Der Punkteschnitt, den Red Bull Salzburg unter Roger Schmidt 2012/13 einfahren wird, gehört mit zum Besten, was es statistisch in der Red-Bull-Ära gab. Selbst der klubinterne Trefferrekord aus der Adriaanse-Saison wackelt (86 Treffer 2008/09, aktuell 77). Dennoch sind in Salzburg nicht alle zufrieden und zwar zu Recht.
Vergangenen Sonntag war Roger Schmidt zu Gast in Sport am Sonntag. Bei seinem hochsympathischen Auftritt betonte er neuerlich die seit einem Jahr leicht veränderte Zielsetzung seines Vereins. Seine primäre Aufgabe sei nicht Titel zu holen, sondern eine junge Mannschaft aufzubauen und weiterzuentwickeln. Titel würde er aber gerne mitnehmen, weshalb die diesjährige Meisterschaft und der Cup noch ein großes Ziel wären. Man sei außerdem im Plan und der Rückstand auf die Wiener Austria sei in erster Linie auf ihre herausragende Saison zurückzuführen. Eine Argumentationslinie, mit der auch Rapid-Trainer Peter Schöttel eine Zeit lang versuchte eine mäßige Saison von Rapid zu kaschieren. Wie wir nun wissen, mit mäßigem Erfolg.
Kontinuität bei Red Bull Salzburg
Die Ansprüche im Hause Red Bull sind offenbar gesunken. Im Mittelpunkt der ‘neuen’ Red-Bull-Ära steht auf der einen Seite Kontinuität, auf der anderen Seite die Entwicklungsarbeit an einer jungen Mannschaft. Rückschläge wie das peinliche Ausscheiden im Europacup gegen den Amateurverein aus Düdelingen oder die Cupblamage vergangenen Dienstag gegen den Regionalligisten FC Pasching, scheinen den ‘neu’ eingeschlagenen Weg offenbar nicht schwerwiegend zu erschüttern. Derartige Misserfolge hätten bei vielen anderen Vereinen bereits längst zum Rauswurf geführt, nicht so bei Red Bull. Doch bei genauerer Betrachtung ihrer Geschichte, erweist sich die Personalpolitik von Red Bull in keinster Weise als neu. Sowohl Kurt Jara – mit dem der Konzern im Nachhinein noch einige Probleme hatte – als auch Giovanni Trapattoni – trotz 0:7 Debakels gegen Rapid – und Co Adriaanse durften ihre Verträge erfüllen. Selbst Huub Stevens wurde wohl nicht die schwache Meisterschaftsphase, sondern interne Meinungsverschiedenheiten mit seinem damaligen Co-Trainer zum Verhängnis.
Punkteschnitt und Entwicklungsarbeit
Sowohl Punkteschnitt als auch Entwicklungsarbeit sprechen für den gelernten Werkzeugmacher. Zumindest, solange diese beiden Komponenten nicht genauer beleuchtet werden. Ob nämlich der hohe Punkteschnitt tatsächlich an der guten Arbeit von Schmidt festzumachen ist, oder ob man aufgrund eines überragenden Kaders, gemeinsam mit der Wiener Austria, den Einäugigen unter den Blinden und Sehschwachen mimt, lässt sich nur schwer beurteilen. Dass das Gesamtniveau der Liga vor gar nicht allzu langer Zeit deutlich höher war, lässt sich nur anhand der Attraktivität der Spiele und der diesjährigen enorm schwachen Ergebnisse im Europacup vermuten. Ein Indiz für die Stärke der Liga liefern möglicherweise Rapid und Sturm. Denn sowohl die Grün-Weißen als auch die Blackies liegen trotz einer mehr als durchwachsenen Saison mit internen Problemen und Trainerwechseln immer noch auf Kurs in Richtung Europacupstartplatz. Aber nicht nur der Punkteschnitt sondern auch die vielzitierte Entwicklung können bei Red Bull hinterfragt werden. Während man im Herbst meist noch souverän gewann, geriet man im Frühjahr gegen Außenseiter meist in Rückstand und konnte nur mit Mühe und Leidenschaft eine Niederlage verhindern. Leidenschaft, die man wohl eher den jeweils am Platz stehenden Spielern, als dem Trainer anrechnen muss. Im Herbst holte man vor der Verpflichtung von Kevin Kampl im Schnitt zwei Punkte, nach seiner Verpflichtung 2,08 Punkte und im Frühjahr 2,17 Punkte. Eine einzige Niederlage – etwa gegen Wacker Innsbruck, Mattersburg oder Admira – würde den Frühjahrsschnitt drastisch auf 1,92 senken. Womit die Vermutung nahe liegt, dass der aktuelle Punkteschnitt nicht allzu viel Aussagekraft besitzt.
Mögliche Gründe für den Verbleib von Roger Schmidt
Im Vergleich zu seinen Vorgängern scheint Schmidt ein eher besonnener Mensch zu sein, der nicht leicht aus der Fassung zu bringen ist. Interviews und andere Auftritte in den Medien wirken meist sympathisch und gut durchdacht. Wie Peter Schöttel und Peter Stöger gehört auch Schmidt zu jenen Trainern, die sich der Wichtigkeit einer guten Rhetorik durchaus bewusst sind. Eine Fähigkeit, die sich in sportlich schwächeren Phasen als “lebensrettend” erweisen kann.
Dominik Knapp – abseits.at
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Dominik Knapp
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