Ljubicic vor Transfer in die MLS – Wie schwer wiegt der Abgang für den SK Rapid?
Bundesliga 4.Februar.2020 Stefan Karger
Der SK Rapid wird das Frühjahr höchstwahrscheinlich ohne dem zentralen Mittelfeldspieler Dejan Ljubicic bestreiten, da dieser kurz vor der Vertragsunterschrift beim Chicago Fire FC steht. Laut KURIER-Informationen soll der MLS-Klub mehr als 2,5 Millionen Euro zahlen, wobei sich die Ablöse aufgrund von Bonuszahlungen sogar noch weiter erhöhen könnte. Finanziell zahlt sich der Wechsel für die Hütteldorfer richtig aus, doch wie schwer wiegt der Abgang in sportlicher Hinsicht?
Wir wollen in diesem Artikel die Leistungswerte von Dejan Ljubicic mit den weiteren Rapid-Spielern im zentralen defensiven Mittelfeld vergleichen. Didi Kühbauer hat mit Srdjan Grahovac, Dalibor Velimirovic und Lion Schuster drei Alternativen für den Platz neben Stefan Schwab. Lion Schuster klammern wir von diesem Vergleich aus, da der 19-Jährige in dieser Saison nur 74 Minuten für die Kampfmannschaft auf dem Platz stand. Velimirovic kam immerhin auf fünf Einsätze (inklusive Cup-Spiel gegen RB Salzburg), in denen er 353 Minuten absolvierte. Da dies ein recht kurzer Betrachtungszeitraum ist, muss man die Daten mit ein wenig Vorsicht interpretieren, zumal der 18-Jährige vorwiegend in heiklen Partien eingesetzt wurde, etwa in zwei Spielen gegen RB Salzburg und beim Auswärtsderby gegen die Wiener Austria. In Zukunft könnte auch Melih Ibrahimoglu eine größere Rolle in der Mittelfeldzentrale einnehmen, doch der talentierte 19-Jährige zog sich eine Rissquetschwunde am Knie zu und verpasste das wichtige Trainingslager in der Türkei.
Erster Überblick
Quelle: Wyscout S.p.a
Während die Anzahl der Tacklings kein besonders aussagekräftiger Indikator ist, sieht man auf den ersten Blick, dass Velimirovic die meisten defensiven Duelle pro 90 Minuten bestreitet (9,61). Dies liegt allerdings an den oben erwähnten starken Gegnern, gegen die der junge Mittelfeldspieler auflaufen musste. Dejan Ljubicic gewinnt mit rund 57% die meisten Zweikämpfe, wobei es hier erstaunlich ist, dass Srdjan Grahovac so stark abfällt und mit rund 42 Prozent einen Wert aufweist, der auf dieser Position suboptimal ist. Überraschend ist zudem auch, dass Ljubicic mehr defensive Duelle pro 90 Minuten als der Bosnier bestritt. Grahovac´ Stärken sollten normaler Weise im Zweikampfverhalten liegen, während Ljubicic der weit bessere Techniker ist. Grahovac liegt immerhin bei den Interceptions vorne, fängt also die meisten gegnerischen Pässe ab. Dafür verliert er allerdings auch die meisten Bälle in der eigenen Hälfte und ist für die meisten Fouls verantwortlich.
Ljubicic in Pass-Statistiken weit vorne
Quelle: Wyscout S.p.a
Hier sehen wir am besten, weshalb ein Ljubicic-Abgang nicht einfach zu kompensieren sein wird. Ljubicic tätigt etwas mehr Pässe als Grahovac und hat mit knapp 86% die klar bessere Passquote. Hier sieht man auch extrem deutlich, wie stark es sich auswirkt, dass Velimirovic bei seinen wenigen Einsätzen zweimal gegen Salzburg spielen musste. Die Mannschaft von Jesse Marsch hatte weit mehr Ballbesitz, sodass Velimirovic mit aufgerundeten 20 Pässen pro Partie bei eigenem Ballbesitz kaum eine tragende Rolle spielte, obwohl er insgesamt seine Aufgaben gut meisterte. Velimirovic spielte auch nur 7,39 Pässe pro 90 Minuten nach vorne, während Ljubicic und Grahovac mehr als doppelt so viele vertikale Zuspiele aufweisen und sich in dieser Statistik nichts nehmen. Der Unterschied zwischen den beiden ist aber die Qualität dieser Pässe, denn während bei Ljubicic 73,59 Prozent seiner Zuspiele ankommen, sind es bei Grahovac nur schwache 58,59%! Grahovac spielte die meisten weiten Pässe, hat allerdings auch hier die größte Fehlerquote.
Schlüsselpässe
Quelle: Wyscout S.p.a
Dejan Ljubicic spielt die meisten Pässe im letzten gegnerischen Drittel und hat dabei auch die höchste Genauigkeit. Für Pässe in den gegnerischen Strafraum ist dies ebenso der Fall. Er ist zudem der einzige der drei Spieler mit einem Assist in dieser Saison, wobei Velimirovic immerhin auf einen Assist-Assist kam, als er beim 3:3-Unentschieden gegen Hartberg Schobesberger am Flügel anspielte, dessen Flanke von Stefan Schwab in letzter Minute verwandelt wurde. Dass Velimirovic bei den Pässen ins letzte Spieldrittel weit hinten liegt, wird abermals mit der geringen Samplegröße und den starken Gegnern zusammenhängen.
Velimirovic geht in Eins-gegen-Eins-Situationen
Quelle: Wyscout S.p.a
Die Angriffsstatistiken können den Rapid-Fans wieder etwas Hoffnung machen, denn Velimirovic tätigte die mit Abstand meisten Dribblings pro 90 Minuten (4,92), wobei er sich auch immer wieder aus engen und schwierigen Situationen befreien konnte. Der 18-Jährige gab auch die meisten Schüsse pro 90 Minuten ab, wobei er im Cup-Krimi gegen Salzburg mit einem sehenswerten Aluminiumtreffer in der 65. Minute großes Pech hatte. So kommt es, dass Ljubicic der einzige der drei Spieler ist, der in dieser Saison Tore beisteuern konnte. Der 22-Jährige traf in der siebten Runde beim 5:0-Sieg gegen die Admira und beim 2:2-Unentschieden am letzten Spieltag vor der Winterpause gegen die Wiener Austria.
Einschätzung
Der Abgang von Dejan Ljubicic dürfte eine Lücke hinterlassen, die kurzfristig ohne Neuzugang nur schwer zu füllen sein wird. Grahovac hat insbesondere im Passspiel nicht dieselbe Qualität, ist offensiv harmloser und defensiv laut den Leistungswerten dieser Saison ebenfalls kein Upgrade gegenüber Ljubicic.
Velimirovic lieferte schon die eine oder andere gelungene Talentprobe ab und man darf zurecht gespannt sein, wie er sich in den kommenden Monaten weiterentwickeln wird. Im oberen Playoff warten zudem starke Mannschaften und Kühbauer hat im Grunddurchgang schon angedeutet, dass er in heiklen Partien die Qualitäten des Youngsters zu schätzen weiß. Dennoch wären in diesem Alter Leistungsschwankungen normal, zumal sich Velimirovic vergangenen November auch einen Seitenbandriss im Knie zuzog und seine Matchpraxis bei den Profis unter Wettbewerbsbedingungen noch überschaubar ist.
Der schmale Grat
Der Badji-Abgang und auch der bevorstehende Ljubicic-Transfer sind absolut nachvollziehbar. Der senegalesische Stürmer konnte in sportlicher Hinsicht kaum überzeugen und war mit seiner Situation unzufrieden, während Ljubicic schon in der Vergangenheit mit einer Luftveränderung liebäugelte und es aufgrund des im Sommer 2021 auslaufenden Vertrags nicht mehr viele Chancen gab, gutes Geld für den 22-Jährigen zu lukrieren. Angesichts der bevorstehenden Infrastruktur-Maßnahmen kommen die Einnahmen für die Hütteldorfer alles andere als ungelegen. Andererseits darf man den wichtigen dritten Tabellenplatz nicht aus den Augen verlieren, da sich mit den (wahrscheinlich) fixen Europacup-Einnahmen wesentlich einfacher wirtschaften lassen würde. Sollte Barisic nicht noch unerwartet einen Neuzugang präsentieren, muss man hoffen, dass man auch ohne Ljubicic nach den kommenden 14 Meisterschaftsrunden auf dem dritten Platz landet. In diesem Fall lässt sich im Sommer gezielt der Kader verstärken, was im Winter-Transferfenster wesentlich schwieriger gewesen wäre.
Stefan Karger, abseits.at
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