Im 321. Wiener Derby überraschte der Trainer der Austria Thorsten Fink mit einer neuen Variante und einer auf den Gegner angepassten Systematik. Dabei traute... Holzhausers Rolle gegen Rapid: Ausnahme oder ein Modell für die Zukunft?

_Raphael Holzhauser - FK Austria WienIm 321. Wiener Derby überraschte der Trainer der Austria Thorsten Fink mit einer neuen Variante und einer auf den Gegner angepassten Systematik. Dabei traute manch Beobachter seinen Augen nicht, als man den üblich tiefen Spielgestalter Holzhauser weitaus höherstehend und somit weiter vorne als gewohnt erblickte. Was waren die Überlegungen dahinter?

Ausschlaggebend dafür dürfte die letzte Begegnung der beiden Mannschaften gewesen sein. Beim 1:1 Unentschieden im Happel-Stadion am 12.Februar überlegte sich Rapid damals etwas Besonderes, um die Kreise von Holzhauser zu stören und ihn aus gewissen Zonen herauszudrängen bzw. ihn vom Spielaufbau der Austria zu isolieren. Auf dem folgenden Bild sieht man dies ganz gut:

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Holzhauser ist hier auf der Suche nach Freiräumen und kippte deswegen vermehrt auf die Seite ab. Wie hier zu sehen verblieb jedoch gewöhnlich ein Spieler von Rapid meist in seiner lokalen Umgebung und behielt ihn somit im Auge, obwohl das Spielgerät auf der anderen Seite und somit ballfern zu finden war. Durch diese lose Mannorientierung tat sich Holzhauser schwer, in seinen gewohnten Rhythmus zu kommen und das Spiel der Austria in höhere Zonen zu verlagern, da er sich sobald er angespielt wurde meist nur auf kurze Pässe beschränken konnte aufgrund der Nähe seiner Gegenspieler. Noch in der Anfangsphase der Partie reagierte man auf dieses Problem und beorderte den Blondschopf  auch mal weiter nach vorne, wie man dies beim nächsten Bild zu sehen bekommt. Holzhauser sollte sich weiträumiger bewegen und sich auf die Suche nach freien Räumen begeben. Stattdessen übernahm vermehrt Serbest dessen Rolle und kippte nach hinten ab.

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Serbest kippt zwischen die beiden Innenverteidiger ab, während Holzhauser in der gegnerischen Hälfte zu finden ist.

Jedoch traten dadurch neue Probleme auf. Einerseits musste man in der Spieleröffnung auf den besten Aufbauspieler verzichten und hatte auch abgesehen davon Probleme bei der Raumaufteilung. Andererseits konnte man Holzhauser überhaupt nicht ins Spiel einbinden und dieser wirkte mit Fortdauer des Spieles immer frustrierter, da das Spiel an ihm weitestgehend vorbeilief. Die Stärken von Holzhauser liegen eindeutig in der Technik und im Passspiel bzw. wenn er das Spiel vor sich hat, da er gedanklich keine rasche Auffassungsgabe besitzt und gelegentlich etwas träge wirkt. Genauso ist er kein Spieler, der sich von gegnerischer Mannorientierung auf engem Raum oder mit dem Rücken zum Tor konstant lösen kann, wie es beispielsweise seinem Mitspieler Grünwald immer wieder gelingt, der seinen Körper gekonnt einzusetzen weiß.

Angepasste Rolle und bessere Einbindung im Spiel

Wie wir sehen konnten, gelang es Rapid im letzten Aufeinandertreffen den „Holzhauser-Code“ zu knacken und man stellte den besten Spieler der Austria einfach kalt. Aufgrund dessen machte sich das Trainerteam der Veilchen im Vorfeld des Spieles wohl einige Gedanken, wie man so einer ähnlichen Taktik zuvorkommen könnte. Die Lösung war – man tauschte einfach die Rollen der zentralen Mittefeldspieler und verändert die Grundordnung zu einem 4-1-4-1. So übernahm Serbest die Rolle des tiefstehenden und abkippenden Sechsers, während Grünwald ebenfalls etwas tiefer agierte und sich vor allem nicht so weiträumig wie gewohnt bewegte – ergo seine Position im Zentrum halten musste und kaum auf den Flügeln auswich. Stattdessen bekam Holzhauser eine freiere Rolle zugewiesen und so kam es durchaus vor, dass er sehr hoch stand und somit zum Teil für ihn ungewohnte Räume besetzte. Er fungierte allgemein mehr als Verbindungsspieler und sollte immer wieder seine Kollegen in der Offensive unterstützen und dort mit seiner technischen Klasse Situationen auflösen bzw. einleiten.  Er schaltete sich seltener ins Aufbauspiel ein, stand meistens ballfern, während seine zentralen Kollegen Serbest und Grünwald im Verbund dessen Aufgabe quasi übernehmen.

Das vermehrte Fehlen von Holzhauser in der ersten Linie des Aufbauspieles, wurde durch Serbest ganz gut kompensiert, auch wenn die Austria an diesem Tag bewusst darauf verzichtete und defensiver als üblich agierte. Serbest ist zwar nicht so dominant und weiträumig in seinem Passspiel wie sein Mitspieler, er hat jedoch ein ganz passables Raumgefühl und ein gut ausgeprägtes Blickverhalten, wodurch er auch brenzlige Situationen frühzeitig erkennen und auflösen kann. Auch technisch ist er sehr sauber und er verfügt über ein passables Passspiel, weshalb er durchaus in diese Rolle passt. Am meisten jedoch hatte diese Umstellung Auswirkungen auf das Spiel gegen den Ball. Im Gegenpressing ist Serbest wesentlich aktiver und griffiger als Holzhauser und auch in der Absicherung der Angriffe wirkt er etwas stabiler. Allgemein wirkte sich die Umstellung positiv auf das Spiel gegen den Ball bei der Austria aus. Dadurch konnte sich der nicht so laufstarke Holzhauser auch mal einige Schritte ersparen, da er sich auf seine Kollegen im Zentrum verlassen konnte.

Generell kann man konstatieren, dass man durch die leicht veränderte Anordnung dem Gegner weniger Räume anbot und wesentlich kompakter wirkte. Dies war in der Vergangenheit nicht immer der Fall, da die Abstände öfter nicht passten und man sich vom Gegner in der 4-2-3-1/4-4-2  Defensivordnung zu leicht auseinanderziehen ließ, was ein wesentlicher Aspekt für die hohe Anzahl der Gegentore ist. Anhand des nächsten Bildes sieht man ein klares 4-1-4-1 bei der Austria gegen den Ball mit relativ guten Abständen zueinander im Verbund.

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Entwicklungstendenzen im Vergleich der letzten Derbys

Holzhausers höhere Positionierung bei dem Spiel lässt sich auch ziemlich gut anhand von Heatmaps der letzten drei Wiener Derbys ablesen. Beim Duell in Runde 12 sehen wir noch dessen klassische Rolle, die man von ihm kennt und bereits gewohnt ist. Vordergründig bewegt er sich hier in der eigenen Hälfte und wird dort auch bevorzugt angespielt:

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Heatmap zum Spiel der Runde 12 gegen Rapid

In Runde 21, auf die wir bereits zu Beginn näher eingegangen sind, stellte sich die Sache bereits etwas anders dar. In diesem Spiel sehen wir die Flecken breiter verstreut, was als Ausdruck für die Suche nach freien Räumen und Anspielmöglichkeiten herangezogen werden kann. Es ist auch wesentlich mehr Aktivität in der gegnerischen Hälfte zu vernehmen, was wohl mit seiner Umstellung mit Fortdauer des Spieles zusammenhängt.

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Heatmap zum 1:1 im Derby in Runde 21

Und zum Abschluss die Heatmap vom letzten Derby in Runde 30. Hier sehen wir die Flecken weitaus verstreuter und am größten im linken (Halb)Raum des Feldes. Holzhausers Positionierung gestaltet sich hier wesentlich weitläufiger und nicht nur tief in der eigenen Spielfeldhälfte:

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Heatmap zum 2:0-Sieg in Runde 30

Ausblick: Die neue Rolle eher Ausnahme als die Regel

Letztlich lässt sich konstatieren, dass die Anpassungen von Trainer Fink für das Spiel gegen Rapid die richtige Wahl war und sich letztendlich auch im Ergebnis wiederspiegelte. Für die Zukunft ist es jedenfalls positiv, eine weitere Option in petto zu haben. Damit hat man zusätzlich eine gewisse Flexibilität, falls es dem Gegner mal ähnlich gelingen sollte wie zuvor Rapid, Holzhauser aus dem Spiel zu nehmen bzw. ihn vom Spielaufbau zu isolieren.

Allerdings muss auch angemerkt werden, dass die Spielanlage der Veilchen gegen Rapid nicht jener entspricht, welche in den meisten Fällen zum Einsatz kommen müssen wird, da die Gegner zumeist bewusst auf den Ball verzichten und der Austria das Spiel überlassen. Deshalb wird diese Variante wohl höchstens nur gegen stärkere oder mitspielende Gegner zum Einsatz kommen, wenn man das Augenmerk auf die defensive Stabilität legt und die eigene Kompaktheit gegen den Ball. Gegen tiefstehende Mannschaften ist Holzhauser außerdem als Aufbauspieler unersetzlich und zu wichtig, um auf dessen Qualitäten zu verzichten. Darüber hinaus wäre es mehr als fraglich, ob der Spielgestalter der Austria gegen einen dichten Abwehrverbund nicht aufgerieben werden würde, da er sich mit dem Rücken zum Tor auf engem Raum sichtlich deutlich unwohler fühlt, als wenn er das Spiel vor sich hat und lenken kann. Aus diesen Gründen, werden wir wohl auch in Zukunft wieder in erster Linie den tiefstehenden Holzhauser zu sehen bekommen.

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic

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