Mehr als Alternativen: Die überraschenden Gewinner des Monaco-Testspiels
Bundesliga 10.Juli.2017 Stefan Karger 0
Der SK Rapid holte im Freundschaftsspiel gegen die AS Monaco einen 0:2-Rückstand auf und trennte sich vom französischen Meister 2:2-Unentschieden. Auffallend bei diesem Testlauf war insbesondere, dass die “zweite Mannschaft“, die nach einer Stunde die Stammelf ersetzte, zu überzeugen wusste. Wir wollen das Spielgeschehen Revue passieren lassen und uns dann ansehen, wer die Gewinner und Verlierer dieses unterhaltsamen Freundschaftsspiels waren.
Startaufstellung wenig überraschend
Während man die Startaufstellung von Ex-Rapid-Trainer Damir Canadi so gut wie nie erraten konnte, gab es gestern zunächst keine großen Überraschungen. Auch wenn noch einige Positionen offen sind, brachte Goran Djuricin eine Mannschaft aufs Spielfeld, die in dieser Besetzung auch im ersten Meisterschaftsspiel ohne weiteres auflaufen hätte können. Im Tor begann Tobias Knoflach, was laut dem Rapid-Trainer jedoch nicht viel bezüglich der Einser-Frage bedeuten soll. Bis zum Ende der Woche gibt der Coach den beiden Schlussleuten Zeit um weitere Argumente für einen Stammplatz abzuliefern.
Mario Sonnleitner startete im Abwehrzentrum statt dem verletzten Christopher Dibon neben Fixstarter Maximilian Wöber. Rechts in der Abwehrkette begann Mario Pavelic, der zwischendurch kurzzeitig mit dem linken Außenverteidiger Thomas Schrammel die Positionen tauschte. Die Viererabwehrkette stand zum ersten Mal in der 15. Minute im Mittelpunkt, als die Gäste den Führungstreffer erzielten. Bis zum 0:1-Rückstand sahen die knapp 10.000 grün-weißen Fans ein recht gefälliges Spiel ihrer Mannschaft. In vielen Szenen sah man deutlich, dass sich Goran Djuricin spielerische Lösungen wünscht. Das Kurzpassspiel funktionierte, es fehlte allerdings nach wie vor an der nötigen Dynamik und Vertikalität – zumindest vorerst.
Mehrere Probleme beim ersten Gegentor
Beim ersten Gegentreffer standen die Rapid-Spieler sehr hoch und deckten die kurzen Anspielstationen recht gut ab. Auf den ballführenden Spieler wurde wenig Druck ausgeübt, sodass dieser einen präzisen hohen Ball nach vorne schlagen konnte. Die beiden Monaco-Spieler, die den Angriff einleiten, wurden zum Zeitpunkt des Passes von Mario Sonnleitner bzw. Mario Pavelic eng gedeckt – die Zuordnungen passten zu diesem Zeitpunkt noch.
Es wurde dennoch schnell brenzlig, da sich einerseits Mario Sonnleitner beim Zweikampf um den Kopfball sehr ungeschickt anstellte und andererseits Mario Pavelic seinen Gegenspieler nicht rechtzeitig verfolgte. Der rechte Außenverteidiger erkannte den gefährlichen Durchbruch zu spät und konnte den Abstand auf seinen Gegenspieler in weiterer Folge nicht mehr aufholen. Wöber und dem eingerückten Schrammel kann man keine großen Vorwürfe machen, denn Rony Lopes schlich sich in den Rücken der beiden Abwehrspieler, die in dieser Szene nicht viel anders machen hätten können. Die zentralen Mittelfeldspieler hätten jedoch schneller nach hinten umschalten können und Lopes an den Fersen bleiben – der portugiesische U21-Teamspieler startete immerhin auch aus der eigenen Hälfte.
Es sollte nicht das einzige wichtige Kopfballduell bleiben, dass Mario Sonnleitner in diesem Spiel verlor – die Probleme in der Innenverteidigung bleiben insbesondere nach dem Dibon-Ausfall weiterhin ungelöst.
Individueller Fehler führt zum zweiten Gegentreffer
In der 52. Minute folgte der nächste Streich der Monegassen. Rapid befand sich im Spielaufbau und wurde mittels aggressivem Mittelfeldpressing unter Druck gesetzt. Murg fabrizierte einen folgeschweren Fehlpass, der dem Gegner eine gute Umschaltmöglichkeit bot. Diesmal verlor Wöber nach einer Flanke des auffälligen Allan Saint-Maximin das Duell in der Mitte und Carrillos Kopfball traf zunächst die Stange und dann Strebingers Beine, bevor er den Weg über die Linie fand.
Ein Traum auf engem Raum
Murg machte seinen Fauxpas wieder halbwegs gut indem er den Assist zum Anschlusstreffer beisteuerte. Nach einem Eckball des 22-Jährigen stellte Stefan Schwab eindrucksvoll seine Kopfballstärke unter Beweis und verkürzte zum 1:2-Zwischenstand. Nur drei Minuten später fiel der vermeintliche Ausgleich durch Joelinton, nachdem Rapid exzellent am gegnerischen Sechzehner kombinierte. Das Schiedsrichterteam entschied jedoch auf abseits, weshalb dieser schöne Treffer nicht gegeben wurde – eine ganz knappe Entscheidung. Diese Szene sollte allerdings Mut machen, denn genau so muss man auch gegen tiefstehende Gegner in der Bundesliga kombinieren, will man zu einem Torerfolg kommen.
Die Mannschaft des SK Rapid zeigte noch einmal eine sehr schöne Kombination auf engem Raum, nämlich in der 71. Minute beim Ausgleich zum 2:2-Unentschieden. Da stand jedoch eine ganz andere Elf am Platz, da Coach Djuricin in der 60. Minute sämtliche Feldspieler auswechselte. Beim letzten Tor dieser Partie standen die jungen Talente im Mittelpunkt, denn der Treffer von Manuel Thurnwald entstand nach einem Doppelpass von Dejan Ljubicic und Eren Keles.
Philipp Prosenik hatte nach einem tollen Pass von Kuen die Möglichkeit auf den Siegtreffer, scheiterte jedoch im Eins-gegen-Eins an Torhüter Badiashile.
Erkenntnisse aus dem Testspiel
Spielerisch verbessert: Die Mannschaft von Coach Goran Djuricin zeigte sich in beiden Hälften gegenüber den meisten Auftritten aus der vergangenen Saison spielerisch verbessert. In der ersten Hälfte standen mehr der Ballbesitz und das Kurzpassspiel im Mittelpunkt, es fehlte jedoch oftmals die Dynamik. Diese stellte sich erst ein, als Goran Djuricin in der 60. Minute eine neue Mannschaft aufs Feld schickte. Es wurde direkter und vertikaler gespielt, schneller kombiniert und Eins-gegen-Eins-Situationen am Flügel forciert.
Der Einser-Stürmer: Joelinton kann nicht nur Fußballspielen, sondern auch seinen Körper einsetzen. Der Brasilianer räumte in Zweikämpfen in einigen Szenen seine Gegner mit fairen Mitteln aus dem Weg und war nur schwer vom Ball zu trennen. Er hatte Pech, dass sein Treffer aberkannt wurde, allerdings stellte er sich stets in den Dienst seiner Mannschaft und eroberte alleine in den ersten zehn Minuten zwei Bälle indem er nach hinten arbeitete. Wenn Joelinton in der kommenden Saison verletzungsfrei bleibt, dann darf man sich große Dinge vom 20-Jährigen erwarten.
Kreativzentrale mit Luft nach oben: Murg, Szanto und Schaub werden sich steigern müssen. Thomas Murg gelang leider abseits des Eckball-Assists nur sehr wenig und er muss den zweiten Gegentreffer auf seine Kappe nehmen. Szanto und Schaub zeigten immerhin das eine oder andere Mal brauchbare Ansätze, man darf und muss jedoch mehr von den beiden erwarten.
Der Rapid-Kapitän: Stefan Schwab wirkte präsent und da er auch einen Kopfballtreffer erzielte, kann man von einem guten Auftritt im ersten Spiel als “echter“ Rapid-Kapitän sprechen. Die Ballverarbeitung könnte manchmal ein wenig schneller vonstattengehen, aber man sah deutlich, dass ein starker Schwab momentan essentiell für den SK Rapid ist.
Die Abwehr wackelt weiterhin: Unter Djuricin ist Rapid immer für Tore gut – die Defensive ist allerdings weiterhin ausbaufähig. Mehrere individuelle Fehler führten wie oben beschrieben zu den Gegentoren. Die Kaderzusammenstellung ist sicher nicht ganz optimal in der Defensive.
Mehr als nur Alternativen: Eren Keles überzeugte mit viel Spielwitz und guter Technik. Der ehemalige Vienna-Spieler könnte nach dem Traustason-Abgang eine ernsthafte Alternative am linken Flügel darstellen. Noch überraschender war für die meisten Fans der Auftritt von Andreas Kuen, der gegenüber der vergangenen Saison wie ausgewechselt wirkte und die letzte halbe Stunde perfekt nutzte, um für sich Werbung zu machen. Kuen kam diesmal am ungewohnten rechten Flügel zum Einsatz und ließ seine Gegenspieler mehrmals ganz schlecht aussehen. Boli Bolingolis Offensivdrang war nach seiner Einwechslung deutlich spürbar – der Belgier war weitaus aktiver als Schrammel und gewann auch in der Defensive seine Zweikämpfe. Dejan Ljubicic, Manuel Thurnwald, Alex Sobczyk hinterließen ebenfalls allesamt einen starken Eindruck. Wenn Philipp Prosenik seine Großchance genutzt hätte, dann könnte auch er mit seinem Auftritt zufrieden sein. Steffen Hofmann wollen wir hier auch nicht unerwähnt lassen, denn der Ehrenkapitän war sicherlich mit ein Grund weshalb sich die jungen Talente am Platz entfalten konnten.
Nicht überbewerten: All diese Erkenntnisse muss man jedoch mit Vorsicht genießen, denn am Ende bleibt es ein Freundschaftsspiel, in dem beide Mannschaften experimentierten und das Ergebnis wohl insbesondere für den AS Monaco nicht unbedingt im Vordergrund stand.
Stefan Karger, abseits.at
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