Am Montag platzte die Bombe. Paul Gludovatz wird sportlicher Leiter bei SK Sturm Graz, Franco Foda geht (spätestens) im Sommer und Gerhard Schweitzer sowie... Gludovatz wird Grazer – die „Reise nach Jerusalem“ kennt nur Gewinner

Am Montag platzte die Bombe. Paul Gludovatz wird sportlicher Leiter bei SK Sturm Graz, Franco Foda geht (spätestens) im Sommer und Gerhard Schweitzer sowie Michael Angerschmid werden Trainer bei der SV Ried. Die „Reise nach Jerusalem“ geht mit lauter Gewinnern aus, niemand steht neben den Sesseln.

Die SV Ried gewinnt

Seit einem 1:1 im Gerhard-Hanappi-Stadion vor ein paar Jahren spielten die Rieder ihr System. Das 3-3-3-1 bedingte viele Punktgewinne, ermöglichte die Emanzipation von All-Time-Granden wie Herwig Drechsel, Ewald Brenner oder gezwungenermaßen Oliver Glasner. Der ÖFB-Samsung-Cup-Sieg, der Aufstieg in Bröndby und der Verkauf von Daniel Royer um einen siebenstelligen Betrag markierten den Höhepunkt in einer langen und in den letzten Jahren erfolgreichen Geschichte. Doch die Wikinger müssen den nächsten Schritt gehen. Das national wie international erfolgreiche taktische One-Trick-Pony stößt mittlerweile an seine Grenzen. Gerade jetzt ist die Chance sehr groß, sich weiter zu verbessern. Dass das mit dem doch schon etwas älteren sowie in ein paar Situationen durchaus streitbarem Trainer schwer werden könnte, war schon zu Beginn der Rückrunde ersichtlich. „It’s a long way to the top“ und „Nach oben kommen ist leicht, oben zu bleiben ist schwer“ sind zwei wahre Stehsätze. Mit dem Duo Schweitzer/Angerschmid oder später einem neuen Coach kann sich Ried in der Spitzengruppe festsetzen. Die Gesichter sind neu, aber die vorhandenen Ideen können weiter verfolgt werden. An der Philosophie wird sich wenig ändern, denn da ist mit Stefan Reiter einer am Werk, der genau das garantieren kann.

Paul Gludovatz gewinnt

Der Mann für die Philosophie fehlte den Grazern in den letzten Jahren, auch schon vor dem Titelgewinn. Statt vorhandene junge Spieler wie Florian Kainz, Christian Klem oder Marvin Weinberger in Prödl/Jantscher/Beichler-Manier aufzubauen, kamen etwa ältere Spieler aus dem Ausland zurück (Roman Kienast, Jürgen Säumel, Rubin Okotie). Auch vor Placebo-Transfers wie Milan Dudic oder Srdjan Pavlov wurde nicht zurück geschreckt. Diese schauen zwar vielleicht gut aus, helfen aber eben kaum weiter. Der „Trainer-Fuchs“ soll hierbei helfen, das verlorene „Mojo“ wieder zu finden und aus Sturm Graz wieder eine junge und hungrige Mannschaft machen. Dazu kommt, dass das Verhältnis zwischen Führungsebene auf der einen und Foda als Trainer/Sportdirektor auf der anderen Seite in den letzten Monaten alles andere als friktionsfrei war.

Franco Foda gewinnt

Ebenjener Deutsche, der seit Jahren alle Höhen und Tiefen mit dem Verein zugemacht hat, hat ohnehin alles erreicht, was eingebettet zwischen den Mäzenteams und dem Rekordmeister möglich ist. Cupsieger 2010, Meister 2011, zwei Qualifikationen für die Gruppenphase der Europa League – das ist anscheinend das Ende der Fahnenstange für den SK Sturm Graz. Dennoch wurden Fodas Trainerleistungen vor allem in seiner Heimat gut beobachtet, wackelt ein Trainerstuhl ab dem Mittelfeld der deutschen Bundesliga bis in die zweite Liga, fällt Fodas Name, zuletzt im Zusammenhang mit Hertha BSC Berlin. Mit der Neustrukturierung innerhalb des Vereins wurde ein guter Grund gefunden, sich von dem Deutschen zu trennen, ohne dass eine Seite ihr Gesicht verliert.

Sturm Graz gewinnt

Natürlich gewinnt der Verein, nicht nur durch die Neustrukturierung. Denn gute und junge Spieler in der Steiermark zu finden, könnte in den kommenden Jahren schwerer werden. Einerseits werden durch einen möglichen Abstieg des Kapfenberger Sportvereins viele Nachwuchsplätze in der Obersteiermark frei sein, andererseits zeichnet sich das Bild eines Aufstiegs des GAK immer konkreter ab. Die Blackies könnten dann vor dem Problem stehen, mit dem TSV Hartberg und den zwei Genannten gleich drei Heute-für-morgen-Erste Liga-Vereine vor der Haustür zu haben, die natürlich auch darauf erpicht sind, ausgezeichnete Jungkicker in ihrem Kader zu haben. Dazu kommt, dass sich die eigenen Amateure in der Regionalliga Mitte in Abstiegsgefahr befinden. Viel ausprobieren wird Sturm nicht können, wenn möglicherweise drei andere steirische Vereine eine Spielklasse weiter unten Spielpraxis bieten können und die zweite Mannschaft in diesem Worst-Case-Szenario nur in der Landesliga. Abgesehen davon ist es auch in das Lavanttal nicht weit. Gludovatz‘ Auge für die außergewöhnlichen Spieler, welches er dank seiner jahrelangen Erfahrung als Nachwuchstrainer hat, kann helfen, aus dem großen Angebot an Talenten die herauszupicken, die tatsächlich Bundesliga-tauglich sind.

Der SK Sturm Graz bereitet sich auf die kommenden Jahre vor und schafft die Strukturen, die vonnöten sind, soll der Platz vier hinter Red Bull Salzburg, Rapid und Austria Wien nicht verloren werden. Dass die Konkurrenz in Ried und neulich auch in der Südstadt in Form des FC Trenkwalder Admira nicht schläft, ist durch den Semmering- und den Bosrucktunnel durchgedrungen.

Georg Sander, abseits.at

Georg Sander

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