Zweimal St.Pölten – davon einmal im Cup-Viertelfinale – und einmal Ried. Alle drei Spiele auswärts. Kurz vor Ostern entscheidet sich beim SK Rapid wo... Kommentar: Rapid vor dem April der Wahrheit, oder welche zwei Herren werden den Reset-Knopf betätigen?

_Wappen Rapid Wien am Trainingsplatz

Zweimal St.Pölten – davon einmal im Cup-Viertelfinale – und einmal Ried. Alle drei Spiele auswärts. Kurz vor Ostern entscheidet sich beim SK Rapid wo die Reise hingeht. In Richtung Cup-Sieg (oder zumindest „Cup-Chance“) und versöhnliches Saisonende, oder aber tatsächlich geradewegs in den bisher „denkunmöglichen“ Abstiegskampf.

Abgesehen vom Buhlen um die so wichtigen Punkte, hat man in Hütteldorf aber auch Probleme in der Planungssicherheit. Ausgerechnet während der Saison, in der man die ganze Liga einreißen wollte, entwickelt sich eine der schwierigsten personellen Situationen der jüngeren Vereinsgeschichte.

Nur drei Verträge laufen aus: Keeper Tobias Knoflach darf wohl mit einer Verlängerung rechnen, bei Steffen Hofmann dürfte es eng werden, Tomis Vertrag wird nicht erneuert. Ein Jahr später, im Sommer 2018, würden neun Verträge auslaufen. Ein Umbruch ist aber schon heuer nötig und so wird das Anbringen nicht benötigter Spieler oder zumindest Wackelkandidaten zum schwierigen Unterfangen.

Bevor man aber überhaupt über Kaderpläne nachdenken kann, muss klar werden, in welche Richtung man sich entwickeln will. Damir Canadi schwört auf sein nicht funktionierendes System mit Dreierabwehrkette, hat aber längst nicht mehr in allen Bereichen des Klubs bequeme Rückendeckung. Die einen geben dem schroffen Coach die Schuld, die anderen den „zu weichen“ Spielern. Wiederum andere holen zum Rundumschlag aus und sehen überall Schuldige.

Unabhängig davon, wer die Hauptschuld an der Misere trägt: Bevor Rapid nicht weiß, ob man mit Trainer Canadi oder einem neuen starken Mann auf der Trainerbank in die nächste Saison geht, sind Aktivitäten auf dem Transfermarkt, das Absägen bestehender Spieler oder auch das öffentlich beliebte Namedropping nicht zielführend.

Canadis Kadervorstellungen sind sehr spezifisch und Fredy Bickel könnte schon alleine hierbei ins Schwitzen kommen. Nun schwebt aber auch noch eine kürzliche Systemumstellung über Hütteldorf. Die Sache mit den drei Innenverteidigern und der gleichzeitigen Anforderungen von extrem polyvalenten Außenverteidigern ist im Vergleich zum Standard-4-2-3-1 eine Glaubensfrage. Demnach wird viel davon abhängen, wie Rapid nächste Saison formativ auftritt und welche Tugenden verfolgt werden sollen.

Auch „Allgemeinkäufe“ sind momentan nicht ohne Bauchweh drin. Noch weiß man nicht sicher, wie teuer die diversen Missverständnisse 2016/17 Rapid tatsächlich kommen werden. Auch eine klare Einserbaustelle ist nicht auszumachen. Rapid braucht kraftvolle und spielstarke Sechser, dynamische Außenspieler für Defensive und Offensive, einen Knipser oder einen schnellen, zuarbeitenden Angreifer, Innenverteidiger, die den Spielaufbau merklich verbessern. Oder aber eine andere Staffelung, ein anderes System, eine genauere Philosophie. Womöglich liegt das Gute näher als man denkt, aber das Setting passt schlichtweg nicht.

Bereits jetzt weist Canadi eine Bilanz auf, die vor ihm kein anderer Rapid-Trainer überstanden hätte. Dies ist der komplizierten Situation des letzten Jahres geschuldet. Rapid musste zahlreiche sportliche Führungskräfte ausbezahlen, wechselte zweimal den Trainer und zuletzt auch noch das gesamte Trainerteam. Das geht ins Geld. Leisten könnte sich Rapid eine Canadi-Ablöse zwar durchaus, aber die nächste Lösung – womöglich wieder mit neuem Stab – muss sofort funktionieren. Das wiederum hörte man auch schon, als im vergangenen Herbst Mike Büskens und Andreas Müller abgelöst wurden. An einer möglichen Neubestellung des Trainerpostens hängt auch die gesamte Kaderplanung, die wiederum noch teurer sein wird.

Rapid könnte also einen Trainer, mit dem man bisher nicht zufrieden sein kann, auswechseln oder ihm das Vertrauen schenken und einen gemeinsamen Kaderumbruch wagen. Zumal der Coach mit der Zusammensetzung der aktuellen Mannschaft nicht glücklich ist, wie man es schon in seinen ersten Wochen zwischen den Zeilen heraushörte. Die Frage ist also, wer den Reset-Knopf drücken darf: Bickel hat so oder so einen Finger drauf. Offen ist, ob er den Knopf zusammen mit Canadi oder zusammen mit Krammer drückt.

So oder so wird’s wieder mal teuer. Egal, wie man sich entscheidet, spielt aber auch der Faktor (Planungs-)Zeit eine zentrale Rolle. Kauft Bickel jetzt potentielle Wunschspieler Canadis und der Trainer wird nach einem verpatzten April dennoch vor die Tür gesetzt, läuft Rapid Gefahr, denselben Fehler zu machen, wie er in Salzburg über Jahre auf höherem Niveau immer wieder passierte. Im entgegengesetzten Fall besteht die Gefahr, dass die Partnerschaft zwischen Canadi und Rapid auch weiterhin nicht funktioniert. In den nächsten zehn Tagen werden nicht nur die Ergebnisse, sondern sicher auch das Auftreten der Mannschaft und das Rundherum den Ausschlag geben, wohin Rapid im Jahr 2017 und darüber hinaus reisen wird.

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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