Läuft bei Deni Alar. In Hütteldorf ins Abseits gestellt ist er bei Sturm einer der neuen Erfolgsfaktoren im Spiel von Franco Foda. Alar selbst bleibt vor allem eins: ganz entspannt. Und dankbar. Für das Hier und Jetzt.
Slavonski Brod ist eine kleine, freundliche Stadt mit einem der größten Hauptplätze in ganz Kroatien. Die Stadt liegt an der Save und ist unter anderem für ihre vielen Freiluft-Feste während der heißen kroatischen Sommer bekannt. Und: Slavonski Brod ist ein guter Startort für Buben die später gern professionell Fußball spielen möchten. Mario Mandzukic stammt von hier, genauso wie Ivica Olic. Und Deni Alar. Letzterer stieß bisher noch nicht in die Sphären seiner „Nachbarn“ vor, trotzdem ist der Sohn des früheren Kickers Goran Alar am aufsteigenden Ast. Als Kleinkind kam er nach Österreich, ins obersteirische Zeltweg. Alar ist eines der Gesichter des „neuen“ SK Sturm der nach sechs Runden die heimische Bundesliga anführt. Zum ersten Mal seit 2011 stehen die Schwarzweißen wieder dort. Ungewohnt ist das, und für die Fans eine fast wieder neu zu erlernende Freude. Die letzten Jahre waren gezeichnet von Personalwechseln auf sportlichem und wirtschaftlichem Terrain, von Fanprotesten und internen Unstimmigkeiten. Die neue Saison wurde nicht als „Wende“ begangen, die angesprochenen Gesichter, allen voran Geschäftsführer Sport Günter Kreissl, des neuen SK Sturm könnten sie durchaus zu einer solchen machen. Mit Deni Alar, der mit fünf Treffern auch Sturms aktuell bester Stürmer ist. „Ich habe auch viel von den Zuspielen meiner Mitspieler profitiert. Denk nur an die tollen Vorlagen, die mir Uros Matic liefert – da hab ich dann nur mehr den Fuß hinhalten müssen“, sagt Alar während des Gesprächs in Sturms Trainingszentrum. Trotzdem: dort wo Alar „nur mehr den Fuß hinhalten“ musste, muss man als Stürmer auch erst stehen. Nicht immer war das bei Sturm in der letzten Jahren der Fall und mancher Fan sagt offen: „Der Alar ist einer der den Neuner verdient! Wie lang hat’s das nicht mehr gegeben!“
Nicht wertgeschätzt, jetzt gefeiert
Wie lang hat es das nicht mehr gegeben. Ein Satz den sich wohl auch Alar selbst dieser Tage vorsagen wird. Publikumsliebling, bestens integriert in die Mannschaft, fit (auch vom kürzlich überwundenen Zeckenbiss), Tore erzielend. „Ich geb‘ zu, die letzten Jahre waren nicht einfach. Dass es bei Rapid nicht mehr so gelaufen ist wie ich mir das vorgestellt hab, ist ja kein Geheimnis. Wenn du zu so einem Verein kommst willst du zeigen was du kannst. Das ist über lange Sicht nicht aufgegangen wie erhofft.“ Trotzdem, so Alar, hat er sich in Wien weiterentwickelt. Das Europa-League-Quali-Tor gegen PAOK Saloniki im Sommer vor vier Jahren bezeichnet er als eines der Highlights während seiner Zeit in Hütteldorf. Eines der seltenen in der Zeit von Sommer 2011 bis letzten Mai. 15 Tore sollte er in selbigem Spieljahr erzielen, ein Top-Wert eigentlich. Dann: immer wieder Verletzungen, einmal längere, einmal kürzere Ausfallphasen. Am härtesten war die letzte Saison unter Zoran Barisic. „Ich hab das Vertrauen nicht mehr gespürt“, sagt er heute. Dabei hätte er sich dieses vierdient: immerhin sorgte er, der in Kapfenberg zum Profi ausgebildet wurde und dort einst auch sein erstes Profi-Tor (gegen wen? Richtig! Sturm!) erzielte, in allen Spielen die er 15/16 über die vollen neunzig Minuten am Feld stand für einen Treffer! Und doch: nur die Joker-Rolle sollte Deni Alar bleiben. Er sagt: „Was ich kann hab ich immer gewusst.“
Gewusst wird man das auch in Wien haben. Die Fans garantiert. Wenn man sich die Kommentare in den online-Foren unterschiedlicher Fußball-Portale ansieht liest man manche Sätze immer wieder: „Gratulation nach Graz! Mit dem werdet’s a Freud haben“, oder „warum der bei uns ka Chance kriegt hat, hab i nie verstanden“. Liest man dieser Tage auf selben Plattformen die Statements der Sturmfans wird da vom „Goldgriff wie der Matic“ geschrieben, oder „super, dass der Kreissl den geholt hat – a echter Neuner!“ Die Sympathie die Alar entgegenschlägt war auch beim letzten Heimsieg gegen Altach zu hören, als die Nordkurve dem 26-Jährigen mit einem eigenen Fangesang feierte. In etablierten Fankurven ist es alles andere als Usus dass Neuzugängen nach nur wenigen Spielen schon einen eigener Chant gewidmet wird.
Einer der Deni Alar schon früher gern unter seinen Fittichen gehabt hätte ist Trainer Franco Foda. „Deni ist für unser Spiel unglaublich wichtig. Er geht sehr gut in die freien Räume“ lobt der Übungsleiter, der ergänzt dass Alar diese Spielsituationen auch stets genau als solche erkennt. Wie gesagt: ein echter Neuner. Und keine, wie man im modernen Fußballsprech gern philosophiert, „falsche Neun“. Obwohl Alar auch diese Rolle – als Unruheherd hinter den Spitzen – erfüllt.
Flexibler Stadt-Mensch
Fragt man Alar selbst nach seinem Gefühl zum Status quo antwortet der kurz und prägnant. „Es passt halt im Moment super.“ Erfolgsgeheimnis? „Würd ich keines nennen können. Da wo wir jetzt stehen, das ist nur das Resultat harter Arbeit. An jedem Tag. Das klingt fad, aber es taugt uns einfach zusammen zu spielen.“ Das „Zusammen“ unterstreicht Alar verbal doppelt und dreifach. „Was uns stark macht ist dass wir uns am Feld gegenseitig helfen! Im Fußball ist das wichtig. Wir haben das Glück dass wir uns schnell eingespielt haben und wissen was zu tun ist wenn’s nicht so passt.“ Auf gegenseitige Hilfe war man durchaus schon angewiesen diese Saison. Die Spiele in St. Pölten und daheim gegen Altach, als Führungen durch leichtfertiges Laissez-faire gefährdet bzw. durch plötzliche Unordnung drohten verspielt zu werden, veranschaulichten dies. Noch passt beileibe nicht alles in Sturms Spiel. Das weiß auch Alar. „Dann müssen wir ruhig bleiben.“ In den angesprochenen Partien war genau das Sturms Lösungsansatz: ruhig bleiben um kurz vor Schluss die Entscheidung herbeizuführen. Teamchef Marcel Koller ist der Lauf der Schwarzweißen nicht zuletzt deswegen aufgefallen. Im erweiterten Kader für das WM-Quali Spiel gegen Georgien steht Deni Alar auf Abruf. „Ich will Leistung sprechen lassen, das ist das Wichtigste. Was dann kommt seh‘ ich eh“, sagt er. Für die U21-Auswahl hat er zwischen 2009 und 2012 schon 16 Spiele absolviert, vier Mal getroffen.
Sich auf die Gegenwart konzentrieren, vielleicht ein bisschen auch den Moment genießen, macht Deni Alar sowieso. In Graz hat er mit seiner Lebensgefährtin und seiner zehn Monate alten Tochter Lea ein Bleibe im ruhigen Grazer Bezirk St. Peter bezogen. „In der Freizeit gehen wir gern einfach nur spazieren, in die Altstadt oder so. Graz taugt mir. In Wien hab ich mich aber auch wohl gefühlt – ich denk, was die Größe der Städte angeht bin ich flexibel“, sagt der Jungpapa der zu Saisonbeginn auch als Modell für die neuen Sturm-Dressen fungierte, obwohl er sich aus Mode gar nicht großartig viel macht. „Lässig solls sein, Lieblingsmarke hab ich keine. Nur in einer Tracht kriegst mich sicher nie zu sehen! Das war nie meins.“ Obersteirer hin oder her. Sowieso ist Alar eher der mediterane Typ, obwohl er die kroatische Staatsbürgerschaft schon vor sieben Jahren abgelegt hat. „Im Sommer fahren wir gern nach Makarska an die kroatische Küste. Zu Weihnachten besuchen wir die Verwandten in Slawonski Brod.“ Auch dort verfolgt man die Karriere des Sohnes der Stadt genau. Auch wenn „Nachbar“ Mandzukic bekannter ist und öfter für Schlagzeilen sorgt.
Am 10. September kommt es in Liebenau zum direkten Aufeinandertreffen mit seinem Ex-Klub Rapid. Sturm ist Tabellenführer, das Duell gilt als österreichischer „Classico“, die Fankurven sind die stärksten des Landes. Und mittendrin ein Spieler der jenes Vertrauen bei der einen Mannschaft nicht mehr spürte das ihn jetzt, bei der anderen, zu Höchstleistungen treibt. In Zeiten in denen der Fußball immer kitschigere Geschichten schreibt (frag nach bei Philipp Prosenik den man bei Rapid auch nicht mehr brauchte und der sich im WAC-Dress kürzlich gegen den Ex-Verein rächte) wäre es doch nur typisch wenn Alar für Sturm den Siegtreffer erzielen würde. In Wien XIV ist man gewarnt vor dem Mann der, wie Franco Foda sagt, „die Spielsituation sofort erkennt“, immer richtig steht. Wie man es erwartet – von einem echten Neuner.
Philipp Braunegger , abseits.at
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