Fokus auf die eigenen Stärken: Die Entwicklung von Takumi Minamino unter Peter Zeidler
Bundesliga 24.Oktober.2015 Alexander Semeliker 0
Mit einer Serie von zehn ungeschlagenen Spielen und einem eindrucksvollen 8:0-Sieg gegen Admira Wacker Mödling stürmte Red Bull Salzburg an die Tabellenspitze. Neben dem nun vereinten Sturmduo Soriano-Damari hatte auch ein junger Flügelspieler entscheidenden Anteil daran. Seine Rolle im System von Peter Zeidler wollen wir näher betrachten.
Mit sieben Toren und drei Assists ist Takumi Minamino hinter Jonatan Soriano der Topscorer der tipico Bundesliga. Zuletzt wurde der 20-Jährige zudem für das japanische Nationalteam nominiert. Eine Entwicklung, die ihm nach seiner Verpflichtung im letzten Winter durchaus zuzutrauen war. Die Aufgabe, die ihm damals zugetragen wurde, war aber eine unpassende.
Nicht der Nachfolger von Kampl
Kurz bevor Minamino von den Salzburgern verpflichtet wurde, verließ nämlich mit Kevin Kampl ein wichtiger Spieler die Bullen. Manche erwarteten, dass er die Lücke schließen sollte. Etwas, das einerseits aufgrund der herausragenden Klasse des Slowenen auch mittelfristig nicht machbar schien. Andererseits war es aufgrund einiger Unterschiede hinsichtlich der Spielweisen der beiden keine vernünftige Zielsetzung.
Kampl war in allen Bereichen außergewöhnlich gut. Im Pressing überzeugte er individuell mit seinem läuferischen Aufwand und im taktischen Bereich mit intelligentem, leitendem Anlaufen des Gegners. Im Ballbesitzspiel konnte er auf unterschiedliche Weisen eingebunden werden: als kleinräumiger, Dynamik erzeugender Kombinationsspieler oder als Antreiber aus der Etappe, der dann mit Vertikaldribblings und –läufen das Tempo erhöhte oder als Nadelspieler zwischen den Linien. Mit seinen individuellen Fähigkeiten konnte er zudem stets über Einzelaktionen Gefahr erzeugen.
Ausbaufähige Technik richtig eingebunden
Gerade die letzten beiden Punkte erkennt man bei Minamino praktisch nicht. Technisch ist der Japaner selten souverän, sondern leistet sich Unsauberkeiten, die Tempo aus den Angriffen seines Teams nehmen und ihn selbst unter Bedrängnis bringen. Diese wichtige Grundvoraussetzung, um ein erfolgsstabiler Nadelspieler zu sein, ist also bei ihm nicht gegeben. Man findet ihn deshalb seltener bewusst in engen Räumen, wenngleich er, wie Kampl, häufig in die Halbräume einrückt.
Ein weiterer markanter Punkt, der die beiden unterscheidet, betrifft die Initiative, das Spiel an sich reißen zu wollen. Kampl war in der Bundesliga stets jemand, der auf sehr viele Ballaktionen kam. Bei Minamino ist das anders. Im Frühjahr unter Adi Hütter wurde er jedoch gewissermaßen in diese Rolle gedrängt, weil auf der gegenüberliegenden Seite mit Valentino Lazaro, Marcel Sabitzer und Felipe Pires meist Spieler agierten, die in dieser Hinsicht ähnlich passiv waren.
In der aktuellen Saison hat Minamino einen passenden Gegenpart, nämlich Valon Berisha. Der Norweger ist ein Spieler, der sich ständig in kurzen Distanzen anbietet und den Rhythmus mit seinen Pässen und Bewegungen diktieren kann. Dies lässt sich besonders anhand der Anzahl an gespielten Pässen verdeutlichen. Während Berisha pro 90 Minuten durchschnittlich 53 Pässe spielt, sind es bei Minamino lediglich 29. Dieser kann sich so nun auf seine Stärken konzentrieren, was dem ganzen Team zugutekommt.
Häufiger selbst gefährlich werden
Diese Stärken hat Minamino vor allem im Spiel ohne Ball. Seine Handlungen wirken nämlich sehr vorausschauend. Einerseits kann er mit seinen Bewegungen Platz für seine Mitspieler kreieren, andererseits sich selbst in potenziell gefährliche Positionen bringen, noch bevor die Gegenspieler diese als solche ausgemacht haben. Dies führt dazu, dass er in der Gefahrenzone häufiger selbst abschließen kann. Diesen und die anderen markanten Punkte, in denen die veränderten Aufgaben mündeten, erkennt man auch, wenn man Minaminos Radargrafiken der letzten beiden Saisonen gegenüberstellt.
Ins Auge sticht sofort die verbesserte Scorerausbeute, die jedoch auch letzte Saison keinesfalls schlecht war. Die Anzahl an Torschussbeteiligungen ist ebenfalls in die Höhe gegangen, während die Torschussvorbereitungen zurückgingen. Das bedeutet, dass er beim Abschluss häufiger selbst die Initiative ergriff. Waren es im Frühjahr noch 1,5 Schüsse pro 90 Minuten, sind es mittlerweile deren 2,5. Beachtlich: die Genauigkeit seiner Schüsse stieg ebenfalls. Während die kombinativen Daten (Pässe, Passquote, Anteil langer Pässe) weitestgehend unverändert blieb, ist es interessant, dass es bei der Art der Balleroberungen eine Verschiebung gab.
2014/2015 verteilten sie sich fast gleich auf Tackles (1,9) und abgefangene Bälle (1,6); während seiner Einsätze in der laufenden Spielzeit fing er jedoch erst einen einzigen Ball ab. Die Anzahl an Balleroberungen im Zweikampf stieg andererseita merkbar an. Auch das passt zu seinem Spielstil. Im Spiel gegen den Ball ist er nämlich niemand, der abwartet, sondern sofort attackiert. Das wirkt zuweilen kopflos, was jedoch kaum negative Auswirkungen hat. Einerseits weil die meisten Gegner auf nationaler Ebene schlicht nicht die Qualität haben, um es auszunützen, und es auf der anderen Seite durch die immer besser werdenden mannschaftlichen Strukturen aufgefangen wird.
Alexander Semeliker, abseits.at
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