Glasner notoperiert – so entsteht ein Blutgerinnsel im Hirn und mit diesen Spätfolgen muss gerechnet werden!
Bundesliga 5.August.2011 Daniel Mandl 0
Schock um Ried-Kapitän Oliver Glasner: Nachdem der 36jährige vor dem Spiel gegen Bröndby beim Mittagessen über Unwohlsein klagte, wurde er in einer Kopenhagener Spital gebracht, wo ein Blutgerinnsel im Hirn festgestellt wurde. Das Ried-Urgestein wurde einer sofortigen Akutoperation unterzogen. Wie kommt es aber zu derartigen Verletzungen?
Es war die 25.Minute im Spiel zwischen Rapid und Ried am vergangenen Sonntag. Glasner erlitt nach einem harten Kopfballduell mit Mario Sonnleitner eine Gehirnerschütterung, hatte eine offene Wunde über dem Auge, war bereits auf dem Platz total orientierungslos. Er musste von mehreren Betreuern und Mannschaftskollegen vom Platz geführt werden, da er selbst kaum stehen konnte. Klassische Symptome deuteten erst vier Tage später auf ein Blutgerinnsel hin: Glasner klagte etwa über Übelkeit, Schwindelgefühl und Orientierungslosigkeit. Weitere Symptome wären Sehstörungen, Konzentrationsschwächen, feinmotorische Ausfälle und akustische Beeinträchtigungen.
ÄHNLICHE BEISPIELE AUS DER SPORTWELT
Bei Fußballern ist dies jedoch eine eher seltene Verletzung, kann jedoch jedem Spieler in jedem wuchtigen Kopfballduell passieren. Häufiger findet man derart schwere, gefährliche Verletzungen bei Skifahrern: Im Jänner 2009 stürzte der Schweizer Daniel Albrecht bei der Abfahrt in Kitzbühel schwer und lag mit einem Schädel-Hirn-Trauma und einem Blutgerinnsel (Thrombus) im Kopf drei Wochen lang im Koma. Eine ähnliche Verletzung wiederfuhr Hans Grugger, der ebenfalls auf der Streif stürzte. Ein Beispiel aus der Fußballwelt ist FC-Thun-Verteidiger Benjamin Lüthi, heute 22 Jahre alt, der 2006 nach einem Zusammenstoß mit einem Gegner K.O. ging. Genau wie Glasner verlor er das Bewusstsein nicht, klagte über Schmerzen im Kopf, im Spital wurde ein Blutgerinnsel diagnostiziert und Lüthi durfte drei Monate keinen Sport machen. Lüthi war damals allerdings 18 Jahre alt, topfit, sein Körper verarbeitete die Verletzung relativ gut, erzählte einer Schweizer Zeitung Jahre danach, dass die Verletzung ihn langfristig stärker zurückwarf als er zunächst annahm. Auf seinem Weg zurück wurde er auch psychologisch betreut, Kopfballduelle waren lange Zeit nicht mehr dasselbe für den heutigen Thun-Stammspieler.
VERSTOPFTES BLUTGEFÄSS
Ein Blutgerinnsel tritt unter anderem nach Gefäßverletzungen auf, die sich Glasner womöglich schon am Sonntag beim Auswärtsspiel in Wien zuzog. „Thrombus“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Klumpen“ oder „Pfropf“ – und so darf man es sich auch vorstellen. Ein Blutklumpen sitzt an einer bestimmten Stelle im Körper und verstopft ein Gefäß. Dadurch wird die Blutzufuhr zu einem oder mehreren Organen unterbrochen, in Glasners Fall zum Gehirn. Da es im Hirn keine Umgehungskreisläufe gibt, wird der hinter dem Blutgefäß liegende Bereich nur noch schwach oder sogar gar nicht durchblutet. Wenn der Körper mit einem derartigen Problem zu kämpfen hat, steigt zudem der Hirn- oder Liquordruck. Liquor ist eine farblose Flüssigkeit, die mit der Gewebsflüssigkeit des Gehirns in Verbindung steht und die eigentlich das Gehirn polstern soll. Gesteigerter Hirndruck kann zu einer lebensgefährlichen Situation werden.
GLÜCKLICHERWEISE IN DÄNEMARK
Wie gut man sich von einer solchen Verletzung erholt, hängt von der Schnelligkeit der Behandlung ab. In Oliver Glasners Fall wurde schnell gehandelt und er wurde sofort notoperiert. Glück im Unglück: Rieds Gegner war Bröndby. Bei einer Europacup-Auswärtspartie in Kasachstan, Albanien oder Weißrussland hätte es angesichts der notwendigen Erstbehandlung noch gefährlicher für Glasner werden können. Im Fall des Ried-Kapitäns musste der Thrombus operativ entfernt werden, normalerweise behandelt man derartige Erkrankungen jedoch mit der Verabreichung von Heparin, einem Mittel zur Blutgerinnungshemmung. Allgemein hat das menschliche Gehirn sehr gute Fähigkeiten sich zu regenerieren, allerdings darf man auf keinen Fall davon ausgehen, dass dies nach einem derartigen Vorfall von heute auf morgen geht.
SPÄTFOLGEN NICHT SELTEN
Oliver Glasners Vorteil gegenüber anderen Hirnthrombose- oder Schlaganfallpatienten ist, dass er als Profi-Fußballer in einem allgemein guten körperlichen Zustand ist. Dies ist für die Regeneration schon mal von Vorteil. Nicht zu unterschätzen ist jedoch, dass der vorhin beschriebene Benjamin Lüthi im Alter von 18 Jahren drei Monate für die Verarbeitung seiner Verletzung benötigte und danach mit physischen und psychischen Spätfolgen zu kämpfen hatte. In Glasners Fall ist es sehr schwer vorherzusagen, ob er dauerhafte Schäden davontragen wird. Probleme wie Orientierungs- oder Verständigungsstörungen, dauerhafte Kopfschmerzen oder Störungen in der Wahrnehmung, würden es einem Fußballer unmöglich machen, seinen Beruf auszuüben. Bevor Benjamin Lüthi erstmals wieder auf dem Platz stand, waren drei Monate Ruhe und Therapie angesagt – dies wird auch bei Glasner nicht anders sein. Natürlich ist die oberste Maxime in dieser Situation, dass Oliver Glasner außer Lebensgefahr ist, die Operation den Umständen entsprechend gut überstanden hat, ansprechbar ist und bereits mit seiner Familie telefonieren konnte – alles andere ist derzeit sekundär. Aber im Falle eines 36jährigen Fußballers muss man an dieser Stelle leider auch die sekundäre Randnotiz anbringen, dass diese Situation nicht nur eine Gefährdung für Glasners Karriere ist, sondern eher, dass es ein kleines Wunder wäre, wenn er eines Tages wieder auf dem Fußballplatz stehen würde.
Das Abseits.at-Team wünscht Oliver Glasner eine rasche, komplikationsfreie Genesung!
Daniel Mandl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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