Drei Spiele, vier Punkte. Tendenz fallend. Die Wiener Austria gerät nach einem gelungenen Auftakt in die Rückrunde ins Stocken. Gegen ambitionierte Kapfenberger ist man... Kommentar | Projekt Vastic gescheitert? – Eine Bestandsaufnahme

Drei Spiele, vier Punkte. Tendenz fallend. Die Wiener Austria gerät nach einem gelungenen Auftakt in die Rückrunde ins Stocken. Gegen ambitionierte Kapfenberger ist man in der ersten Hälfte spielerisch unterlegen. Die Gründe hierfür sind mannigfaltig, fest steht jedenfalls, dass es mit diesen Leistungen schwer bis unmöglich wird die formulierten Saisonziele zu erreichen. abseits.at versucht sich an einer Analyse der momentanen Situation

Ein Satz mit X, das war wohl nix

Nach dem Auftaktsieg gegen die SV Ried und dem Remis im Jubiläumsderby fällt die Tendenz gegen Kapfenberg weiter. Die Steirer gewannen erstmals seit 1955 (!) ein Bewerbsspiel in Wien. Die Falken überraschten die Veilchen einerseits mit hohem Pressing und andererseits mit einem teilweise kombinationssicheren Angriffsspiel. Die Gäste dominierten in den ersten 45 Minuten (nicht ohne für den Tabellenrang typische Fehler im Spielaufbau) und gingen folgerichtig in Führung. Durch den Platzverweis für Babangida knapp vor der Pause blieb Kapfenberg in der zweiten Hälfte nur noch das Rückzugsgefecht. Eine Aufgabe die Mannschaft von Neo-Coach van Heesen bravourös meisterte.

Die Austria hingegen agierte auch im dritten Bewerbsspiel unter Trainer Vastic offensiv erschreckend schwach und harmlos.

Neben der strukturell anmutenden Offensivkrise ließen gegen den Tabellenletzten auch vermeintliche  Leistungsträger aus. Die komplette Verteidigung glänzte hauptsächlich durch Fehlpässe im Spielaufbau. Georg Margreitter verschuldete zusätzlich den letztlich Spiel entscheidenden Elfmeter. Markus Suttner warf zwar all seine kämpferischen Tugenden in die Schlacht, war aber ansonsten einer der schlechtesten Akteure auf dem Platz.

Aus dem Mittelfeld kam wenig bis nichts Zündendes: Weder durch die Mitte noch über die Flanken waren durchdachte Aktionen zu bewundern, Tomas Jun als Schnittstelle zum Angriff kullerte auch mehr auf dem Boden herum, anstatt sich in das Offensivspiel einzubringen und Dario Tadic schließlich ließ jede Bundesligatauglichkeit vermissen.

Der Vollständigkeit halber muss auch das zu Unrecht aberkannte 1:1 angesprochen werden. Gerade in Spielen, wo es ohnehin nicht läuft, erschweren derartige Fehlentscheidungen die Etablierung eines flüssigen Angriffsspiels. Trotzdem: Das Gebotene war selbst einer launischen Diva wie der Austria nicht würdig. Die Fans konnten ihrer Fassungslosigkeit nur durch sarkastische Gesänge („So ein Tag, so wunderschön wie heute…“ etc.) Ausdruck verleihen.

Unterm Strich ging Kapfenberg als verdienter Sieger vom Platz.

Gründe für die Krise

Die Situation für Ivica Vastic und sein Trainerteam ist keine leichte. Die absoluten Leistungsträger Nacer Barazite und Zlatko Junuzovic haben den Verein verlassen und konnten nicht gleichwertig ersetzt werden.

Zudem fehlt es einigen  Spielern die unter Daxbacher nicht zum Zug kamen, und denen Vastic vertraut, an Spielpraxis.

Dass man das Hauptaugenmerk auf eine gesicherte Defensive legt ist legitim, dass man im Angriff aber auf das Prinzip Hoffnung baut, ist es für einen Verein wie die Austria nicht.

Die völlige Hilflosigkeit der Favoritner gegen Kapfenberg wurde durch einen Doppeltausch in der 63. Minute offensichtlich: Vastic löste das zentrale defensive Mittelfeld auf, als er die Doppelsechs Grünwald/Holland vom Feld nahm und mit Kienast und Liendl die verbliebenen Offensivkräfte aufs Feld schickte. Das Ergebnis war dementsprechend. Hauptsache viele Offensive auf dem Feld, von denen keiner so recht wusste, wo sein Platz sein soll. Tadic versuchte sich zeitweise als Flankenläufer und sogar Kapitän Manuel Ortlechner mischte im Strafraumgetümmel kräftig mit. Chancen basierten aber auch weiterhin auf Zufällen.

Ein weiterer Unruheherd ist auch die Personalpolitik des Trainers:

Gegen Kapfenberg agierte der völlig überforderte Tadic als Solospitze während Kienast auf der Bank und Roland Linz, immerhin erfolgreichster Saisontorschütze, gar nur auf der Tribüne platz nahm.

Fazit  

Vastic wurde im Winter befördert, um dem Negativlauf entgegen zu wirken, der den Weg der Veilchen im letzten Saisonviertel vor der Winterpause prägte. Er durfte sich seine Assistenten aussuchen und sprach auch bei den Transfers verständlicherweise ein Wörtchen mit.  Nach drei Runden lässt sich feststellen, dass ein Trainereffekt nicht bemerkbar ist. Die Austria tut sich auch weiterhin schwer einen defensiven Riegel zu knacken. Neu hingegen ist die spielerische Unterlegenheit gegen den Tabellenletzten, die die Fans der Austria  fassungslos zur Kenntnis nehmen mussten.

Eine Trainerdiskussion zum jetztigen Zeitpunkt macht für die Austria (noch?!)  keinen Sinn. Einerseits muss man Vastic nach seiner Beförderung eine faire Chance geben, die derzeitigen Fehler abzustellen, andererseits wird man sich keine zwei untätigen Cheftrainer leisten können und wollen.

Dennoch müssen sich die Vorstände Markus Kraetschmer und Thomas Parits der prekären Situation bewusst sein. Ein Verfehlen des Europacupstartplatzes (bei solchen Leistungen ist die Qualifikation für den EC alles andere als selbstverständlich) könnte letztlich allen Verantwortlichen den Posten kosten.

Patrick Redl, abseits.at

Patrick Redl

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