Kommentar: Und jetzt kommt’s mal alle wieder runter
BundesligaKommentar 26.April.2017 Daniel Mandl 5
Die letzten Tage und Wochen waren von Kindereien geprägt. Rapid ist einer schwierigen, aber dennoch lösbaren Situation ausgesetzt, viele Leute nutzen die Aktion, um den Grün-Weißen noch extra eine mitzugeben und am Ende regiert dann doch das Motto „aber mir is‘ ja eh wurscht“. Lächerlich zum Quadrat, kritische bis infame Auseinandersetzungen, die niemandem etwas bringen und die ohnehin heiße Situation nur noch mehr anheizen. Und Rapid steht nicht drüber.
Beleidigte, Geschasste, Überemotionale. Es waren Leute aus verschiedenen Lagern, die sich zuletzt den Mund zerrissen. Aber das sind auch Leute, die im Jahr 2017 im öffentlichen Rapid-Kosmos keine Rolle spielen sollten. Krankl being Krankl, daran wird sich halt nichts ändern. Müller ist heiß, weil ihm ein Projekt weggenommen wurde, das er wohl noch für vielversprechend hielt und legt öffentlich potentielle Seilschaften offen, ohne dass sich die Betroffenen in der Sendung verteidigen können.
Und wie reagiert Rapid? Unpassenderweise ähnlich. Und plötzlich haben die Beleidigten und Geschassten in einer für den Verein schwierigen Zeit eine hell beleuchtete Bühne, die sie eigentlich nicht haben dürften. Ein cooles Wort bei nächster Flashinterview-Gelegenheit wäre ausreichend gewesen. Rapid hat andere Probleme, als sich jetzt auch noch mit den Verflossenen zu streiten. Aber stattdessen antwortet der Verein in personam Krammer und Peschek ausführlichst, lässt Zeitungen und andere Medien ausrichten, was man von den Herren hält. Schön verpackt natürlich. Es erinnert ein wenig an einen Gemeindebau, in dem im Aufzug wutentbrannt ein Zetterl mit der Aufschrift „ihr Hund bellt zu laut“ angebracht wurde. Anstatt, dass man sich einfach mal ein bisschen zurücklehnt, drübersteht und wartet, bis das Gebell vorbei ist. Eine kleine öffentliche Gelegenheit würde doch ausreichen, um den eigenen Standpunkt klarzumachen. Mit Betonung auf „kleine“, denn die wäre sogar noch besser gewesen, als aus dem Ganzen einen Staatsakt zu machen.
Klar hat Rapid auch Recht. Nicht auf der ganzen Linie, aber doch in vielen Dingen. Präsident Michael Krammer versuchte vor dem Derby auf freundliche Art und Weise Jahrhundertrapidler Hans Krankl zu beschwichtigen. Man wolle sich mit ihm an einen Tisch setzen. Krankl lehnte ab, verwies darauf, dass sich in Rapids Führungsetage niemand mit Fußball auskenne und betonte, dass ihm einzig und allein das Wohl des Vereins wichtig ist. Aber offenbar nicht so wichtig, dass man sich für den Verein mit den Verantwortlichen (die nun mal die sind, die’s gerade sind) an einen Tisch setzt. Persönliche Ressentiments sind dann scheinbar doch „bigger than the club“. Mal abgesehen davon, dass man sich nicht über mögliche Intrigen echauffieren sollte, wenn man selbst böse drüber ist, dass nicht der eigene Freund zum Rapid-Präsidenten wurde. Aber wisst’s was? Es ist wurscht! Hans Krankl ist nicht die erste Legende, die zwischendurch beleidigt ist. Man kann auch einen verdienstvollen Ex-Spieler und –Trainer mal „anglahnt“ lassen, damit er ausspinnen kann. Er ist ein äußerst verdienstvoller Spieler, nicht mehr und selbstverständlich auch nicht weniger – aber das ist dennoch echt keine große Sache. Stattdessen spielte man Pingpong über diverse Medien und hielt die Suppe auf der Keißlergasse völlig unnötig am Köcheln.
Müller holt zum Rundumschlag aus, angesichts der Sendungskonstellation (kein aktueller Rapid-Vertreter dabei) auch auf ein wenig stillose Art und Weise. Rapid antwortet gleich mehrfach und über verschiedene Kanäle, bezichtigt Müller der Lüge. Neuerliche Antwort incoming, denn auch in Deutschland wird sich die Sache ein wenig herumsprechen und die Presse dann den einstigen Sportchef Rapids mal fragen, was da los ist. Und wieder wird Pingpong gespielt. Anstatt einfach mal drüberzustehen und Müllers Vorwürfe bei einer kleinen Gelegenheit zu einem unbedeutenden Nebenschauplatz zu machen. Die Sache mit dem möglichen Gesichtsverlust hängt wie ein Damoklesschwert über allen Angepatzten, aber die Frage muss doch sein, ob man seine Souveränität nicht eher damit unterstreichen würde, wenn man bei derartigem Gegenwind cool bleibt und sich aufs Wesentliche konzentriert, anstatt Kleinkriege am Leben zu erhalten, nur um immer das letzte Wort zu haben!?
Dass sich Weltfussball-Redakteur Christian Tragschitz währenddessen mehrmals auf unmögliche Art und Weise über den Zustand von Mannschaft und Vorstand ausließ, war eine Randnotiz. Der wiederum schrieb viel wildere Dinge, die vielleicht als Stadiondebatte nach dem fünften Parkplatzbier durchgehen, aber sicher nicht als seriöser Journalismus verkauft werden dürfen. Da reagierte Rapid nicht, was auch gut ist. Noch einen Nebenkriegsschauplatz braucht man derzeit nun wirklich nicht. Aber der Punkt ist, dass die Internet-Community, die sich die Ergüsse zu Gemüte führte, auch selbst recht schnell draufkam, dass es sich dabei um einen nicht ernstzunehmenden, überemotionalen Ausbruch handelte, dessen Art und Weise der Autor heute wahrscheinlich schon wieder bereut. Und genauso, nämlich gar nicht oder wenn doch, dann minimalst, hätte man auch mit Krankl und Müller umgehen müssen. Im Mittelpunkt sollte gerade in schweren Phasen der Verein stehen und nicht diejenigen, die nach Monaten und Jahren noch böse sind, dass man ihnen ein Spielzeug weggenommen hat.
Steffen Hofmann brachte es bei der gestrigen Match-PK auf den Punkt: „Es ist viel los. Es wäre wichtig für alle, wenn man zur Ruhe kommt. Was zählt ist Mittwoch um 20:30 Uhr. Nicht, dass man sich ins Licht stellt oder anderen den schwarzen Peter zuschiebt. Die Rapid-Familie hat ausgezeichnet, dass man in schwierigen Zeiten zusammenhält. Es gibt niemand, der größer ist als der Verein.“ – Genau so ist es. Und das sei nicht nur den Externen ins Merkheft geschrieben, sondern auch Rapid selbst!
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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