Grahovac zu Astana: Die Gründe, warum er bei Rapid nur Mitläufer blieb
Bundesliga 17.März.2017 Daniel Mandl 1
Etwas überraschend gab der SK Rapid seinen defensiven Mittelfeldspieler Srdjan Grahovac leihweise an den FK Astana ab. Der 24-Jährige wird bis Februar 2018 in Kasachstan kicken, der aufnehmende Verein hat zudem eine Kaufoption.
86 Pflichtspiele bestritt der Bosnier in den letzten 2 ½ Jahren für Rapid. Einen echten Durchbruch schaffte er dabei nicht. Dabei kam Grahovac mit großen Vorschusslorbeeren nach Hütteldorf, war bereits in jungen Jahren ein Metronom im Mittelfeld von Borac Banja Luka und im bosnischen U21-Nationalteam, dessen Kapitän er war.
Das Problem mit dem Querspielen
Die Gründe, dass Grahovac bei Rapid eher ein Mitläufer blieb, sind breitgefächert. In erster Linie war es Grahovac selbst, der die nötige Initiative vermissen ließ. Das „Querspielen“ wurde ihm zum Verhängnis, obwohl stets bekannt war, dass er seinem Team auch in der Tiefe helfen könnte. Allerdings traute er es sich zu selten, überbrückende Pässe zu spielen, um ins vorderste Spieldrittel zu kommen. Das machte ihn zwar einerseits zu einem Sicherheitshafen in der Mittelfeldzentrale, andererseits aber auch zu einer Spielbremse.
Zu wenig Mut nach vorne
Gerade unter Büskens und Canadi, als das dynamische Spiel wieder einen größeren Stellenwert zugeschanzt bekam, als es noch unter Barisic war, wurde dies zum Problem. Grahovac spielte zwar präzise und schnörkellos, aber auch ohne Raumgewinne zu erwirtschaften. Der Sechser hätte hier selbst Abhilfe schaffen können, war aber stets auf passtechnische Sicherheit bedacht, weshalb seine Vertikalpässe sehr rar gesät waren. Da die Gegner seine Rolle kannten, hätte ein Ausbrechen aus dieser zu einem Überraschungseffekt geführt – an den spielerischen Möglichkeiten mangelte es nicht.
Nur keine Fehler
Doch Grahovac blieb die biedere, brav agierende Anspielstation für tiefe Verlagerungen, traute sich zu selten aus dieser Rolle heraus. Er ist ein guter Stabilisator, vor allem gegen spielerisch starke Mannschaften, dazu auch ein guter Zweikämpfer. Gegen tief verteidigende Mannschaften fehlte aber der Esprit, oft auch der Mut zu möglichen Fehlern. Und dies entspricht mittlerweile nicht den grün-weißen Anforderungen.
Andere Rollen
Es hätte auch Möglichkeiten gegeben, Grahovac anders einzusetzen. Etwa als rechter Part der Dreierabwehrkette, was wiederum den Spielaufbau und den Übergang vom ersten ins zweite Drittel erleichtert hätte. Wenn die Passwege nicht dicht zugestellt sind, ist der 182cm große Nationalspieler ein äußerst sicherer Passspieler – auch nach vorne. Auch seine Physis hätte die Position in der Dreierkette zugelassen. Wie auch im defensiven Mittelfeld bekam auf dieser Position allerdings der laufstärkere, dafür technisch schwächere Stephan Auer den Vorzug.
Mögliche Rolle als offensiverer Balleroberer
Auch eine Position weiter vorne wäre Grahovac von Nutzen gewesen. Während er bei Rapid zumeist einen typischen Sechser abgab, wäre eine Variante mit dem Bosnier auf der Acht gegen schwächere Mannschaften zielführend gewesen. Nicht unbedingt wegen entscheidender Pässe oder möglicher Assists, sondern wegen den zweiten Bällen. Dies ist bei Rapid seit über einem Jahr ein heikles Thema, da man zu wenige dieser zweiten Bälle im letzten Drittel oder im Übergang von zweitem zu drittem Drittel gewinnt.
Vorteile in höheren Feldpositionen
Grahovac war diesbezüglich in den letzten Jahren einer der besten Rapidler, gewann derartige Bälle aber meist in tiefen Feldpositionen. Sobald der Ballbesitz auf ihn überging, entschied er sich dann oft für einen sicheren Pass bzw. einen Neuaufbau, sodass das Tempo aus dem Spiel genommen wurde. Hätte man ihm die Möglichkeit gegeben, derartige Bälle weiter vorne zu gewinnen, wenn der Gegner begann sich nach vorne zu orientieren und aufzumachen, hätten Grahovac‘ einfache Pässe womöglich einen größeren Effekt gehabt und unmittelbar zu gefährlichen Aktionen geführt.
Achter bei Astana?
Bei Astana dürfte ihm diese Rolle zukommen, weshalb hier eher mit Erfolg zu rechnen ist, als bei Rapid. Der Vorteil ist, dass hier mit Maevsky und Logvinenko zwei Sechser am Werk sind, deren Ausrichtung sehr defensiv ist. Grahovac könnte dadurch durchschnittlich mehrere Meter nach vorne rutschen und eher den Rückeroberungspart, weniger den Stabilisierungspart übernehmen. Bei Rapid durfte er dies schon positionsbedingt nicht, weil Schwab auf der Doppelsechs/Doppelacht aufgrund seines Offensivdrangs größere „Berechtigungen“ nach vorne hatte und auch die Zehn meistens fix an Kreative vergeben war.
Zu schwache Gesamtstatistiken
Unterm Strich scheiterte Grahovac aber auch an seinen effektiven Statistiken. Für Rapid gelangen ihm vier Bundesligatore, davon zwei aus Freistößen. Einen direkten Assist steuerte er allerdings nicht bei und bei insgesamt sieben Treffern war er in der Entstehungsgeschichte beteiligt („Assist-Assist“). Dies entspricht einer (aktiven bis hin zu sehr passiven) Torbeteiligung pro 5,3 Bundesligaspiele. Im selben Zeitraum kam etwa der einstige Canadi-„Schüler“ Philipp Netzer auf 18 Beteiligungen, was einem Schnitt von 4,1 entspricht. Noch dazu in einem Zeitraum, in dem Altach – um das Beispiel zu vervollständigen – 21 Bundesligatore weniger erzielte als Rapid. Canadi ist bekannt dafür, dass er von seinen Sechsern auch Effizienz fordert. Rapid hat dies nötiger denn je, weil diesbezüglich auch kein anderer Sechser einsprang und für Effektivität sorgte. Somit ist anzunehmen, dass Grahovac im Sommer von einem vertikaler ausgerichteten Sechser ersetzt werden wird.
Daniel Mandl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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