Krise von außen kann Grödig nichts anhaben: 1:0-Sieg über Meister Austria Wien
Bundesliga 2.Dezember.2013 Rene Maric 1
Wer hätte sich vor dieser Saison gedacht, dass der SV Grödig zu diesem Zeitpunkt als durchaus ebenbürtiger Gegner für die Wiener Austria gelten würde? Punktgleich lagen sie vor dem Spieltag in der Tabelle und der Sieger dieser Partie konnte sich am 17. Spieltag zumindest kurzzeitig auf Platz 2 hocharbeiten. Ob für Grödig der Heimvorteil gegen den Favoriten ausreichen würde, dem eventuell noch das anstrengende Spiel gegen Porto in den Knochen und Muskeln steckte?
Die Austria zieht sich zurück
Vermutlich war es auch eine Reaktion der Austria auf die Grödiger Stärke, das Spielen in einem fremden Stadion und eben die Erschöpfung nach einer solchen englischen Woche, weswegen die Austria etwas tiefer agierte und nur phasenweise in der gegnerischen Hälfte das Pressing begann. Mit dieser tieferen Ausrichtung wollten sie wohl die intensive Laufarbeit zumindest in der Anfangsphase etwas begrenzen, die Grödiger das Spiel machen lassen und gegen den Underdog mit schnellen Kontern zum Erfolg kommen.
Um dies praktizieren zu können, formierten sie sich im 4-2-3-1. Abermals wurde also das in der Saison sehr erfolgreiche 4-1-4-1/4-3-3 von Peter Stöger nicht genutzt, stattdessen kümmert sich Nenad Bjelica wohl eher um den weitergehenden Einbau von Roman Kienast und langfristig auch von Rubin Okotie, welche diese Rolle als hängender Stürmer gut spielen können. Dieses 4-2-3-1 wurde nämlich immer wieder zu einem 4-4-1-1, insbesondere in der offensiven Rollenverteilung.
Gleichzeitig behielten sie sich aber vor, dass Kienast sich weit zurückfallen ließ, die Mitte verdichtete und nach Balleroberungen als Anspielstation diente. In dieser Szene ist beispielsweise Hosiner alleine vorne.
In einer Situation befreite sich Kienast aber auch zum Beispiel sehenswert aus dem Gegenpressing der Grödiger, welches abermals sehr konstant und aggressiv gespielt wurde. Durch diese tiefe Position Kienasts wurde das 4-2-3-1/4-4-1-1 situativ auch zu einem 4-1-4-1, wenn Kienast tief stand und einer der Sechser, zumeist Dilaver, nach vorne rückte um den zweiten Sechser der Grödiger unter Druck zu setzen.
Diese ließen sich davon aber kaum beirren.
Grödig reagiert mit Aggressivität, Kampf und Intensität – auch taktisch
Das Pressing der Austria und das Provozieren größerer Spielanteile bei Grödig war allerdings kein Problem für die Salzburger. Problematisch wurde die defensive Ausrichtung des Favoriten nämlich erst in deren eigener Hälfte und meistens auch innerhalb deren Formation, wo das Pressing dann erst intensiv und aggressiv wurde. Grödig mied diese Räume oder verwickelte die Austria innerhalb von deren Formation in sehr kampfbetonte Zweikämpfe um die zweiten Bälle und in Gegenpressingsituationen.
Damit konnten sie die Gefahr eigener Ballverluste einschränken. Erobert die Austria den Ball, dann wurden sie sofort gepresst und konnten nicht schnell und einfach umschalten. Zwar konnten sie dank ihrer guten Staffelung mit Kienast und den beiden Sechsern sowie den schnellen Flügelstürmern oftmals das Gegenpressing der Grödiger gut ausspielen, aber konnten dennoch nicht direkt nach vorne kontern, wodurch sie die Konter nicht ordentlich ausspielen konnten.
Dies ist in gewisser Weise auch das Geheimnis der Grödiger in dieser Saison. Was gemeinhin als „Kampf, Aggressivität und Mut“ beschrieben wird, ist meistens schlicht die konsequente Umsetzung des Gegenpressings, welches in Deutschland schon sehr weit verbreitet ist und in dieser Saison auch in Österreich immer stärker praktiziert wird. Die Grödiger sind in gewisser Weise hier Vorreiter und profitieren davon auch in ihren Ergebnissen. Die Stellung als Underdog ist dieser Spielweise aber natürlich keinesfalls abträglich.
Die resultierende Spieldynamik als Ebenbild der taktischen Ausrichtungen
Im Verbund mit dieser tieferen Austria, die situativ ein höheres Pressing versuchte und die Mitte zustellte, entstand eine sehr interessante Wechselwirkung durch das Grödiger Gegenpressing. Auch die Salzburger hatten nominell eine 4-2-3-1-Formation und stellten die Mitte zu, wodurch das gesamte Zentrum beidseitig enorm kompakt und eng verriegelt war.
So musste die Austria beispielsweise mit verändertem Spielaufbau darauf reagieren, hatte deutlich öfter und mehr klare Flügelangriffe, als noch unter Stöger, und erzeugte daraus auch Gefahr. Die besten Chancen der Austria gegen die Grödiger kamen über schnelles, gut getimtes und oftmals relativ spätes Nachrücken der Außenverteidiger, allen voran durch Suttner.
Dieser hatte zwei sehr gefährliche Torschüsse schon in der Anfangsphase, einer davon hätte eigentlich sogar zum Tor führen müssen, doch Hosiners Abstauber wurde fälschlicherweise wegen vermeintlichem Abseits zurückgepfiffen. Hier bespielten die Austrianer das sehr ballorientierte und aggressive Verschieben der Grödiger, die dadurch oftmals ballfern Räume öffnen.
Beide Mannschaften mussten wegen dieser engen Mitte die Flügel fokussieren. Während bei der Austria Suttner sehr gefährlich war, hatten die Grödiger ein paar Chancen durch lange Bälle entlang der Seite auf ausweichende Akteure. Sie überluden die Zone und profitierten hierbei wiederum von einer Eigenheit der Austria.
Diese lassen nämlich die zentralen Spieler oftmals nicht wirklich auf die Seite nachschieben, sondern teilen die Kette auf. Die Außenverteidiger schieben auf den Flügel, während die Innenverteidiger zentral bleiben, wodurch diese leicht diagonalen Pässe auf die in die Halbräume ausweichenden Akteure sehr gefährlich werden können. Hier ein Beispiel dafür.
Mit den beiden sehr kompakten Mittelfeldreihen und dem Spiel über die Außen litt letztlich auch die Effizienz der Angriffe, wie wir schon bei der Analyse des Unentschiedens der Austria gegen Porto vergangene Woche angemerkt hatten. Es war schwer sich in gute Abschlusspositionen zu bringen und hochqualitative Chancen zu haben. Allerdings müssen beide Mannschaften trotzdem gelobt werden.
Fazit und Lob
Trotz des schweren Bodens, der kompakten Mitte und der hohen Intensität versuchten sie meistens diese schweren Situationen konstruktiv zu lösen. Blindes Gebolze, zu viele lange Bälle oder durchgehende Rückpässe kurz vor Risikosituationen gab es nicht. Die starken Grödiger konnten das Spiel aber letztlich dank der guten Leistungen von Leitgeb und Nutz sowie einem erfolgreichen Konter entscheiden. Bei diesem Konter konnten die Austrianer nicht ganz so schnell umschalten, Huspek setzte sich auf rechts durch und machte den Rückraum dadurch frei. Hier tauchte Nutz auf, der dann aus einer guten Position für den einzigen Treffer des Nachmittags sorgte.
Rene Maric, abseits.at
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