Große gruppentaktische Probleme bei Wacker Innsbruck führen zu Kantersieg der Wiener Austria
Bundesliga 25.November.2013 Rene Maric 0
Mit einem 5:0-Sieg können sich die Veilchen zumindest zwischenzeitlich auf den zweiten Platz katapultieren. Mit Roman Kienast als hängender Spitze, einem guten Pressing und dem Vorteil eines einfach herausgespielten Vorsprungs können die Austrianer einen klaren und souveränen Sieg verbuchen. Die Innsbrucker hingegen zeigten sich defensiv fahrig und offensiv harmlos.
Die Aufstellungen der beiden Mannschaften
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Wie üblich bei Kantersiegen widmen wir uns darum der Spielanalyse von einer anderen Seite. In diesem Artikel nutze ich die Tore des Gegners, um die Grundprobleme der unterlegenen Mannschaft zu schildern. Diese sah man in dieser Saison nämlich nicht zum ersten Mal bei Wacker Innsbruck, die deshalb schon mehrmals in solchen Situationen Punkte liegen lassen mussten. Beginnen wollen wir dabei mit einem Basisaspekt des modernen Fußballs.
Wackers Grundprobleme: Die Kompaktheit
Einmal mehr waren die Innsbrucker in ihren Bewegungen enorm unpassend formiert und die Mannschaft wirkte oftmals wie elf Einzelspieler anstatt wie ein kompaktes und kollektives Gebilde. Meistens agierten die Spieler in der horizontalen oder vertikalen Linie miteinander, so ließen sich die Abwehrspieler durchaus harmonisch miteinander zurückfallen, hatten aber eine kaum vorhandene Abstimmung mit den anderen Mannschaftsteilen.
Beim ersten Treffer zeigte sich diese mangelnde Kompaktheit. Nach einem verlorenen Zweikampf in der Mitte kommt die Austria zentral an den Ball. Es dauert etwas bis der Ballführende attackiert wird, er kann dann schon den langen Ball spielen. Solche langen Bälle und ihre Effektivität werden normalerweise durch drei große Mechanismen unterbunden:
– Attackieren des Ballführenden
– Spiel auf Abseits
– Hohe vertikale Kompaktheit, wodurch die Möglichkeit für den langen Ball schwieriger zu sehen ist und bei einem langen Ball der Torwart helfen kann, außerdem ist der Weg zum Tor länger, was den Vorteil beim Antritt des Gegenspielers ansatzweise relativiert
Zusätzlich hätte durch mehr horizontale Kompaktheit in der Mitte Hosiner besser bedrängt werden können, wobei dieser sich wie üblich sehr gut bewegte. Er pendelte schön nach außen, positionierte sich zwischen Außen- und Innenverteidiger, wodurch er sich eines Gegenspielers entledigt und auch einen schöneren Laufweg zum Tor hat. Steht er zentraler oder bewegt sich nicht, hätte er sich ebenfalls erst drehen müssen und sein Laufweg hätte eventuell von einem Gegenspieler geblockt werden können.
Das größte Problem war dennoch die mangelnde vertikale Kompaktheit bei Wacker. Sie bauen keinen Druck auf, sie stehen tief und Hosiner steht fast sofort nach seiner Ballannahme vor dem Tor und kann verwerten. Die mangelnden gruppentaktischen Fähigkeiten zeigten sich auch beim zweiten Grundproblem, welches zum 0:2 führte.
Wackers Grundprobleme: Die Staffelung
Hier sehen wir die Entstehung des zweiten Tors. Die mangelnde vertikale Kompaktheit ist auch hier zu sehen, die Offensivspieler stehen weit vorne und wirken nicht so, als würden sie im Sprint zurückeilen. Lokal sind sie allerdings enorm kompakt – und üben dennoch keinen Druck aus, wodurch diese vermeintliche Kompaktheit kontraproduktiv wird. Die Tiefen- und Breitenstaffelung ist hierbei enorm kritisch zu bewerten.
Ein einzelner Akteur hebt das Abseits auf, eine Viererkette ist nicht erkennbar. Auf dem rechten Flügel befindet sich bei Wacker niemand. Hier ist der Flügelstürmer der Austria alleine und ungedeckt. Er spielt später noch eine – wenn auch indirekte – Rolle. Die Austria attackiert nämlich nicht über ihn, sondern über die Kombination in der Enge.
Die Austria kombiniert sich durch den rechten Halbraum und spielt nach vorne. Jetzt kommt auch die schlechte Breitenstaffelung von Wacker zu tragen. Der rechte Verteidiger kann nicht gänzlich einrücken, er musste vorher auf die Seite schieben und steht dann irgendwo in einer ineffektiven Zwischenposition. Murg kann auf Hosiner weiterleiten, welcher mit einem Sprint durchbricht und dann den Ball in einer etwas chaotischen Situation auf Murg zurückspielen kann, der das Tor macht.
Trotz einer eigentlichen Unterzahlsituation konnte die Austria also wegen der chaotischen Defensive des Gegners zum Torerfolg kommen. Und mit diesem Treffer veränderte sich die gesamte Spieldynamik.
Die Austria profitiert von der Führung
Durch den Vorsprung von zwei Toren hatte die Austria ein schönes Polster und konnte sich auf eine konservativere und tiefere Ausrichtung konzentrieren. Die drei folgenden Tore erzielten sie allesamt nach Kontern, wobei ihnen auch hier die Gastgeber die nötigen Räume schenkten. Beim 0:3 war zum Beispiel in der Entstehungsszene die nun deutlich offensivere und riskante Offensivformation der Hausherren erkennbar.
Sechs Spieler stehen (weit) vor dem Ball, zwei andere Akteure ungefähr auf Ballhöhe. Nur zwei Akteure bleiben in der eigenen Hälfte und die Austria bespielt dies dann mit einem schnellen Konter. Das Problematischste war allerdings, dass die Mitte absolut unbesetzt war. In dieser Szene wirkt dies noch relativ unproblematisch, doch selbst die zwei nächsten Akteure können die Mitte nicht besetzen und ansonsten ist alles bis in die Spitze zentral enorm weit offen, obwohl das Zentrum die strategisch wichtigste Zone darstellt. Wir spulen ein paar Sekunden zur Endphase des Angriffs vor.
Es ist nämlich die Mitte, in welcher der torentscheidende Lauf geschieht, da diese unbesetzt ist. Die Räume sind enorm weit offen, das Umschaltspiel und somit auch die Kompaktheit sind bei Wacker abermals schwach. Bei diesem Tor war allerdings auch das erfolgreiche Dribbling bzw. der verlorene Zweikampf im rechten Halbraum entscheidend, da es ansonsten gar nicht zum Bespielen dieser schwachen Staffelung gekommen wäre.
Auch beim vierten Treffer war es dann ein weiterer Konter, bei dem die Austria eine schwache Formation ausspielte.
Auf dem linken Flügel der Austria kommt ein Spieler nach vorne, doch er wird von niemandem verfolgt oder abgedeckt. Wenig verwunderlich, dass er den Ball erhält und dann abschließen kann – nur eine von vielen Konsequenzen mangelnder taktischer Fähigkeiten.
Fazit
Die Austria zeigte eine gute Partie, doch ihnen wurde es mit ihrer Effizienz zu Beginn sowie der sehr schwachen Defensivtaktik der Gastgeber auch einfach gemacht. Die Tore 3 bis 5 erzielten sie dabei nach einfachen Kontern und ließen den Sieg wohl höher ausfallen, als sie es sich aus eigener Kraft verdient hätten.
Wacker muss sich nach dieser hohen und mehr als verdienten Heimniederlage hinterfragen. Waren diese gruppentaktischen Probleme ein Ausrutscher, lagen sie an taktikpsychologischen Missverständnissen zu Beginn und an großer Veränderung nach dem Rückstand oder gibt es strukturelle Probleme in der Spielweise und Trainingsmethodik?
Trotz des 4:0-Sieges gegen den SC Wiener Neustadt am vergangenen Spieltag kommen sie nämlich auf die extrem hohe Anzahl von 20 Gegentoren in den letzten sechs Spielen – bei einer Ausbeute von vier Punkten.
René Maric, www.abseits.at
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