Die Wiener Austria läuft nun bereits seit mehreren Jahren den eigenen Erwartungen hinterher und findet einfach nicht in die richtige Spur hinein. Mehrere Trainer... Kommentar: Die Austria ist sportlich am Tiefpunkt angelangt

Die Wiener Austria läuft nun bereits seit mehreren Jahren den eigenen Erwartungen hinterher und findet einfach nicht in die richtige Spur hinein. Mehrere Trainer hat man mittlerweile verbraucht, viele Spieler kamen und gingen und immer wieder keimte kurz Hoffnung auf, um dann kurze Zeit später in die nächste Enttäuschung zu schlittern. Dazu kommen auch noch finanzielle Schwierigkeiten, die den Violetten bereits vor Corona ordentlich zugesetzt haben. Alles zweifellos keine einfachen Voraussetzungen und wahrlich eine herausfordernde Zeit. Doch aktuell muss man konstatieren, dass die Austria sportlich so schwach wie schon lange nicht mehr unterwegs ist und sie droht, in einen bedrohlichen Zustand zu geraten.

„Missmanagement“ trifft auf „Konservatismus“

Als Fußballanhänger hat man es in Zeiten einer Pandemie wahrlich nicht leicht. Der Stadionbesuch als elementarer Bestandteil der Fankultur ist in der bekannten Form seit mehreren Monaten de facto nicht möglich und selbst die eingeschränkten Kapazitäten ändern sich stetig, weshalb man nun wieder vermehrt Geisterspiele zu sehen bekommt. Das schadet natürlich der Bindung zwischen dem Fan und dem Verein und die Konsequenzen wird man auch bald zu spüren bekommen, wenn dieser Zustand noch länger andauern sollte. Zynisch könnte man allerdings konstatieren, dass man bei der Austria aktuell froh sein kann, dass die Fans nicht im Stadion sind, um die aktuelle Darbietung über sich ergehen lassen zu müssen. Wären die Fans nämlich im Stadion, würde die Stimmungslage gänzlich anders aussehen und die Kritik am Auftreten der Austria wäre wesentlich größer, als es aktuell der Fall ist. Doch wie konnte es soweit kommen?

Die violetten Anhänger gingen dabei wie so häufig in den letzten Jahren mit einer gewissen Hoffnung in die neue Saison, die nicht unberechtigt war. Mit Peter Stöger übernahm ein klangvoller Name das Zepter und sprang notgedrungen als Trainer ein, nachdem Christian Ilzer überraschend das Weite suchte. Mit Stöger als Amtsleiter erhoffte man sich, einen attraktiveren Fußball und, dass man endlich wieder den eigenen Ansprüchen gerecht wird. Stöger selbst meinte auch noch nach dem Saisonschluss in einer Aussage, dass man aus der Mannschaft individuell mehr herausholen könne, als dies in der vergangenen Spielzeit der Fall war. Die Ironie daran war letztlich, dass er dies nun selbst unter Beweis stellen musste, ob das auch tatsächlich der Fall ist.

Schlechte Kaderstruktur und mangelnde individuelle Qualität

Aufgrund der finanziellen Lage musste man Stammspieler wie Klein, Jeggo und Borkovic abgeben, die zum Teil nicht ersetzt wurden. Dafür kamen wiederum Spieler wie Suttner und Teigl, die aus der deutschen Bundesliga zu den Veilchen stießen, die als Verstärkungen angesehen wurden. Kadertechnisch hat sich also nichts Großartiges bei der Austria verändert. Doch warum kommen bei den Wienern dennoch solche Leistungen zustande? Zunächst muss man klar sagen, dass auch wenn bei dem Kader eine gewisse Kontinuität herrscht, dies in diesem Fall per se keine positive Eigenschaft ist. Der Kader der Austria ist nicht erst seit der letzten Saison unausgewogen und hat schon seit längerem mit einigen Problemen zu kämpfen. Vor allem das zentrale Mittelfeld wurde (erneut) völlig ignoriert, was heuer natürlich aufgrund der begrenzten finanziellen Mitteln so zu erwarten war. Da sich aber Stöger auch davor scheut, den jungen Talenten auf der Position eine Chance zu geben, bleibt diese Problematik weiterhin bestehen. Das sieht man gut an der Personalie Thomas Ebner, der trotz äußerst bescheidener Leistungen weiterhin regelmäßig in der Startelf steht.

Wenn dann auch noch mit Demaku die Alternative zu Ebner verletzungsbedingt fehlt, wird es auf der Position noch dünner, als es ohnehin schon ist. Dabei strahlt auch Kapitän Grünwald nicht mehr die Dominanz früherer Tage aus, wird aber auch von den Gegnern gezielter aus dem Spiel genommen, da auf seinen Schultern (zu) viel Verantwortung lastet. Doch auch im offensiven Bereich ist man mit Limitierungen konfrontiert, die vor allem im Bereich der fußballerischen Qualität gravierend sind. Die Austria verfügt schlicht über zu wenige Fußballer, die etwas mit dem Ball anfangen können. Geht man die Liste durch, gibt es mit Sarkaria wohl nur einen, dem man eine technische Qualität im oberen Bundesligadrittel attestieren würde. Nicht umsonst ist die Austria nur mit zwei Spielern in der „Expected Assists“-Wertung, also den zu erwartenden Torvorlagen vertreten, wovon mit Suttner einer ein Defensivspieler ist. Es kommt darüber hinaus auch schon mal vor, dass gewisse Offensivspieler in einem Spiel eine Passquote von 16 (!) Prozent aufweisen bzw. oftmals unter 50 Prozent liegen. Da auch die Stürmer fußballerische Defizite mitbringen, verstärkt dies nur die Problematik und heraus kommt eine Offensive, die spielerisch kaum Lösungen kreiert und in der nicht nur die Fehlerquote immens ist, sondern auch vieles auf Zufall aufgebaut ist.

Die Qualität innerhalb der Mannschaft ist also ein großes Problemfeld der Austria und der Tradition der Violetten auch nicht würdig. Sie ist aber der Ausdruck einer schlechten Kaderplanung und finanziellen Problemen und ob sich daran in nächster Zeit wirklich etwas ändern wird, bleibt fraglich. Man könnte theoretisch aus der Not eine Tugend machen und verstärkt auf die eigene Akademie setzen, aber darauf kommen wir noch später zurück.

Stögers strategischer Offenbarungseid

37%, 59%, 53%, 42%, 27%, 46%, 42% – das sind die bisherigen Ballbesitzwerte in den Spielen der Austria in dieser Saison. Im Durchschnitt bedeutet das einen Wert von nur 42 Prozent, womit man in dieser Statistik im Tabellenkeller liegt. Nur in den Heimspielen gegen Ried und Admira hatte man mehr Ballbesitz als der Gegner. Vom Leitbild der Violetten, einen ballbesitzorientierten Stil zu forcieren, ist man mittlerweile meilenweit entfernt und präsentiert sich stattdessen als eine Mannschaft, die mit dem Leder offenbar wenig zu tun haben möchte. Vor einigen Jahren wäre diese destruktive Vorgehensweise undenkbar gewesen und wenn man sich vorstellt, dass frühere Trainer diesen Stil zu praktizieren versucht hätten, wären diese wohl bald vom Hof gejagt worden. Unter Stöger hat man sich allerdings diesem Spielstil verschrieben und ihn sogar auf die Spitze getrieben – und zwar still und heimlich und ohne großen Aufschrei. Die Rede ist hier nämlich nicht nur von Spielen gegen Salzburg oder den LASK, wo es nicht anders zu erwarten wäre, sondern von Spielen gegen Teams wie Hartberg, WSG Tirol oder Altach. In jedem dieser Spiele hatte man zum Teil wesentlich weniger Ballbesitz als der Gegner und das gegen Teams, die nicht gut in Form sind und im Tabellenkeller festsitzen. Zugespitzt formuliert ist die Austria in der Hinsicht im absoluten Mittelmaß angekommen, wenn nicht sogar schlimmer.

Wenn dieser Stil zumindest erfolgreich wäre, dann könnte man zähneknirschend die aktuelle Situation opportunistisch hinnehmen und darauf hoffen, dass man sich mit den Erfolgen spielerisch weiterentwickeln würde. Doch Tatsache ist, dass man aus sieben Spielen nur acht Punkte geholt hat und das überwiegend gegen Mannschaften, gegen die man oftmals als Favorit in die Spiele gegangen ist. Blickt man auf die kommenden Spiele der Wiener, so folgen noch Duelle gegen St. Pölten, Sturm, Rapid und den WAC, also allesamt Mannschaften, die aktuell entweder in der oberen Tabellenhälfte stehen oder zumindest den Anspruch auf diese hegen. Und noch kurioser wird das Ganze, wenn für diese Vorgehensweise der Name Peter Stöger steht.

Hätte man im Vorfeld behauptet, Stöger würde so einen Stil bei einer Austria implementieren wollen, man hätte denjenigen wohl für verrückt erklärt. Jener Stöger, der die Veilchen mit dominantem und hochattraktivem Fußball 2013 zum Meistertitel führte? Unvorstellbar. Doch Tatsache ist, dass sich die Mannschaft seit der Amtsübernahme von Stöger als Trainer in diese Richtung entwickelt hat. Zumeist agiert man in den Spielen passiv und abwartend, zieht sich mit einem kompakten Block in die eigene Hälfte zurück und lässt den Gegner kommen, um dann auf Umschaltsituationen zu warten. Besonders schlimm anzusehen war dies in den vergangenen beiden Spielen, in denen man gegen stark verunsicherte Mannschaften antrat und überhaupt nicht versuchte, Kapital daraus zu schlagen und ihnen den eigenen Willen aufzuzwingen. Stattdessen wartete man ab und ließ den Gegner an Sicherheit gewinnen und somit ins Spiel finden.

Wenn man sich dem Ballbesitzspiel der Austria widmet, fällt das Resümee nicht wirklich besser aus. Angefangen vom Spielaufbau, weiter zur Struktur, bis hin zum Positionsspiel – alles fällt mehr als nur bescheiden aus. Der Spielaufbau der Violetten besteht darin, den Ball entweder hoch und seitlich nach vorne zu spielen oder darauf zu hoffen, dass die Außenverteidiger auf eigene Faust einen Weg nach vorne finden. Das hängt vordergründig damit zusammen, dass man im zentralen Mittelfeld einerseits über zu wenig spielerische Qualität verfügt, allerdings dennoch vom Positionsspiel und in der Struktur versucht, mit zwei tiefen „Sechsern“ nach vorne zu kommen. Das bedeutet letztlich, dass man die Ressourcen in dieser Hinsicht verschwendet, denn man hat zwei Spieler in dieser Region postiert, die gar nicht am Spiel teilnehmen sollen. Dementsprechend gelingt es den Gegnern seit mehreren Spielen, mit nur zwei Stürmern, oftmals gleich vier Austrianer im Spielaufbau zu binden (die jeweils beiden violetten Innenverteidiger und Sechser) und damit ein Vorwärtskommen durch das Zentrum zu unterbinden. In nummerischer Hinsicht bedeutet das klarerweise, dass man strategisch einen Nachteil erleidet und diesen kompensieren muss, da man in gewissen Regionen wiederum zumeist in (klarer) Unterzahl agiert. Daher wirkt es auch oftmals so, dass bei der Austria nur Tempo ins Spiel kommt, wenn Spieler besondere individuelle Lösungen finden oder gleich mehrere Gegenspieler auf einmal aussteigen lassen können. Disbalancen werden beim Gegner kaum kreiert, weshalb es nicht viel Aufwand durch den Gegner erfordert, die Violetten zu verteidigen.

Dreiecksbildungen finden am Platz kaum statt und bisweilen scheint es so, als gäbe es keinen klar strukturierten Plan, wie man gedenkt, nach vorne zu kommen. Es fehlt schlicht an den erkennbaren Mustern und Vorgehensweisen, wodurch man sehr oft auf Flanken setzt, die teilweise aus dem Halbfeld in den Strafraum geschlagen werden. Das ist nicht nur nicht sonderlich kreativ, sondern für die Gegner auch oftmals einfach zu verteidigen. Dadurch kommt es dem Zuseher auch so vor, als müsse der Gegner nicht viel Arbeit investieren, um die Austria vom eigenen Kasten fernzuhalten. Man könnte natürlich argumentieren, dass die Qualität der Mannschaft nicht mehr hergibt und Stöger sich anpassen muss. Doch dann stellt sich die Frage, warum sah es dann selbst beim erfolglosen Vorgänger Christian Ilzer wesentlich besser aus?

Keine Frage, die Austria hat auch unter Ilzer ihre Probleme gehabt und vor allem der katastrophale Start hing den Wienern lange Zeit nach. Allerdings hat man von der Struktur, den erkennbaren Mustern und den Matchplänen immer wieder neue Elemente und verschiedene Ansatzpunkte gesehen, die vielversprechend wirkten. Nicht immer wurden sie passend von den Spielern umgesetzt und das große Problem im letzten Drittel konnte selbst dadurch nicht kaschiert werden, da man in dieser Region von der individuellen Qualität der Spieler abhängig ist, aber in Sachen der Struktur, Spielaufbau und im Übergangsspiel hatte man zumindest eine gute Basis. Nicht umsonst konnte man ab der zweiten Saisonhälfte kaum besiegt werden und etablierte ein gewisses Niveau, von dem man aktuell weiter entfernt ist.

Unter Stöger ist von der (Vor-)Arbeit von Ilzer gar nichts mehr zu sehen. Man hat immer die gleichen Matchpläne gegen den Ball, bei der Spielöffnung versucht man kaum über verschiedene Formationen aufzubauen (abkippender Sechser, asymmetrische Außenverteidiger etc.) und es fehlt völlig das überraschende Element. Stattdessen agiert man höchst konservativ und bieder, traut sich kaum etwas Mutiges zu und scheut das Risiko in jeglicher Hinsicht, weshalb selbst die aufbaustarken Innenverteidiger kaum vertikale Pässe ins Zentrum wagen. Dadurch fährt man auch schon mal ein Unentschieden gegen ein schwaches Altach ein, obwoh man qualitativ nicht schlechter aufgestellt ist. Perspektivisch betrachtet und in puncto der Gesamtentwicklung ist das ein Armutszeugnis. Es beschleicht einen immer mehr das Gefühl, dass Stöger nicht wirklich mit Feuer und Flamme hinter seiner Aufgabe steht und auch nicht langfristig denkt, sondern kurzfristig nur auf Schadensminimierung aus ist, nämlich irgendwie in die Meisterrunde zu kommen und Punkte einzufahren.

Fragwürdige Personalentscheidungen sorgen für Fragezeichen

Und jene Experimente, die Stöger versuchte umzusetzen, gehen dazu noch selten auf. So probierte der Austria-Trainer Offensivspieler Sarkaria im zentralen Mittelfeld zu platzieren und quasi „umzuschulen“. Das verwundert nicht nur auf den ersten Blick, gehörte Sarkaria doch in der vergangenen Saison zu den besten Flügelspielern der Bundesliga und besticht allgemein durch seine Dribbelstärke und kreative Lösungen, weshalb er auch heuer die meisten Dribblings in der Bundesliga bestreitet. Im Zentrum aber fühlt sich Sarkaria offensichtlich nicht wohl und wusste da bislang auch kaum zu überzeugen. Sarkaria hat Probleme in der Vororientierung vor dem Ballerhalt und braucht die Seitenlinie als Orientierungspunkt, um seine Dribblings effektiv zu gestalten. Im Zentrum neigt er dann auch dazu, den Ball zu lange zu halten und ist deswegen anfällig für gegnerisches Pressing. Auf dem Flügel ist dies nicht weiter tragisch, doch im Zentrum kann so ein Ballverlust fatale Auswirkungen haben. Doch warum möchte Stöger Sarkaria unbedingt ins Zentrum drängen? Vermutlich um das spielerische Element hochzuheben, doch wie sinnvoll es ist dies zu forcieren, wenn der Spieler sich offensichtlich nicht in dieser Rolle wohlfühlt?

Mittlerweile ist Stöger auch wieder von diesem Versuch abgerückt und Sarkaria ist auf den Flügel zurückgekehrt. Das Problem im zentralen Mittelfeld bleibt allerdings weiterhin bestehen und ist mittlerweile zu einer Großbaustelle geworden. Keine Frage, die Situation im Zentrum ist schon seit Jahren ein Problemfall und man schafft es nicht, eine langfristige Lösung zu finden, doch so schlimm wie in dieser Saison ist es bisher wohl noch nie gewesen. Es an einzelnen Namen festzumachen, mag eventuell harsch klingen, doch einen gewichtigen Anteil an der Situation hat die Personalie Ebner zu verantworten. Der kampfkräftige Mittelfeldspieler ist in Sachen Einsatz- und Laufbereitschaft ein positives Beispiel, doch die negativen, spielerischen Aspekte überwiegen in den meisten Fällen dennoch. Spielerisch bringt Ebner nicht das nötige Rüstzeug mit, um ein Spiel aus der Tiefe aufzuziehen, geschweige denn der Mannschaft Sicherheit und einen Mehrwert im Ballbesitzspiel zu geben. Unter dem kleinsten Ansatz von Druck neigt Ebner zu Fehlpässen/Ballverlusten und es gibt kaum Situationen, in denen er es schafft, mit seinen Pässen gegnerische Linien zu überspielen. Er beschränkt sich meist auf Sicherheitspässe zurück oder in die Breite und versucht keinerlei Risken einzugehen.

Ebner weiß auch zumindest seine eigenen Fähigkeiten einzuschätzen und versucht keine schwierigeren Dinge, allerdings erfordert die Sechserposition bei der Austria ein Anforderungsprofil, welches jenem von Ebner diametral gegenübersteht. Aber auch defensiv sind seine Statistiken bei weitem nicht so gut, als würden sie in diesem Aspekt einen Einsatz rechtfertigen. Oftmals ist es auch eher so, dass Ebner gar nicht in die Zweikämpfe kommt, da sein Stellungsspiel zu schwach ist und er so unnötig häufig seinen Gegnern nachlaufen muss. Es ist nicht Ebners Schuld, dieser versucht im Rahmen seiner Möglichkeiten alles für die Mannschaft zu geben, doch warum Stöger so verbissen an Ebner festhält, ist mittlerweile nicht mehr argumentativ zu erklären. Bereits als Demaku noch fit war, der offensichtlich sowohl defensiv, als auch spielerisch, eine Klasse über Ebner steht, setzte Stöger lieber auf Ebner und Demaku musste auf der Bank Platz nehmen oder gar bei den Young Violets ran. Jetzt, da Demaku für das restliche Jahr ausfällt, sind die Optionen natürlich rarer geworden, aber es gibt sie nach wie vor. Aus der eigenen Jugend stoßen Talente wie Jukic, Hahn oder Radulovic nach, die ohne weiteres diese Position bekleiden könnten. Doch eine richtige Chance haben diese von Stöger bislang nicht bekommen und stattdessen hält der Trainer in seiner konservativen Haltung an der „routinierten“ Lösung mit Ebner fest, auch wenn dessen Leistungen der Mannschaft mehr schaden, als sie ihr helfen.

Wo bleibt die Einbindung der Jugend bei der Austria?

Das passt zum Ansatz von Stöger, der bislang den jungen Spielern aus der eigenen Akademie wenig Vertrauen entgegenbringt. Deswegen verwundern auch Aussagen des Coachs, der nach dem Altach-Spiel meinte, dass sich die Mannschaft im Umbruch befinde. Doch entspricht dies wirklich den Tatsachen? Das Durchschnittsalter im letzten Spiel betrug fast 27 Jahre (und das ohne Ü-30 Abwehrchef Madl), also an Routine dürfte es hier eher nicht mangeln. Der Großteil der Mannschaft hat auch schon viele Bundesliga-Spiele auf dem Buckel und verfügt über eine gewisse Erfahrung, weshalb man auch hier keinen Umbruch erkennen kann. Personell sind einzig Suttner und Teigl neu in der Startaufstellung dabei gewesen, die nicht im vergangenen Jahr in Wien-Favoriten waren. Von Umbruch oder gar „Jugend forscht“ ist auch hier wenig zu erkennen und die Talente der Austria hängen in der Warteschleife. Die teils größten Talente als Kaderspieler Nummer 18 aufzunehmen, zeugt nicht wirklich von einem Umbruch.

Warum ist das so? Natürlich könnte man argumentieren, dass die jetzige Situationen für die Talente keine einfache ist, um ins kalte Wasser geschmissen zu werden. Doch wann gibt es eine optimale Situation schon? Diese Haltung wäre generell ein Trugschluss, denn für junge Spieler gibt es nichts Wichtigeres, als Spielpraxis und Erfahrungen auf dem höchstmöglichen Niveau zu sammeln. Nur unter Wettkampfbedingungen können sie sich weiterentwickeln und je eher das geschieht, desto förderlicher ist dies zumeist. Erst dann wird man auch erkennen, ob diese Talente den tatsächlichen Sprung nach oben schaffen und sie das Zeug für die Austria haben. Deswegen sollte man lieber die positiven Effekte, als mögliche negative Auswirkungen hervorheben.

Was geschieht, wenn dies nicht passiert, sieht man gut an der Personalie Niels Hahn. Der 19-Jährige ist bereits seit fast zwei Jahren regelmäßig in der Kampfmannschaft dabei und wartet bis heute auf eine richtige Gelegenheit, sein Können zu zeigen. Und man merkt ihm auch an, dass dies an ihm nagt und beschäftigt, weshalb er auch in seiner Entwicklung nicht den nächsten Schritt gehen kann.

Noch ärgerlicher wird das Ganze, wenn man einen Spieler des Kalibers von U19-Teamspieler Stefan Radulovic in den eigenen Reihen hat, der absolut bereit für die Bundesliga wäre und viele (spielerische) Probleme im zentralen Mittelfeld beheben könnte. Radulovic gehört in seinem Jahrgang zu den besten Spielern des Landes und war auch im vergangenen Jahr als „Ankersechser“ bei den Young Violets einer der dominantesten Akteure in der zweiten Liga. Auch bei seinen Testspieleinsätzen in der Vorbereitung zeigte Radulovic seine Fähigkeiten in der Kampfmannschaft und fügte sich ohne Probleme ein. Es bleibt ein großes Rätsel, warum Stöger lieber auf einen schwächelnden routinierten Spieler wie Ebner setzt, statt einem aufstrebenden, unbekümmerten und hochtalentierten Spieler wie Radulovic die Chance zu geben. Die Violetten verfügen auch rundherum über genügend Routine, so dass der Einbau von jungen Talenten durchaus möglich ist. Man könnte auch das System auf ein 4-1-4-1 umstellen und ein zentrales Mittelfeld bestehend aus Kapitän Grünwald, Fitz/Jukic/Hahn und Radulovic bilden.

Da auch von der aufgebotenen Doppelspitze spielerisch wenig kommt, sollte man auch eher danach trachten, die spielerische Qualität im Mittelfeld zu erhöhen und so einen Ansatzpunkt zu finden, das eigene Spiel zu verbessern. So oder so, der Einbau der talentierten Spieler muss so schnell es geht erfolgen. Was hat die Austria zu verlieren? Behält man den aktuellen Kurs bei, wird man mit hoher Wahrscheinlichkeit die Meistergruppe erneut verpassen. Finanziell wird man in den nächsten Jahren auch zu keinen großen Sprüngen in der Lage sein, also sollte man danach trachten, einen wirklichen „Umbruch“ einzuleiten. Talentierte Akteure gibt es bei den Violetten als „Wertanlage“ zur Genüge, man muss nur auch den Mut aufbringen, ihnen auch das Vertrauen zu schenken und ihnen die Plattform zu geben, damit sie sich beweisen dürfen. Da ist Stöger gefordert den Worten auch Taten folgen zu lassen und den Weg der Jugend vorzuleben.

Fest steht allerdings: Viel schlimmer als aktuell kann das Auftreten der Austria kaum noch werden. In den nächsten Wochen ist bei dem bevorstehenden Spielplan auch nicht wirklich davon auszugehen, dass die Ergebnisse besser werden. Im schlimmsten Fall wird man sich weiter nach unten orientieren müssen. Daher braucht es rasche Verbesserungen bzw. Veränderungen und endlich mehr Mut und Kreativität von Stöger in seiner ganzen Herangehensweise, um Lösungen für diese schwierige Situation zu finden. Denn bislang passt sich Peter Stöger eher den Gegebenheiten an, als die Mannschaft zu verbessern und ihr weiterzuhelfen. Daher stellt sich auch die Frage nach der Nachhaltigkeit dieser Trainerlösung und mit wie viel Leidenschaft Stöger bei der Sache ist. Auch die aktuellen Co-Trainer haben bei weitem nicht das Format eines Manfred Schmid und tragen, wie man vernimmt, nicht wirklich viel Positives zur Entwicklung der Mannschaft bei. Und das alles sollte sicherlich nicht der Anspruch eines hochdekorierten Trainers und des letzten violetten Meistermachers sein, dessen Erbe und Ansehen mit solchen Auftritten langsam in Gefahr gerät. Es muss sich jedenfalls schleunigst viel ändern in Wien-Favoriten, sonst könnte die Saison sogar noch schwieriger, als die letzte Spielzeit werden. In diesem Fall würden die Pfiffe und Unmutsbekundungen der Fans vor den TV-Geräten nicht hörbar sein, doch das macht das Ganze nicht wirklich besser.

Dalibor Babic, abseits.at

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