Eine Verkettung von Umständen machte es möglich, dass Rapid als Galvao-Ersatz den kroatischen Innenverteidiger Mateo Barać verpflichten konnte. Wäre beim 23-Jährigen alles nach Plan... Wien statt Amsterdam: Das ist Rapids neuer Innenverteidiger Mateo Barać!

Eine Verkettung von Umständen machte es möglich, dass Rapid als Galvao-Ersatz den kroatischen Innenverteidiger Mateo Barać verpflichten konnte. Wäre beim 23-Jährigen alles nach Plan gelaufen, wäre er jetzt wohl Stammspieler bei Ajax Amsterdam und mit Kroatien bei der WM dabei.

Nicht nur einmal platzten große Zukunftshoffnungen des jungen Innenverteidigers. Barać kommt aus der dalmatischen Stadt Sinj, 35 Kilometer von Split entfernt, im Landesinneren. Im Alter von 17 Jahren wechselte er von seinem Jugendverein Junak Sinj zu Hajduk Split. In der U19 streifte er erstmals das Trikot seines Herzensklubs über. Der Sprung in die Kampfmannschaft von Hajduk wäre ein Highlight für den „spielenden Fan“ gewesen – aber dazu kam es nie.

Hajduk setzt auf ältere Spieler aus der Region

Hajduk setzte auf andere: Mario Maloca, Goran Milovic, Antonio Milic, Josip Elez – alle sind sie älter als Barać, alle stammen aus der Region und alle sind mittlerweile Stammspieler im Ausland. Für Barać und einige andere Talente war somit kein Platz. Nach nur 1 ½ Jahren bei Hajduk kehrte Barać zu seinem Stammverein Junak Sinj zurück, war fortan Abwehrchef in der Regionalliga. 2014 wäre es beinahe zu einem Wechsel in die zweite Schweizer Liga gekommen. Beim FC Wohlen bestritt Barać ein Probetraining – eine Verpflichtung scheiterte an der Arbeitserlaubnis.

Konsolidierung in der zweiten Liga

Es war der zweite Rückschlag in der Karriere des jungen Verteidigers, der sich fortan über Umwege einen Ruf als kompromissloser Verteidiger erarbeiten musste. Zunächst über die zweite Liga: Bei Hrvatski Dragovoljac wurde er erstmals mit härterem Training konfrontiert, 2015/16 wurde er mit Sibenik Vizemeister, scheiterte aber im Aufstiegsplayoff. Als bester Verteidiger dieser Zweitligasaison dauerte es nicht lange bis Angebote auf den Tisch flatterten. Das in den Medien kolportierte zweite Angebot von Hajduk gab es nicht, stattdessen ging Barać nach Osijek.

Starker Start in Osijek und Einberufung ins Team

Am anderen Ende Kroatiens, sieben Autostunden von seiner Heimat entfernt, kam seine Karriere so richtig in die Gänge. Barać überzeugte bereits im ersten Halbjahr bei Osijek auf Anhieb, war einer der besten Verteidiger der Liga und prompt wurde sein bis dahin kurzfristiger Vertrag bis 2020 verlängert. Und das nur drei Wochen, nachdem er sich über seine Leistungen in Osijek erstmalig ins Nationalteam spielte. Bei einem freundschaftlichen Turnier in China spielte er beim 1:1 gegen Chile mit anschließender Niederlage im Elferschießen durch. Kroatien spielte hier aber nur mit einer B-Mannschaft und einzig Josip Pivaric gehört zum regulären Stamm des Teams. Überbewerten darf man dieses Länderspieldebüt demnach nicht.

Die genialen Europacup-Auftritte

Aber Barać spielte eine saubere Saison fertig und qualifizierte sich mit Osijek für die Europa League, wo man in der allerersten Qualifikationsrunde gegen Santa Coloma aus Andorra starten musste. Im Anschluss wurde Osijek aber zur großen Sensation der Quali: Luzern wurde knapp besiegt, der niederländische Top-Klub PSV Eindhoven allerdings mit zwei 1:0-Siegen. Später schied man aufgrund der Auswärtstorregel gegen die Austria aus, wobei Barać nur beim 1:0-Sieg in Wien dabei war und einmal mehr eine Topleistung ablieferte. Speziell die Siege gegen PSV waren es aber, die internationale Beobachter auf den Plan riefen. Wer war dieser hünenhafte Abwehrspieler, der schlichtweg nichts an sich vorbeiließ?

Ajax mit Osijek und Barać einig – aber…

Diese Frage stellte sich vor allem Ajax Amsterdam und einigte sich schnell mit dem NK Osijek. Barać sollte der zweitteuerste Transfer Osijeks, knapp hinter Jurica Vranjes und vor dem damals 21-jährigen Domagoj Vida werden. Ajax war bereit 2,5 Millionen Euro für den Kroaten zu bezahlen und ihm einen Fünfjahresvertrag zu geben. Aber die Ärzte machten nicht mit.

Die Nouri-Tragödie macht einen Strich durch die Rechnung

Barać absolvierte Fitnesscheck und Gesundheitsuntersuchung in Amsterdam und einer von zwei Teamärzten schlug wegen einer leicht vergrößerten Aorta Alarm. Der zweite Arzt sah aufgrund von Barać‘ Körpermaßen keine Probleme, aber das Veto des skeptischen Arztes zählte. Fünf Wochen zuvor war Ajax-Talent Abdelhak Nouri in einem Freundschaftsspiel gegen Werder Bremen aufgrund eines Herzschadens zusammengebrochen und hatte dabei bleibende Hirnschäden erlitten. Aufgrund der daraus resultierenden Übervorsicht nahm Ajax Abstand von einem Transfer und schickte Barać wieder heim.

Diagnose bestätigte sich nicht

Aber auch er wurde vorsichtig: Der Neo-Rapidler suchte die beiden besten Cardiologen Kroatiens auf, die keine Probleme feststellen konnten und die geringfügige Aorten-Unregelmäßigkeit als Resultat seines Körperbaus und harten Trainings einstuften. Dennoch war die Tür bei Ajax zu und die Diagnose machte die Runde, was Barać den nächsten Karrieretiefschlag versetzte. Verwundert gab man sich in Osijek, als Barać aus Amsterdam zurückkehrte und arbeitete als wäre nie etwas gewesen. Der religiöse 23-Jährige berief sich auf höhere Mächte: „Das ist eben Schicksal, wenn Gott das so will, dann will er es so. Es ist nicht das erste Mal, dass ich so einen Tiefschlag erlebe, aber wenn das mein Schicksal sein soll, dann soll es so sein. Ich werde einfach weiterarbeiten.“

Weiter Leistungsträger in Osijek und „roter Abschied“ gegen Hajduk

Barać, der am 20.Juli seinen 24.Geburtstag feiern wird, ließ sich nicht beirren, spielte die Saison bei Osijek zu Ende und hielt einmal mehr den Defensivverbund bravourös zusammen. Unterm Strich bestritt Barać 62 Spiele in zwei Jahren für Osijek, erzielte dabei einen Treffer und zwei Assists. Seinen Abschied aus der kroatischen Liga „feierte“ er mit einer gelb-roten Karte gegen „seinen“ Verein Hajduk Split, nachdem es in der vorletzten Runde in der Nachspielzeit zu einer Rudelbildung gekommen war.

„Barać statt Galvao statt Wöber“

Nach einigen Checks und Recherchen verpflichtete nun der SK Rapid den kroatischen Innenverteidiger. Ajax Amsterdam orientierte sich nach dem verpatzten Medizincheck um und holte Maximilian Wöber aus Hütteldorf, besserte aus Zeitdruck sogar noch einmal das Angebot nach. So schließt sich der Kreis und Barać wird die linke Innenverteidigerposition von Lucas Galvao erben. Der 23-Jährige ist sicher ein anderer Typ als der Brasilianer, bringt aber dennoch einige Ähnlichkeiten mit.

Wie Galvao „Lucio’esk“

Zunächst sei Barać‘ Offensivdrang erwähnt: Der 192cm große Abwehrspieler wurde gerade in jüngeren Jahren auch immer wieder auf der Sechs aufgeboten und ist somit keiner, der gerne quer spielt. In Osijeks allgemeinem Aufbauspiel kam es ihm zugute, dass Trainer Zoran Zekic stark auf weite Bälle bzw. Diagonalbälle auf die Flügel setzte. Diese sind in Ballbesitz das Markenzeichen von Barać, während sein Kurzpassspiel zwar auch präzise ist, aber noch ein wenig mehr Schärfe vertragen könnte. Die vertikale Orientierung des Innenverteidigers, ist der Galvaos aber ähnlich und auch von Barać darf man sich „Lucio’eske“ Vorstöße bis ins Mittelfeld erwarten.

Der untypische Tackling-Fuß

Physisch gibt es kaum etwas auszusetzen, denn der lange Innenverteidiger war bereits in der kroatischen Liga einer der besten Zweikämpfer und Kopfballspieler. Letzteres eher defensiv, denn offensiv fehlte bei ihm bisher die Effizienz. Präsenz im gegnerischen Strafraum ist mit Barać dennoch gesichert. Einzig gegen Dinamo Zagreb konnte er vor 1 ½ Jahren ein schönes Kopfballtor erzielen. Besonders auffällig sind Barać‘ starke Tacklings, die allgemein untypisch anmuten. Wenn er auf ein Tackling geht, dann nimmt er zumeist großes Risiko und macht keine Gefangenen, allerdings versucht er den Ball im Rutschen zumeist mit der Ferse seines Standbeines zu spielen. Man könnte also sagen, dass der rechte Fuß der „Tackling-Fuß“ des Linksfußes ist, was man in einigen Aktionen in diesem Highlight-Video gut erkennen kann.

Schnell zu Fuß

Auch die läuferische Komponente passt. Barać wirkt nicht unbedingt wie ein Leichtathlet und ist durch seine Größe ein schlaksig wirkender Spieler. Dennoch ist er aufgrund seiner langen Schritte und seines guten Antritts auf den ersten Metern ein äußerst schneller Innenverteidiger, der im Lauf nur schwer zu stoppen ist. Auch in vollem Lauf ist er im Stande seine sehr präzisen Wechselpässe oder einfache Kurzpässe zu spielen.

Ausmerzen letzter Schwächen

Torgefährlichkeit und etwas mehr Präzision im Kopfballspiel sind die Punkte, an denen Barać noch arbeiten könnte. Zwar gewinnt der lange Innenverteidiger viele Duelle in der Luft, aber die sofortige Weiterverarbeitung, ebenso wie offensive Standardsituationen im Allgemeinen sind noch verbesserungswürdig. Wenn man allerdings bedenkt, wie schnell Barać‘ Aufstieg in den letzten Jahren vonstattenging und welche massiven Sprünge er machte, können auch die kleinen Minuspunkte nicht mehr lange bestehen bleiben. Mit Barać verpflichtete Rapid nämlich auch einen mental äußerst starken Spieler, der stets Unterstützung seiner Familie erfuhr und sehr hart für sich und seine Teams arbeitete.

Wien statt Amsterdam

Wenn alles nach Plan gelaufen wäre, hätte Mateo Barać schon seit einem Jahr ein Stammleiberl bei Ajax Amsterdam und stünde nun vermutlich im kroatischen WM-Kader. Aber im Fußballgeschäft kann man sich viele Dinge nicht aussuchen, wie auch die unglaubliche Geschichte rund um den Medizincheck in Amsterdam und die vorangegangene Nouri-Situation beweist. So kam es, dass Barać nun einen Dreijahresvertrag ohne Ausstiegsklausel beim SK Rapid unterschrieb und von Wien-Hütteldorf aus den nächsten Anlauf auf eine Top-Liga unternehmen darf.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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