Mitten in der Transferphase, die auf dem internationalen Parkett langsam an Fahrt aufnimmt, platzt in Österreich eine Bombe, die ausnahmsweise nichts in dieser Periode... Kommentar: Austria stellt das Gleichgewicht wieder her

Mitten in der Transferphase, die auf dem internationalen Parkett langsam an Fahrt aufnimmt, platzt in Österreich eine Bombe, die ausnahmsweise nichts in dieser Periode mit einer Neuverpflichtung auf dem Spielersektor zu tun hat. Was lange gemunkelt wurde, ist nun offiziell: Peter Stöger kehrt ab sofort zur Wiener Austria zurück und übernimmt den Posten des Vorstand-Sport. Zweifellos ist den Violetten damit ein großer Coup gelungen, denn Stöger hat in der näheren Vergangenheit eindrucksvoll bewiesen, über welche Fachkompetenzen er verfügt und sich nicht umsonst einen ausgezeichneten Ruf erworben. Doch neben der Personalie ist vor allem die Tatsache wichtig, dass bei der strukturellen Ebene endlich wieder ein Gleichgewicht hergestellt wurde.

 Strukturelles Gleichgewicht für die Entwicklung des Vereins wichtig

Eine halbe Ewigkeit ist es nun mittlerweile her, ist man geneigt zu sagen, dass die Austria noch über einen Vorstand-Sport verfügte. Die Klub-Legende Thomas Parits hat sich vor einem halben Jahrzehnt in die verdiente Pension verabschiedet und zum damaligen Zeitpunkt hätte man wohl nicht damit gerechnet, dass sein direkter Nachfolger mehrere Jahre auf sich warten lassen würde. Doch nun haben die Vereinsgremien der Austria scheinbar den Ernst der Lage erkannt, dass strukturelle Veränderungen notwendig sind, nachdem man speziell die letzten drei Jahre sportlich den Zielen hinterherlief. Dabei hatte man vor allem im sportlichen Bereich, speziell was die strategische Ausrichtung des Vereins betrifft, grobe Fehler begangen, die nicht unlängst in die „unglückliche“ Trainerbestellung von Ex-Trainer Thomas Letsch mündete.

Daher hatte man sich für nach der Trennung von Sportdirektor Franz Wohlfahrt für eine interne Lösung mit Ralf Muhr als technischen Direktor entschieden, der den Verein auf ein professionelleres Fundament stellen und auch die zum Teil verkrusteten Strukturen innerhalb des Klubs aufbrechen sollte. Ralf Muhr ließ auch letztlich Taten folgen, krempelte den sportlichen Bereich kräftig um, angefangen von der medizinischen Abteilung, dem Scouting-Schwerpunkt bis hin zum Spielersektor. Zwar legte man im sportlichen Bereich nur eine durchschnittliche Performance hin und rettete sich letztlich doch noch irgendwie in den Europacup, doch strukturell und vom Know-how-Standpunkt gesehen, stellte man den sportlichen Bereich auf modernere und zeitgemäße Beine und konnte da einige Verbesserungen erwirken.

Diese Errungenschaften sind dem Sportdirektor Ralf Muhr gewiss anzurechnen und auch zu würdigen, dennoch sind auch seine Möglichkeiten, weitere strukturelle Veränderungen vorzunehmen beschränkt, da er sich diese absegnen lassen müsste. Man kann natürlich öffentlich die Rolle vom Sportdirektor herausheben und seine Unabhängigkeit hervorheben, dennoch bleibt dieses kleine aber nicht unwichtige Detail, dass die wirtschaftliche Seite in Person von Vorstand Kraetschmer letztendlich ein gewichtigeres Wort hat, als jene der sportlichen Verantwortlichkeit und damit auf einer eigenen Ebene agiert. Dadurch beschlich nicht wenige Anhänger in der Vergangenheit das Gefühl, dass die wirtschaftlichen Ziele des Vereins stärker im Fokus liegen, als die sportliche Weiterentwicklung. Dieses gegebene Ungleichgewicht ist scheinbar auch dem Aufsichtsrat nicht verborgen geblieben, weshalb der Präsident und Aufsichtsratsvorsitzende der FK Austria Wien AG, Frank Hensel, sich zum Handeln gezwungen sah und seit Monaten an einer Lösung und einem Ziel bastelt, nämlich erneut einen Vorstand-Sport zu installieren.

Peter Stöger als hart zu knackende Nuss

Dieser Entschluss an sich gebührt schon Anerkennung und der kurzzeitige Präsident ließ auch seinen Ankündigungen Taten folgen, den Verein in der Entwicklung voranzubringen und ein aktiver Präsident sein zu wollen. So fiel sein Fokus letztlich auf einen Namen und Hensel hatte nur einen absoluten Wunschkandidaten, und dieser hieß von Anfang an Peter Stöger. Über mehrere Monate hinweg, führte Hensel Gespräche mit Stöger und versuchten ihn vom Projekt Austria Wien zu überzeugen. Dabei war dies gar keine so einfache Aufgabe, genießt Stöger doch nach wie vor einen exzellenten Ruf in der Fußballbranche und hatte genügend Möglichkeiten, wieder für einen Verein tätig zu sein und eine neue Aufgabe zu übernehmen. Doch Stöger ist allgemein nicht leicht zu begeistern und stellt auch gewisse Ansprüche und Bedingungen, von denen er auch nicht abzubringen ist.

Das bekam auch Präsident Hensel zu spüren, der zwar auf einen interessierten Stöger traf, der sich eine Rückkehr zur durchaus Austria vorstellen konnte, allerdings nur unter weitreichenden strukturellen Veränderungen und mit reichlichen Kompetenzen ausgestattet. In Wien-Favoriten geistert in etwa lange Zeit das Gerücht um, dass Stöger nach der Meistersaison eigentlich die Nachfolge von Thomas Parits antreten und damals schon nicht nur Vorstand-Sport werden wollte, sondern auch gedachte, weitreichende Veränderungen im Verein anzustoßen. Stattdessen ging es für Stöger wie wir wissen nach Deutschland, wo er sich seinen guten internationalen Ruf erarbeiten konnte.

Die Forderungen von damals veränderten sich allerdings nicht und monatelang sprachen Hensel und Stöger miteinander, unter welchen Bedingungen Stöger diesen vakanten Job übernehmen würde. Letztendlich kam vom Aufsichtsrat und dem Präsidenten Hensel das Ok, auf die Forderungen von Stöger einzugehen und alles Nötige in die Wege zu leiten, um diesen großen Coup tatsächlich landen zu können. Und dass diese Verpflichtung ein starkes Ausrufezeichen ist, darüber gibt es keine Zweifel. Peter Stöger ist für seine Fachkompetenz, seine strategische Herangehensweise und seine soziale Fähigkeiten in der Menschenführung bekannt und besetzt den Posten als Vorstand-Sport mit einem Niveau, was für österreichische Verhältnisse nicht oft zu sehe bekommt.

Dabei sind die Pläne von Stöger ambitioniert. Durch seine Erfahrungen in Deutschland, bringt der Meistermacher der Violetten viele Ideen und Einflüsse mit, die er nun in die Tat umsetzen kann. Stöger holt zudem noch externe Vertrauensleute ins Boot holen und will vor allem das Scouting auf neue Beine stellen und wesentlich effizienter gestalten. Darüber hinaus geht es natürlich um die Entwicklung einer einheitlichen und durchgängigen Spielphilosophie, die man von den Kleinsten in der Akademie, über die Young Violets, bis hin zu der Kampfmannschaft der Austria, konsequent implementieren möchte, um damit eine Schärfung des eigenen Profils vorzunehmen.

Wie viel holt Stöger aus begrenzten Mitteln heraus?

Aufgaben gibt es also genügend, die auf Peter Stöger warten werden. Über eine Personalie wird sich der neue Vorstand der Austria allerdings keine Gedanken machen müssen, nämlich um den Posten des Cheftrainers Christian Ilzer. So war die Bestellung von Ilzer mit Stöger im Vorhinein abgesprochen und dieser eingeweiht, und der Neo-Vorstand gab auch ausdrücklich sein Wohlwollen zu Protokoll und sprach sich ebenso für Ilzer als neuen Austria-Trainer aus. Das verwundert auch nicht, hat Ilzer doch ähnliche Vorstellungen vom Fußball wie Stöger und möchte der Tradition und den Erwartungen der Austria gerecht werden, die violette Spielkultur wieder aufleben zu lassen. Daher muss man sich nicht weit aus dem Fenster lehnen um zu behaupten, dass die Austria mit Ilzer und Stöger wohl ein „Traum-Duo“ am Steuer der sportlichen Abteilung hat, wo man in Sachen Fachkompetenz zu der Spitze der Liga zählt.

Doch bei aller Euphorie darf man nicht vergessen, dass die finanziellen Mittel in Wien-Favoriten begrenzt sind und der Rubel nicht ohne Einschränkungen rollt. Erst mit einem Einzug in die Europa League-Gruppenphase oder einem Einstieg eines neuen Hauptsponsors, könnte man noch die verbliebenen Wünsche von Trainer Ilzer erfüllen und den Kader nochmal qualitativ verstärken. Stöger wird also beweisen müssen, dass er aus für internationale Verhältnisse relativ wenig, das Maximum herausholen und mit seinen Mitteln haushalten kann. Doch das dürfte nicht die große Herausforderung sein, verfügt Stöger doch schon Erfahrungen als Sportdirektor, hat sich auch als Trainer immer äußerst aktiv an den Planungen des Vereins beteiligt und weiß die Lage und Situation des Vereins einzuschätzen und sich daran anzupassen.

Wichtiger wird es für Stöger sein, die Austria auf moderne Beine zu stellen, die Strukturen und das Drumherum um die Kampfmannschaft nach und nach zu optimieren und vor allem die Übergänge von der Akademie bis zur Kampfmannschaft zu verbessern. Auch wenn jetzt aus den aktuellen Jahrgängen wieder einige hochinteressante Talente nachstoßen, so hat man speziell in den letzten Jahren im Bereich des „Übergangs“ viel versäumt und intern gibt es immer wieder kritische Stimmen, dass man im mentalen Bereich die Jugendspieler zu wenig fordert und sich eine gewisse Zufriedenheit einstellt, sobald manch ein Talent in der Kampfmannschaft angelangt ist. So gesehen ist vor allem die mittel- und langfristige strategische Planung auf der sportlichen Ebene von entscheidender Bedeutung und man sollte nicht erwarten, dass alleine durch Stögers Präsenz, sich der Erfolg von selbst einstellen wird und die Austria von Sieg zu Sieg eilen wird.

Generell wird aber die Stahlkraft von Peter Stöger für die Außendarstellung des Vereins ein enormer Gewinn sein, denn kaum ein anderer versteht das Spiel mit den Medien so gut und weiß aufgrund seiner charmanten Art damit umzugehen. Aber auch in der Akquirierung von Sponsoren könnte die Persönlichkeit und die soziale Kompetenz von Stöger Goldes wert sein und die Austria dadurch auch finanziell auf noch festere Beine stellen.

Zusammengefasst kann man sagen, bekommt die Austria nahezu den idealen Sportvorstand, der seine Qualitäten auf höchstem Niveau bereits bewiesen hat, über viele Stärken verfügt und eine ausgereifte Persönlichkeit besitzt, die ihn zu der perfekten Besetzung für diesen Posten macht. Wie erfolgreich diese Amtszeit letztlich werden wird, bleibt natürlich abzuwarten, aber den Austria-Fans wäre es nicht unrecht, wenn Stöger dort ansetzen und auf die Art und Weise fortsetzen würde, wo er vor einigen Jahren aufgehört hatte.

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic

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