Es gibt einen Witz, der für diesen Fall passender nicht sein könnte: Ein Wissenschaftler erklärt gegenüber einer Zeitung, seine Forschung sei – aus dem... Gegenansicht: Der Manfred, das Wasserglas und der Kontext

Es gibt einen Witz, der für diesen Fall passender nicht sein könnte: Ein Wissenschaftler erklärt gegenüber einer Zeitung, seine Forschung sei – aus dem Kontext genommen – völlig wertlos. Die Zeitung titelt daraufhin: „Wissenschaftler sagt: ‚Meine Forschung ist wertlos.‘“

Etwas Ähnliches muss aktuell auch der Austrianer Manfred Fischer erfahren, denn in der schnelllebigen Fußballwelt wird immer irgendeine Sau durchs virtuelle Dorf getrieben. Für jene Rapidler:innen, die nach der mäßigen Leistung ihrer Mannschaft am Samstag in Klagenfurt Ablenkung suchten und deswegen zum Erzrivalen hinschielten, boten Fischers post-Match-Worte, er werde lieber Fünfter als in Klagenfurt zu verlieren, daher genügend Grund dem violetten Mittelfeldspieler wenig Inhalt in der Birne zu unterstellen.

Das Zitat so – aus dem Kontext genommen – sagt natürlich Einiges aus. Hämisch wurde „Mandi“ nicht nur von der anonymen Internet-Rapidcommunity oder Klagenfurts Kosmas Gkezos darauf hingewiesen, dass auch die Wiener Austria in der Meistergruppe auswärts in Kärnten ebenfalls nicht gewinnen konnte und so wichtige Punkte für den Endtabellenstand liegen ließ.

Doch, wenn man die emotionalen Gefühlsregungen vorbeiziehen lässt und sich Fischers Interview wertfrei ansieht, erkennt man, dass die Aussage des Steirers weder kurios noch zynisch ist. Sie ist schlicht in ihrem Zusammenhang zu betrachten: Fischer erklärte nach der Eingangsfrage des TV-Reporters, wie enttäuscht er über den fünften Platz sei, aber auch, dass er von der Leistung seiner Mannschaft und dem Willen nicht aufzugeben emotional gerührt sei.

Tatsächlich hatte der 27-Jährige bereits letztes Jahr keinen Hehl daraus gemacht, dass ihm sein Arbeitgeber schon sehr ans Herz gewachsen sei. Die Vertragsverlängerung vor wenigen Wochen zementierte den – noch frischen – Kultstatus des Spielers, der von den violetten Fans bei Heimspielen mit „Manfred Fischer Fußballgott“ begrüßt wird: Fischer ist ein Erz-Veilchen und liebt sein Team.

Zurück zum zweiminütigen Interview: Der Austrianer erklärte, wie seine Mannschaft im Spiel gegen den Meister immer an die Eroberung des 4. Platzes geglaubt habe und von den Fans nach vorne gepusht worden sei. Dann setzte er nach: „Das gibt mir so viel. Da werde ich lieber Fünfter, als in Klagenfurt zu verlieren.“ So betrachtet beschrieb der Kicker also nur die von ihm geschätzte Mentalität seiner Mitspieler und der Anhänger, die für ihn – selbst wenn das Ziel nicht erreicht werde – wichtiger sei, als etwas nur durch Glück zu schaffen.

Einen Satz weiter gratulierte Fischer – im Übrigen – dem großen Rivalen sportlich-fair zum 4. Platz und sagte, Rapid hätte sich diesen verdient. Wieso es eine Rolle spielt, dass die Austria in diesem Frühjahr in Klagenfurt ebenfalls nicht als Sieger vom Platz ging, erschließt sich mir demnach nicht. So einen Zusammenhang erkennt man nur, wenn man Fischer Sager aus dem Kontext reißt, um den Satz zu einem Sturm im Wasserglas aufzubauschen.

Klarerweise hätte sich jeder – auch Fischer – lieber (und egal wie) für jenen Tabellenplatz, der keinen verkürzten Urlaub bedeutet, entschieden. Die Worte des Ex-Altachers streichen jedoch seinen Stolz auf jenen Leistungswillen der Favoritner heraus, den die Grün-Weißen in ihrem samstäglichen Match schmerzlich vermissen ließen. Wenn man sich in Hütteldorf daher über etwas beschweren will, wäre man vermutlich bei der Einstellung einiger Spieler im Rapid-Trikot an der richtigen Adresse.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag