Rapid muss für das restliche Jahr 2020 auf seinen Kapitän Dejan Ljubicic verzichten. Der Sechser fällt mit einem Bänderriss im Sprunggelenk aus. Seine Aufgaben... Ljubicic verletzt: So kann Rapid den Ausfall des Kapitäns kompensieren!

Rapid muss für das restliche Jahr 2020 auf seinen Kapitän Dejan Ljubicic verzichten. Der Sechser fällt mit einem Bänderriss im Sprunggelenk aus. Seine Aufgaben werden in den verbleibenden Pflichtspielen auf mehrere Schultern verteilt werden.

Nachdem er im Frühjahr in der Innenverteidigung überzeugte, war Dejan Ljubicic zuletzt wieder als defensiver Mittelfeldspieler gesetzt. Der 23-Jährige spielte stark, gab der Mannschaft reichlich Physis und wird im restlichen Jahr schmerzlich abgehen. Einen klassischen Ersatz für den Eigenbauspieler gibt es allerdings nicht. Zu unterschiedlich sind die Aufgaben für die Wiener.

Neun Spiele mit unterschiedlichem Charakter

Neun Pflichtspiele stehen den Hütteldorfern vor Weihnachten noch bevor. Die Anforderungen sind hierbei vielfältig: Auswärtsspiele in Ried, Hartberg, der Südstadt und Dundalk und ein Heimspiel gegen die WSG Tirol gehen wohl als die berühmten „Pflichtaufgaben“ durch. Allerdings gibt es mit dem Heimderby, einem wahrscheinlich entscheidenden Heimspiel gegen Molde, sowie den Auswärtsspielen bei Arsenal und Salzburg im Cup auch noch einige Top-Spiele.

Grahovac klettert auf der Wichtigkeitsskala

Rapids Kaderdichte im Mittelfeldzentrum ist grundsätzlich groß genug, um Ljubicic’ Ausfall zu kompensieren. Qualitativ wird dies dennoch schwer, weshalb einige „angrenzende“ Mannschaftsteile stärker zusammenrücken müssen. Eine besondere Rolle kommt klarerweise auf Srdjan Grahovac zu, der nun wohl nicht nur gegen die großen Gegner ein wichtiger Zentrumsspieler sein wird. Der Bosnier wird in nächster Zeit wohl auch spielerisch gefragt sein, kann sich aber womöglich auf die tatkräftige Unterstützung von Christoph Knasmüllner in tieferen Zonen verlassen. Der häufig kritisierte Zehner spielte gegen Salzburg eher einen Achter, räumte gut ab, gewann viele Zweikämpfe. Aus der Etappe heraus zu agieren, ist bei Rapids aktuell möglichen Stürmerkonstellationen für Knasmüllner womöglich sogar angenehmer. Ein tiefer einrückender Knasmüllner kann auch Grahovac spielerisch massiv entlasten.

Ritzmaier als autarke Option

Nach seiner Grippeerkrankung wird Marcel Ritzmaier, der wohl der „autarkste“ aller zentralen Mittelfeldspieler ist, wieder zum Team stoßen. Der Ex-Barnsley-Legionär ist in jeder Konstellation denkbar, wobei er eher auf der Acht und damit auch leicht versetzt vor Grahovac beheimatet ist. Ritzmaiers großer Aktionsradius macht Rapid allerdings gegen den Ball ähnlich stark wie mit Ljubicic, wenngleich der Faktor Physis zwischen diesen beiden Spielern unterschiedlich ist.

Petrovic als passsichere Alternative

Das Zünglein an der Waage in dieser Spielidee ist wohl Dejan Petrovic, dessen Passsicherheit Grahovac ebenfalls entlasten könnte. Ob eine Variante mit Grahovac, Petrovic und Ritzmaier/Knasmüllner sich aber in der Spielanlage zu sehr ähnelt, bleibt abzuwarten. Auch die physische Komponente kommt in dieser Konstellation wohl zu kurz. Ein weiteres, wenn auch untergeordnetes Thema ist in dieser Aufstellung die mangelnde Schnelligkeit auf den ersten Metern.

Demir als Zehner nur gegen bestimmte Gegner

Gegen die kleinen Gegner könnte es zu einer Variante mit Grahovac und Ritzmaier oder sogar Knasmüllner in einer 6-8-Staffelung und Yusuf Demir auf der Zehn kommen. Das ist die „Hollywood“-Option, aber angesichts der unkonventionellen und schwer vorauszuahnenden Spielweise Demirs könnte selbst dies von Erfolg gekrönt sein. In etwa der Hälfte aller Spiele wird dies aber sicher nicht in Frage kommen. Demir dürfte allgemein in nächster Zeit in seiner Freigeist-Rolle eher als nominelle und antizipative Spitze in Frage kommen.

Schusters Talentprobe gibt zusätzliche Breite

Rapid hat zudem einmal mehr zwei Asse aus dem eigenen Nachwuchs im Ärmel. Der wiedergenesene Lion Schuster zeigte bereits gegen Salzburg, dass er einen umsichtigen und unaufgeregten Sechser spielen kann. In dieser Variante kann wiederum Grahovac weiter nach vorne schieben und auch Petrovic sollte in seinem schlüsselpass-lastigen Spiel defensiv entlastet werden. Schuster ist der Sechser, der am unspektakulärsten aussieht, seine Gegenspieler aber stärker macht. Durch Ljubicic’ Ausfall ist es nicht unwahrscheinlich, dass der 20-Jährige nun in den Genuss eines stabileren Matchrhythmus kommt.

Aufdreh-Experte Ibrahimoglu könnte Tempo reinbringen

Eine weitere Option stellt Melih Ibrahimoglu dar, der in der zweiten Mannschaft eine Art deep-laying Playmaker spielt, in seinem Naturell aber ein Achter ist. Er wäre eine Option vor Grahovac und auch gegen kleinere Gegner geeigneter. Ibrahimoglu ist für seine Tempodribblings durch die Linien gefürchtet und zudem ein Spezialist für schnelle und präzise Aufdrehbewegungen. Der 20-Jährige kommt zudem gut hinter den Ball und ist auch selbst torgefährlich. Hemmnis für ihn: Die Verpflichtung Ritzmaiers, auf den man aktuell – sofern gesund – kaum verzichten kann.

Die aktuelle Hierarchie

Fazit: Kühbauer wird auf seinen zentralen Mittelfeldpositionen im Zuge der neun nächsten Spiele immer wieder rotieren, aber die Basis werden Grahovac und Ritzmaier darstellen – systemunabhängig. Petrovic ist in dieser Konstellation einigen seiner Mitspieler etwas zu ähnlich und das Wiedererstarken Knasmüllners (noch dazu auf einer tieferen Position) macht es für den Slowenen auch nicht einfacher. Demirs Rolle wird sich bis zum Winter wohl nicht markant verändern, Startelfeinsätze gegen die kleineren Gegner sind aber möglich, wenn auch weniger nominell im Mittelfeld. Von den nachrückenden Eigenbauspielern hat Schuster die klar besseren Karten, weil er einer derer ist, die Ljubicic’ Physis kompensieren könnten. Für den spielerisch talentierteren und dynamischeren Ibrahimoglu heißt es wohl trotz der Ljubicic-Verletzung weiter „bitte warten“.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen