Auch unter Peter Schöttel kann der SK Rapid sein erstes Frühjahrsspiel nicht gewinnen. Bei bitterer Kälte kam der Tabellenführer auswärts in Wiener Neustadt über... Grundsätzliche Fehler im Spielaufbau: Wieso Rapid in Wiener Neustadt über ein 0:0 nicht hinaus kam

Auch unter Peter Schöttel kann der SK Rapid sein erstes Frühjahrsspiel nicht gewinnen. Bei bitterer Kälte kam der Tabellenführer auswärts in Wiener Neustadt über ein 0:0 nicht hinaus. Trotz optischer Überlegenheit wurde Rapid aus dem Spiel heraus zu selten zwingend und verschafft dem FK Austria Wien vor dem 300. Wiener Derby eine angenehmere Ausgangslage.

Bereits im Vorjahr, ebenfalls am 12.Februar, stolperte Rapid zum Frühjahrsauftakt in Wiener Neustadt. Eine inferiore Leistung, die verdiente 0:2-Niederlage und das starr praktizierte 4-4-2 mit zwei hölzernen Spitzen und zwei defensiven Mittelfeldspielern, waren der Anfang vom Ende der Ära Pacult. In den letzten Spielen des Herbsts hatte Rapid noch eine gute Figur gemacht. Auch in den Jahren zuvor verlor Rapid sein erstes Spiel im neuen Jahr: 2:4 beim LASK, 1:2 bei Red Bull Salzburg. Der letzte Sieg zum Wiederbeginn der Meisterschaft datiert aus dem Jahr 2008, als Erwin Hoffer den SK Austria Kärnten auswärts mit zwei Toren K.O. schoss.

Schwaches Flügelspiel

Im gewohnten 4-2-3-1, aber mit unfreiwilligen personellen Veränderungen, machte Rapid auf dem schwer bespielbaren Rasen die bessere Figur. Körperlich zeigte sich Rapid bereit für einen harten Titelkampf, Ideen kreierte der Rekordmeister jedoch keine. Was verschiedene Gründe hatte: Steffen Hofmann war bemüht, konnte sich jedoch nicht entfalten. Dies erschwerte auch das Flügelspiel der Grün-Weißen: Nur selten erzeugte man Überzahlsituationen an den Flanken – Deni Alar, der statt des erkrankten Trimmel aufgeboten wurde, war ein Fremdkörper, Christopher Drazan versuchte es gegen den routinierten Wolfgang Klapf mit dem Kopf durch die Wand, baute dabei aber zu sehr auf seine Schnelligkeit und suchte praktisch nie den Überraschungsmoment. Der solideste Flügelspieler war eigentlich keiner: Guido Burgstaller, nominelle Solospitze, konnte sich zeitweise dank seiner Dynamik durchsetzen, fehlte dann jedoch in der „Zone der Wahrheit“.

Prokopic zu schüchtern

Rapid machte zudem schwere Fehler im Aufbauspiel und verkomplizierte die Situation gegen tief stehende Neustädter durch teils haarsträubende Individualfehler. So „glänzte“ etwa Harald Pichler hauptsächlich durch Fehlpässe, was wiederum seinen Vordermann Markus Heikkinen ansteckte. Boris Prokopic, der auf der Position des „Achters“ gebracht wurde, wo zuletzt der diesmal ebenfalls erkrankte Thomas Prager gesetzt war, blieb spielerisch einiges schuldig. Zwar bewegte er sich taktisch richtig, spulte seine Wege klug ab, seinem Spiel mangelte es jedoch völlig an Präsenz und Esprit. Schwer bespielbarer Boden, wenig Zeit nach der Ballannahme, niemand, der aus der defensiven Zentrale heraus das Spiel antreiben kann, wie es einst Dauerläufer Branko Boskovic machte – und schon ist die Mannschaft offensiv abmontiert!

Mannschaft erzeugte keinen kompakten Block

Doch auch gruppentaktisch machte Rapid Fehler: Die Mannschaftsteile standen teilweise zu weit auseinander. Wenn die Innenverteidiger Sonnleitner und Pichler das Spiel aufbauten, stand Markus Katzer auf der linken Seite etwa zehn Meter tiefer als der sehr offensive Michael Schimpelsberger auf der rechten Seite – der wiederum gut 25 Meter Abstand auf der Längsachse zu den Innenverteidigern hielt. Ab dem Zeitpunkt, an dem Außenverteidiger das Spiel sehr offensiv anlegen, muss man auch als Innenverteidiger mitziehen, andernfalls werden die Abstände zu groß, die Pass- und Laufwege zu weit. Sonnleitner und Pichler hatten in zahlreichen Situationen keine Möglichkeit Schimpelsberger anzuspielen – und auch Heikkinen und Prokopic machten in der Mitte keine Anstalten Verbindungsmänner zur Offensive zu mimen. Was übrig blieb waren somit eine Menge Querpässe und hohe Bälle in die Spitze, die jedoch selbst der eingewechselte Brecher Atdhe Nuhiu nur bedingt verarbeiten konnte.

So hätte Rapid mehr Chancen kreiert

Die Erfolglosigkeit Rapids am vergangenen Sonntag begann also schon im Spielaufbau. Wiener Neustadt stand tief und suchte sein Heil über Konter, etwa über den schnellen Pollhammer oder den eingewechselten Ciftci, der den besseren Eindruck als Konterstürmer machte, als Prskalo. Natürlich läuft man als Favorit, der das Spiel gestalten muss, in den einen oder anderen Konter – dieses Risiko hätte auch Rapid eingehen müssen. Allerdings wären mehr grün-weiße Großchancen zustande gekommen, wenn die Mannschaftsteile in Vorwärtsbewegung kompakter gestanden wären. Schimpelsberger zeigte mit seiner offensiven Grundausrichtung vor, wie es gehen könnte. Nur machten die drei anderen Verteidiger nicht mit und bauten das Spiel dauerhaft zu tief in der eigenen Abwehr auf. Die Abstände zwischen Rapids Innenverteidigern und den Offensivleuten waren zu groß, strukturiertes Kurzpassspiel somit unmöglich. Zudem war die tiefe Aufbauzone gegen eine laufstarke und taktisch gut eingestellte Neustädter Mannschaft ein Drahtseilakt. Ballverluste tief in der eigenen Hälfte führten nicht erst einmal zu einem Gegentor in Niederösterreich – mit einem konternden Gegner kommt man als verteidigende Mannschaft wesentlich besser zurecht, wenn man mannschaftlich geschlossen hoch steht und gegebenenfalls eine Abseitsfalle zuschnappen lassen kann.

Konzeptlos weil mutlos

Es war nicht das Konzept des Peter Schöttel, das Rapid an diesem Tag konzeptlos aussehen ließ. Viel mehr ergriffen entscheidende Akteure nie die Initiative, die das Spiel der Hütteldorfer benötigt hätte. Die Körpersprache und Gestik der Innenverteidiger zeigte, dass sie sich über das offensichtliche Problem in ihrem Stellungs- bzw. Aufbauspiel nicht bewusst waren. Die defensiven Mittelfeldspieler arbeiteten wie vorprogrammierte Maschinen, aber nie so flexibel, um die Spieler des SC Wiener Neustadt aus ihrem Defensivkonzept zu bringen. Boris Prokopic hatte es in der Hand die offensive Grundausrichtung Rapids spontan in ein 4-1-4-1 zu verwandeln (wovon auch die Flügelspieler profitiert hätten und Rapid die Möglichkeit gegeben hätte mit einem 4-1-2-3 in Vorwärtsbewegung massiven Druck aufzubauen) – doch der 23-Jährige wirkte eher so, als wollte er nur keinen Fehler machen. Ähnlich wie Deni Alar, der jeglichen Spielwitz vermissen ließ, sich zudem kaum auf die Suche nach einem 1-gegen-1-Duell begab.

Neustadt-Goalie als Matchwinner

Unterm Strich stehen somit hauptsächlich Chancen nach Standardsituationen, wobei Steffen Hofmann zweimal mit Freistößen knapp scheiterte. Einmal an der Stange, einmal an Jörg Siebenhandl, der einmal mehr als Neustädter Matchwinner in einem Spiel ohne Sieger zu bezeichnen ist. Peter Stögers Elf verdiente sich den Punkt aufgrund ihrer konsequenten Defensivarbeit und einer klaren taktischen Linie, die zwar nicht schön anzusehen war, aber gegen ein Team wie Rapid absolut als legitim zu bezeichnen ist. Rapid verspielte aufgrund gruppentaktischer Verfehlungen zwei wertvolle Punkte – und läuft im kommenden Wiener Derby Gefahr, auch die Tabellenführung zu verspielen.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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