Nach dem 0:4 gegen die Admira ist der SK Rapid an einer bedeutenden Weggabelung angelangt. Nicht unbedingt primär wegen der inferioren Leistung, sondern aufgrund... Kommentar: Die Angst vor falschen Worten, oder wie man einen Rekordmeister immer lethargischer macht…

SK Rapid Wappen (Hochformat)_abseits.atNach dem 0:4 gegen die Admira ist der SK Rapid an einer bedeutenden Weggabelung angelangt. Nicht unbedingt primär wegen der inferioren Leistung, sondern aufgrund der Art und Weise wie damit öffentlich umgegangen wird.

Rapid erwischte am Samstag einen rabenschwarzen Tag. Mit dieser Feststellung hatte Zoran Barisic natürlich Recht. Auch die Sternstunde der jungen Admira-Mannschaft, die Rapid ohne einen einzigen Legionär an die Wand spielte, darf ruhig hoch bewertet werden. Ehre, wem Ehre gebührt, gar keine Frage. Das war eine richtig reife Leistung der „Grauen Maus aus der Südstadt“.

Richtig gut – oder doch nicht?

Doch die öffentliche Analyse glitt auch ins Wirre ab. Erst im vergangenen August – als es bei den Hütteldorfern richtig gut lief und die Form- bzw. Entwicklungskurve nach oben zeigte – konstatierte Zoran Barisic, dass die Mannschaft „gar nicht weiß, wie gut sie ist“. Minuten zuvor hatten die Grün-Weißen Ajax Amsterdam aus der Champions-League-Qualifikation geworfen. 37 Spiele (und 14 Niederlagen) später meint derselbe Barisic „wir sind nicht so gut, wie uns andere machen“. Übrigens kurz nachdem man noch darauf hingewiesen hat, dass am oberen Ende der Bundesliga alles sehr eng ist und man gegebenenfalls da sein möchte, wenn die anderen – vor allem die Salzburger – „ausschütten“.

Schau ma halt mal, was geht…

Völlig fehlerfrei präsentieren sich die Bullen keineswegs. Erst am Samstag musste die García-Elf gegen zehn Wolfsberger Federn lassen. Dass Fußball kein Wunschkonzert ist, sollte jedermann klar sein und nicht jeder Fehler der Konkurrenz kann ausgenützt werden. Aber auch in Zukunft wird es für Rapid schwer sein, bei etwaigem Versagen der Konkurrenz „da“ zu sein, wenn man eine derart laxe Einstellung nach außen an den Tag legt.

Phrasendrescherei, die niemand mehr hören will

Neun Runden vor Ende der Meisterschaft, bei einem Punkt Rückstand auf den Tabellenführer nur aufgrund eines miserablen Spiels öffentlich den Meistertitel zum Tabuthema zu erklären, ist ein Schlag ins Gesicht jedes Rapid-Fans. Nicht nur, weil die Fans der Hütteldorfer bereits seit acht Jahren auf einen Titel warten, sondern auch, weil diese oberflächliche, banale Art der Psychologie von jedem Kind durchschaut wird und in der Öffentlichkeit in etwa so beliebt ist, wie das kontrollsüchtig-zähe Ballgeschiebe, das unter Zoran Barisic zur wenig tugendhaften Spielphilosophie des „Kämpferklubs“ Rapid erhoben wurde.

Same old Rapid

Im sportlichen Bereich scheint niemand den Mut zu Fehlern zu haben und auch die Chefetage schweigt, zumal einige gute Ergebnisse immer wieder kurzfristig die Lethargie übertünchen, die diesen Verein in den letzten Jahren schleichend packte. Es ist immer derselbe Ablauf: Man spielt ein paar Male gut, lobt die gute Entwicklung. Dann spielt man wieder einmal grottenschlecht, ist plötzlich wieder nicht mehr soweit und entschuldigt sich dafür. „Solche Spiele darf’s nie wieder geben“ – gibt’s aber meistens schneller als es allen geneigten Beteiligten lieb ist, nämlich sobald die Halbwertszeit der nahezu immer folgenden, guten Reaktion verpufft ist.

Vorsicht und Tiefstapelei statt rapideskem „Jetzt erst recht!“

Nach dem 0:4 soll man sich von Titelträumen verabschieden? Nein, ganz im Gegenteil. Es zeichnete den SK Rapid immer aus, solche Rückschläge zum eigenen Vorteil zu nützen. Die richtige Reaktion wäre nicht der kollektive Katzenjammer, sondern ein richtig lautes „Jetzt erst recht“. Eine Reaktion, die sagt „wir sind sehr wohl so gut, wie uns viele machen (oder haben wollen)“. Im Leitbild des SK Rapid steht geschrieben: „Wir wollen gewinnen!“ Es ist alarmierend, dass ein Rückschlag, wie das 0:4 gegen die Admira, Tiefstapelei und nicht Ehrgeiz und Trotz auslöst. Das hätte es in den letzten beiden Meistermannschaften Rapids niemals gegeben – und auch da gab es Rückschläge, wie ein 1:5 zu Hause gegen Sturm 2007 oder fürchterlich mühsame Auswärtsspiele in der Südstadt und in Mattersburg 2004/05.

Heiligt der Zweck die Mittel?

Ein Lokalaugenschein in der Kurve oder der Längstribüne würde so manchem Verantwortlichen gut tun. Hinzu kommt nämlich auch, dass sich die allerwenigsten Fans mit der Spielweise des SK Rapid identifizieren können. Der durchschnittliche Rapid-Fan sieht sich das „Zoki Zaka“ getaufte Ballgeschiebe und das übergeduldige Warten auf Lücken einfach nicht gerne an, auch weil Rapid für etwas ganz anderes steht und seine breite Fanbase aufgrund des historisch gewachsenen, unverkennbaren Stils hat. Ja, auch wenn Rapid damit erfolgreich ist, wie es auch in der laufenden Saison immer wieder der Fall war, verfolgt man das megakontrollierte Ballbesitzspiel mit einem Stirnrunzeln.

Satt, lethargisch, schwerfällig, gleichgültig

Weiters kommt hinzu, dass das System vor taktischen Fehlern nur so strotzt. Dies kann am System an sich, am Trainerteam oder an den falschen Spielern bzw. taktischem Fehlverhalten von Spielern liegen. Meistens handelt es sich um eine Mischung aus allem. Nur wenn man als Rekordmeister in der so oft verschmähten österreichischen Bundesliga, in der gerade Rapid am lautesten gegen die provinziellen Mannschaften wettert, die keine Fans ins Stadion bringen, ein Drittel seiner Spiele, unter anderem gegen ebensolche Mannschaften verliert, dann sollte man dringend vor der eigenen Türe kehren. Diese Bilanz ist kein Resultat fehlender Qualität, sondern das Ergebnis des Sattheitsgefühls, das man Woche für Woche nach außen trägt und damit auch den eigenen Anhang schwerfällig, teilweise sogar gleichgültig macht. Gegen die Admira kamen 13.000 Zuschauer und damit weniger als zum letzten Heimspiel gegen Mattersburg, obwohl man in der Liga im Frühjahr weiterhin ungeschlagen war und vor der Runde punktegleich mit Salzburg an der Spitze der Liga lag!

Mentalitätsproblem reloaded

Vor einigen Wochen habe ich in einem Kommentar das Mentalitätsproblem und das mangelhaft nach außen getragene Selbstverständnis des SK Rapid angesprochen. Weniger die samstägliche Leistung, sondern viel mehr der unmittelbare Umgang damit, lassen diese Problematik heißer werden als an irgendeinem Zeitpunkt davor in dieser ohnehin turbulenten Saison.

Macht den Spielern und euch selbst noch mehr Druck! Sagt es einfach!

Will man denn wirklich erst von einem Titel sprechen, wenn man zwei Runden vor Schluss fünf Punkte vor dem Zweiten liegt? Wovor haben denn alle Angst? Dass man’s dann doch nicht schafft und sich so der Lächerlichkeit preisgibt oder irgendjemanden enttäuscht? Oder fürchtet man, dass die Mannschaft dem großen Druck nicht standhalten kann? Falls dem so ist, dann hätte keiner der so oft arrogant und hochnäsig auftretenden Rapid-Kicker Profi werden dürfen. Gerade wenn man bei einem Verein wie Rapid spielt, darf man seinen Spielern auch mental durchaus mehr bis alles abverlangen. Wenn einer der bereits erwähnten Provinzklubs nach drei Vierteln der Meisterschaft auf dem zweiten Platz steht, wird jeder verstehen, wenn keiner – also kein Trainer, kein Spieler, kein Manager, kein Präsident – irgendetwas von Titelträumen spricht. Aber doch bitte nicht bei Rapid!

Glorreiche Vergangenheit ausblenden – die Gegenwart zum Glänzen bringen!

Diese für die vielen enthusiastischen Anhänger und Sympathisanten unerträgliche Außendarstellung war schon in der Vergangenheit der Grund dafür, dass man allzu gerne in ebendieser lebt. Die Realität sieht aber anders aus und heißt drei (!) Meistertitel in 27 Jahren. Wenn die Gewinnermentalität früherer Zeiten nicht schleunigst zurückkehrt, dann wird sich daran auch mit der neuen Attraktion Allianz Stadion nichts ändern. Alle, die dies nicht so sehen, haben bei diesem emotionalen Verein nichts verloren, weil sie dem grundlegenden und über Generationen gewachsenen Anspruch Rapids schlichtweg nicht gerecht werden. Wer neun Spiele vor Schluss einen Punkt hinter dem Ersten steht und sich nach einer empfindlichen Klatsche öffentlich selbst bemitleidet, anstatt sich abzuputzen und kämpferisch einem absolut machbaren Ziel entgegensieht, hat nicht verstanden, welche Stunde geschlagen hat. Schlechte Spiele werden von Rapid-Anhängern eher verziehen, als dieser müde Umgang mit den offensichtlichen Problemen.

Kein anderer Rekordmeister will sich in einer derartigen Lage dermaßen unverletzlich halten!

Die sportlichen und darstellerischen Probleme Rapids lassen sich in einem 1260-Wörter-Kommentar nur zusammenfassen – die Details haben wir längst Länge mal Breite geliefert. Fachlich kann man glücklicherweise immer unterschiedlicher Meinung sein. Aber über die Reaktionen der letzten Tage und die sportliche Außendarstellung Rapids im Allgemeinen lässt sich erst dann streiten, wenn mir weltweit ein Rekordmeister gezeigt wird, der in derselben Lage, in der sich Rapid aktuell befindet, genauso lasch und furchtsam reagiert.

(DM)

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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