Magister Markus Kraetschmer (42) ist der starke Mann im Hintergrund des FK Austria Wien. Als Finanzvorstand der violetten AG kümmert er sich um die... Markus Kraetschmer im Interview (2): „Die Bundesliga muss ihre Schrauben noch enger drehen“

Markus Kraetschmer (FK Austria Wien)Magister Markus Kraetschmer (42) ist der starke Mann im Hintergrund des FK Austria Wien. Als Finanzvorstand der violetten AG kümmert er sich um die Zahlen der Veilchen und arbeitet quer vom Thema Transfers über die Lizenzierung bis hin zur Klubphilosophie. Aktuell kann er sich der seit 1999 bei der Austria arbeitende Wiener dank der Champions League über einen Millionenregen freuen.

Ende Jänner, mitten im Finish des stressigen Transferfensters, bat Pascal Günsberg im Rahmen seines Matura-Spezialgebiets (Thema: „Mehr als nur ein Spiel – die wirtschaftlichen Aspekte des Fußballs“) den Austria-Manager zu einem Interview.

Zwei Generationen im Gespräch über ein gemeinsames Interesse. Markus Kraetschmer im ausführlichen Talk über Strategien, Einnahmen und Ausgaben sowie Transfers.

Der Verkauf von Namensrechten ist für die Klubs sehr wichtig geworden. Die Wiener Austria verkaufte früher ihren Klubnamen, nun jenen des Stadions. Wie wichtig ist dieses Geld?

Es ist unbestritten eine sehr wichtige Finanzierungsquelle. Wir haben uns mit dem Ausstieg von Magna entschieden, wieder auf den Ursprungsnamen FK Austria Wien, der zuvor ja einige Jahre hinter Magna oder Memphis von der Bildfläche verschwand, zurückzukehren und diese starke Marke auch zu fördern. Diesen Weg wollen wir auch weiterhin bestreiten, aber beispielsweise die Namensrechte eines Stadions sind eine für einen Verein sehr, sehr wichtige Einnahmequelle, speziell, wenn man das Stadion selbst führt, so wie wir. Wir sind sehr froh und stolz einen Partner hierfür gefunden zu haben, denn auf diese Einnahmen können und wollen wir nicht verzichten.

Sprich: Diese Einnahmen sind auch für das traditionsbewusste Rapid eine Notwendigkeit?

Wir haben diesbezüglich ja sehr viele kluge Sprüche gehört, aber wenn man dem letzten Stand glaubt, plant ja Rapid auch einen Neubau oder zumindest eine Adaptierung ihres Stadions und hierbei wird auch ganz klar vom Verkauf der Namensrechte gesprochen. Natürlich ist es immer auch ein wenig von der Marktsituation abhängig und das heutige Hanappi-Stadion mit der jetzigen Generali-Arena nicht vergleichbar, weil es beim Verkauf von Stadionnamensrechten wieder auf viele einzelne Indikatoren wie die Lage, etc. ankommt. Soweit ich weiß, hat Rapid zuletzt aber klargestellt, dass eine der Finanzierungsoptionen für ein neues Stadion der Verkauf der Namensrechte ist, was auch zeigt, wie wichtig dieses Geld für österreichische Klubs ist.

Wie sind die Vermarktungsrechte, die sich vor allem in den TV-Rechten äußern, in Österreich strukturiert? Wie wichtig ist hierfür das internationale Geschäft?

Das internationale Geschäft ist hierfür extrem wichtig. Wir haben heuer bekanntlich eine Champions-League-Gruppenphase erlebt und in solch einer kommt der Großteil der Einnahmen ja aus den TV-Rechten. Wir werden heuer voraussichtlich einen Budgetanteil von 45 Prozent durch die Champions League haben, nicht nur durch die TV-Rechte, aber doch zu einem beachtlichen Teil. Wenn wir unsere Liga dem internationalen Quervergleich stellen, ist unser nationaler Markt das große Problem. Wir sind sehr froh mit dem ORF und Sky sowie in der Champions League auch mit Puls4 Partner zu haben, die das Produkt Fußball in das Fernsehen bringen. Das Niveau des Produkts ist auch ein sehr hohes, aber durch die Begrenzung des österreichischen Marktes sind die Einnahmen daraus im internationalen Vergleich leider zu wenig und das ist der Sockel, der uns letztlich fehlt. Hierzu erinnere ich mich an ein Gespräch mit dem Präsidenten des AZ Alkmaar im Rahmen der Europa League-Gruppenphase vor zwei Jahren, aus dem klar hervorgegangen ist, dass wir zum Beispiel am Sponsorenmarkt erfolgreicher als Alkmaar sind, aber in den TV-Rechten, aus denen in den Niederlanden trotz ähnlicher Marktgröße mehr Einnahmen pro Klub generiert werden können, und in der Infrastruktur klar hinten nach stehen. Das sind, glaube ich, die zwei Punkte, speziell jener der Infrastruktur, an denen der gesamte österreichische Fußball mit all seinen 20 Profiklubs sehr hart arbeiten muss, um unseren sportlichen Aufwärtstrend auch wirklich konstant fortsetzen zu können.

Thema Spieltagseinnahmen: Wie schwer wiegt ein Rückgang der Zuseherzahlen finanziell? Immer weniger Fans kommen in die Bundesligastadien, heuer durchlebt erstmals auch die Generali-Arena einen Rückgang.

Natürlich spürt man das und muss die Gründe dafür analysieren. Es wäre fatal dies nur auf die suboptimalen Beginnzeiten und das schlechte Wetter zu schieben. Ich denke, es ist ein Mix aus der sportlichen Leistung und der angebotenen Infrastruktur. Das sind aber Schrauben, an denen man drehen kann. Das Ziel muss sein den Fans eine gute Infrastruktur zu bieten, so erhöht man seinen Schnitt. Dass uns das in dieser Saison nicht gelingt, steht außer Frage. Was die Zuseherzahlen betrifft, hinken wir in der laufenden Spielzeit nach, auch wenn ich skeptisch bin, das schon in der Winterpause zu beurteilen, denn nicht zu vergessen ist, dass wir letztes Jahr im Titelkampf waren und in dieser Saison die Champions League-Spiele für eine besondere Situation sorgten.

Welche Bedeutung haben für den FAK etwaige Transfereinnahmen?

Spielerverkäufe haben in den letzten Jahren für uns sehr hohe Bedeutung gewonnen, ich erinnere da gerne an Barazite, Baumgartlinger, Dragovic, Junuzovic, etc. Wir haben uns klar positioniert, dass wir im Grunde einen gewissen Sockel an Transfereinnahmen brauchen, um unser sportliches und wirtschaftliches Niveau zu halten. Für uns ist klar, dass wir unsere Spieler nicht verschleudern wollen. Im Sommer haben wir die Entscheidung getroffen, Philipp Hosiner bei uns zu halten, letztlich gab er den Assist zum entscheidenden Tor in den Champions League-Play Offs gegen Dinamo Zagreb. Für einen Klub wie Austria Wien sind Transfers – und so wird es auch in Zukunft bleiben – eine ausgesprochen wichtige Einnahmequelle.

Im Rahmen der Transfers gibt es immer wieder neue Modelle. Die Austria entwickelte 2009 jenes der „Rising Stars“.

Das „Rising Stars“-Modell war ein Finanzierungsmodell in Zusammenhang mit Transfers. Wir haben es zwei Mal aufgelegt, selbstverständlich ist es nämlich auch immer eine Frage des Spielermarkts. Beide Male hat es sich sehr positiv entwickelt und brachte positive Rendite für die Investoren, auch wenn diese Modelle noch immer nicht abgeschlossen sind, da es noch erfolgsbedingte Zahlungen geben könnte. Es ist ein Risikostreuungsmodell, welches wir aktuell nicht mehr auflegen, was aber nicht heißen soll, dass wir es in Zukunft wieder einmal anwenden. Wir haben einige Interessenten, es wäre also relativ leicht neue Investoren für eine weitere Auflage zu finden, aber letztlich haben wir im Moment nicht den finanziellen Bedarf dafür.

Welche Vorteile bringt dieses Modell den potentiellen Investoren?

Grundsätzlich ist es der bisherige Erfolg, der weiter Interessenten anlockt. Die Investoren, die bisher dabei waren, haben zwei Mal eine positive Rendite erzielt, die sie mit keinem anderen Wertpapier dieser Welt erreichen hätten können. Es ist natürlich ein Risikokapital, denn es kann auch sein, dass alle Spieler ablösefrei gehen und das Geld weg ist. Im Verhältnis zum Einzelinvestment, nämlich die Verpflichtung eines einzelnen Spielers, ist dies sinnvoller, denn wenn sich ein Spieler zum Beispiel nur das Kreuzband reißt und so seine Karriere beenden muss oder sein Vertrag ausläuft, ist das Investment sinnlos gewesen. Beim Modell der „Rising Stars“ sind mehrere Spieler betroffen und, wenn ein Spieler ablösefrei geht, kann dies noch immer ein anderer Transfer quasi entschädigen.

Einen neuen Weg ging vor eineinhalb Jahren auch die SV Ried. Ola Kamara wurde verpflichtet und sofort weiterverliehen, nun verpflichtete ihn ausgerechnet die Wiener Austria und die Rieder verdienten viel Geld ohne, dass Camara je eine Sekunde für sie spielte.

Im Zusammenhang mit Ola Kamara wurde medial vieles geschrieben, das tatsächlich nicht ganz so war, aber auch hier bin ich vertragsbedingt zum Stillschweigen verpflichtet. Ohne ins Detail zu gehen, war das Risiko der SV Ried beschränkt und ging letztlich auch ein beachtlicher Teil des Erlöses an den Kapitalgeber im Hintergrund. Es ist ein Erfolgsmodell, das ist gar keine Frage, aber man muss so fair sein, die Hintergründe zu betrachten – mindestens drei Parteien, nämlich zwei Vereine, einen Spieler und folglich eventuell sogar noch einen Manager oder Investor, zu finden, ist nicht so einfach. Ich möchte nicht ausschließen, dass dieses Modell auch für uns einmal interessant wird und angewendet wird, aber für einen Klub ist zum Beispiel das „Rising Stars“-Modell ebenso attraktiv.

Themenwechsel von den Einnahmen zu den Ausgaben. Wie strukturieren sich diese bei der Austria?

Den mit Abstand größten Teil, ungefähr 50 bis 55 Prozent, nehmen die Personalkosten ein. Der Schwerpunkt hierbei liegt im Profibereich, aber man darf nicht die Trainer und Betreuer, die Amateure, alle weiteren Angestellten, etc. vergessen. Hinzu kommen noch die Kosten des Spielbetriebs wie Stadion, Reisekosten, usw., möglicherweise Transferkosten und Sonstiges. Aufpassen muss man insbesondere, wenn Einnahmen wegbrechen, wie schnell man dann reagieren kann, denn Verträge sind da, um eingehalten zu werden. Das ist sozusagen die Falle.

Ein Teil der Ausgaben sind wohl auch die Spielerabschreibungen?

Absolut. Als Beispiel: Wir haben nun Ola Kamara gekauft, somit wird dieser Transfer als Investition in der Bilanz verbucht. Das Transferrecht wird aktiviert, aber eben nur jener Betrag, den man tatsächlich ausgegeben hat – und nicht zum Beispiel der Marktwert auf transfermarkt.at – wird auf die Laufzeit abgeschrieben. Wenn ein Spieler aus der eigenen Akademie hochkommt, zum Beispiel Sascha Horvath, wird dieser nicht aktiviert, aber dafür im Falle eines Verkaufs der gesamte Betrag als Erlös verbucht, weil wir ihn selbst ausgebildet haben. Darum haben wir einen relativ geringen Betrag in unserer Bilanz aktiviert, weil wir viele Spieler selbst ausgebildet haben und der Erlös kann dann im Verkaufsfall dementsprechend verbucht werden.

Abschlussfrage: Durch Sponsoren und TV-Rechte wird zunehmend mehr Geld lukriert, die Zuseherzahlen sind dennoch rückläufig und somit auch die Spieltagseinnahmen. Eine Zukunftsprognose, Herr Kraetschmer?

In Österreich haben wir dank Red Bull natürlich eine sehr spezifische Situation. Ich denke, sportlich entwickeln sich alle Klubs in Österreich sehr gut. Dass wir in der Champions League fünf Punkte erreicht haben, Red Bull Salzburg den FC Bayern 3:0 schlägt, auch wenn es nur ein Freundschaftsspiel war, Österreich bei der U17-EM dabei war oder unsere U19 das Youth League-Achtelfinale erreicht, lässt mich sehr positiv in die sportliche Zukunft blicken. Was wir als Klubs noch schaffen müssen, ist unsere wirtschaftliche Basis und Infrastruktur weiter zu stabilisieren, nur dann können wir auch die Früchte der sportlich sehr guten Arbeit ernten. Überall, wo man eine gute Infrastruktur gepaart mit dementsprechenden Leistungen bieten kann, kommen auch die Zuseher. Ich denke, die Bundesliga muss ihre Schrauben noch enger drehen, angefangen beispielsweise bei der Verpflichtung von Rasenheizungen ab der Saison 2016/17, um Rahmenbedingungen zu schaffen, die das Produkt als Gesamtes besser verkaufen lassen.

Danke vielmals für das Gespräch.

Pascal Günsberg, abseits.at

Pascal Günsberg

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