußballneuzeit praktisch immer. Es wäre ein durchaus riskanter Move mit großer, potentieller Bandbreite im (nachhaltigen) Erfolg. Dass sowohl das Schicksal des Vorstands, als auch das des Präsidiums stark an die bevorstehende Trainerbestellung gekoppelt sind, wird den Verantwortlichen allerdings durchaus klar sein. Das Vertrauen muss demnach groß sein, denn nicht nur an der personellen, sondern auch an den strukturellen Entscheidungen der bevorstehenden Wochen und Monate hängt viel…

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen