Kaum taktische Fortschritte während des Spiels – Sturm und Austria teilen die Punkte
Bundesliga 8.Oktober.2012 Alexander Semeliker 0
Im ersten Sonntagsspiel der elften Runde der österreichischen Bundesliga trennten sich der SK Sturm Graz und Austria Wien 1:1. Vor über 13.000 Zuschauer in der Grazer UPC-Arena brachte Philipp Hosiner die Gäste Führung, ehe Florian Kainz per umstrittenen Foulelfmeter ausglich. Dadurch verpassten die Veilchen den Sprung an die Tabellenspitze, während Sturm den Anschluss an das Führungstrio verlor.
Das hohe Tempo der Anfangsphase – beide Tore fielen in der Anfangsviertelstunde – konnte das Spiel allerdings nicht halten, was in Verbindung mit den quasi ausgeblieben Umstellungen dazu führte, dass es eintönig dem Schlusspfiff entgegentrudelte. Austria dominierte den Ballbesitz, konnte daraus jedoch nicht Profit schlagen. Nachdem Rotpullers Kopfballtreffer kurz vor Schluss die Gültigkeit verwehrt wurde, blieben auch die zahlreichen Standardsituationen ohne Erfolg.
Debüt für Focher
Gleich vier Wechsel nahm Sturm-Trainer Peter Hyballa gegenüber der 2:3-Niederlage in Salzburg vor. Der damals gesperrte Vujadinovic kehrte anstelle von Dudic in die Startelf zurück, Tobias Kainz bekleidete die Sechserposition, sein Namensvetter Florian die linke Halbposition der Raute. Die überraschendste Umstellung sah man aber zwischen den Pfosten. Dort feierte Johannes Focher sein Debüt im Dress der Blackies – und er machte seine Sache sehr gut. In manchen Szenen wirkte er ob seiner Größe hölzern, unterm Strich ließ er sich aber nichts zuschulden kommen und war in den entscheidenden Aktionen zur Stelle. Die Offensivaufgaben waren im Grunde genommen auf die beiden Stürmer und Haris Bukva aufgeteilt. Der Mittelfeldspieler konnte aber nur selten die Verbindungen nach vorne herstellen und so hing alles von den Bewegungen der Angreifer ab. Sukuta-Pasu agierte sehr vertikal, um die fehlende Unterstützung von Bukva auszugleichen, während Okotie die Breite bearbeitete.
Mader ersetzt Vrsic
Auch Austria-Coach Peter Stöger nahm Änderungen im Vergleich zum letzten Spiel vor. Neben dem angeschlagenen Rechtsverteidiger Emir Dilaver, der von Fabian Koch vertreten wurde, fehlte auch Dare Vrsic in der ersten Elf. Der Slowene wurde im Sommer an den Verteilerkreis geholt um der Dreh- und Angelpunkt im Offensivspiel zu werden, kommt aber bisweilen nicht richtig in Fahrt. Seinen Part übernahm Florian Mader, dessen Hereinnahme von einigen Seiten mit kritischen Augen betrachtet wurde. Der 30-Jährige erwies sich aber gemeinsam mit seinem Nebenmann Tomas Simkovic als sehr wichtiger Akteur im Offensivspiel. Die beiden Achter deckten einen Großteil des Platzes ab und sorgten mit ihren Bewegungen für Unstimmigkeiten in der Defensive des Gegners.
Sturms Probleme in der Anfangsphase
Die interessanteste Phase dieses Spiel war – nicht nur aufgrund der beiden Tore – jene zu Beginn, in der die Austria das überlegene Team war, was wiederum auch auf die Kappe der Grazer geht. Zwar agierten die Gäste sehr ballsicher und waren im Zweikampf dominant – zwei Drittel wurden in den ersten 15 Minuten gewonnen –, der Grund, warum sie sich aber derartig entfalten konnten geht auf Sturms nicht kompaktes Spiel gegen den Ball zurück. Man ließ dem Gegner zu viel Platz zwischen den Linien, den vor allem die beiden Achter gut ausnutzten. Aufgrund des fehlenden Drucks konnten die Austrianer ihre Pässe seelenruhig vorbereiten und vertikal in die Spitze spielen. Beim 0:1 kam zudem hinzu, dass die Innenverteidigung den langen Pass falsch einschätzte. Zudem offenbarten Vujadinovic (50% Fehlpässe nach 25 Minuten) und Madl (67%) arge Defizite im Aufbauspiel, was das Bild des Einbahnstraßenfußballs abrundet.
Flexibles Aufbauspiel der Austria
Denn im Gegensatz zu ihren Konkurrenten bauten die Wiener ihre Angriffe strukturiert auf und boten dabei ein großes Repertoire an Möglichkeiten in der Spieleröffnung. Häufig bildete man eine Dreierkette, indem sich Holland aus dem defensiven Mittelfeld zurückfallen ließ, während sich die Außenverteidiger hoch und breit positionierten, um mit Steilpässen eingesetzt zu werden. In vielen Fällen strebte man aber auch eine Dreiecksbildung am Flügel an um mit kurzen Pässen Raum zu gewinnen. Die drei Säulen waren dabei der ballseitige Außenverteidiger, ein Achter und der jeweilige Flügelspieler. Ansonsten war das Spiel der beiden offensiven Außen grundverschieden. Gorgon rückte meist von der Seite diagonal nach hinten in den Halbraum, um dort als Anspielstation zu fungieren und gleichzeitig Platz für Koch zu schaffen, während Jun generell sehr zentral blieb, phasenweise sogar auf Stürmerhöhe.
Flexible FAK-Achter
Besonders hervorgehoben seien aber die Achter der Wiener Austria. Dadurch, dass sich die beiden sowohl in der Breite als auch vertikal viel bewegten, war es für die Sturm-Spieler ungemein schwer sie unter Kontrolle zu bekommen.Um die Wirkung von Simkovic und Mader einzuschränken kippte man zwar im Mittelfeld in eine Viererkette ab, indem Bukva neben Tobias Kainz rückte, die Läufe der beiden Gegenspieler waren aber so weit gestreut, dass sie den jeweiligen Zuständigkeitsbereich immer wieder verließen. Das Übergeben an einen Mitspieler klappte in den meisten Fällen nicht. Entschieden sie sich hingegen ihren Gegenspielern zu folgen, wurden sie aus der Position gezogen, was Räume öffnete, in die in erster Linie Jun hineinstieß. Auf dessen Seite ergab sich dadurch ein Loch, da Hölzl dem Tschechen folgte, in welches die Austria weiterkombinieren hätte können, dies jedoch kaum tat – einer der wenigen Kritikpunkte.
Sturm drängt nicht nach vorne
Aufseiten von Sturm ist in erster Linie das Spiel nach vorne zu kritisieren. Zum einen, wie bereits erwähnt, die Fehlpässe beim Herausspielen an sich, zum anderen die Philosophie, die die Hyballa-Elf dabei verfolgte. Zu Saisonbeginn wurden die Grazer ob ihrer namhaften Offensive von vielen Seiten gelobt, mittlerweile ist sie nicht mehr als ein laues Lüftchen. Bukva hat das Umschaltspiel sichtlich noch nicht verinnerlicht, Sukuta-Pasu wird bei seinen Versuchen sich fallen zu lassen, zusehends vom jeweiligen Innenverteidiger verfolgt und an der Ballkontrolle gehindert. Von den Spielern der Halbpositionen sah man nur sporadisch Vorstöße, Tobias Kainz ist, wie sein Trainer sagt, ein „klassischer Staubsauger“ und die Außenverteidiger nehmen erst spät Tempo auf. Ausnahmen – wie etwa die Kombination zwischen Kröpfl und Hölzl vor dem Tor oder der Weitschuss von Tobias Kainz in der zweiten Halbzeit – bestätigen die Regel.
Taktische Fortschritte? Fehlanzeige.
Die beschriebenen Beobachtungen stützen sich vor allem auf Szenen der ersten Halbzeit, da es danach aus taktischer Sicht zu keinen gravierenden Änderungen kam. Die Austria erkannte das Loch auf der linken Angriffsseite nicht bzw. nutzte dieses nicht aus, Sturm machte keine Anstalten mehr offensive Breite ins Spiel zu bringen. Die Sechser beider Mannschaften nützten ihre Freiheiten bei eigenem Ballbesitz nicht aus, um offensiver ins Spiel einzugreifen und sämtliche Spielerwechsel waren positionsbezogen bzw. trugen nicht dazu bei, dass das Spiel an Attraktivität gewann. Kienast musste während seiner kurzen Einsatzzeit beispielsweise auf dem Flügel ran, wobei er die Anforderungen an diese Position kaum erfüllt. Lediglich der Tausch Szabics für Okotie ist hervorzuheben, da der Ungar sein Spiel ähnlich vertikal anlegt wie Sukuta-Pasu und Hyballa so die Bindung an den Rest der Mannschaft intensivieren wollte. Dass der Sturm-Coach aber nur wenig später die Defensive stärkte zeigte, dass er mit dem Punkt zufrieden war.
Alexander Semeliker, abseits.at
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