Meister werden ist nicht schwer… – stürmische Hinrunde für die Grazer
Bundesliga 2.Januar.2012 Georg Sander 2
Nach 36 Spieltagen hieß der Meister 2011 mehr oder weniger überraschend Sturm Graz. Drei Punkte trennten am Ende die Blackies von Red Bull Salzburg. Und das, obwohl gegen die Salzburger nur ein Pünktchen errungen werden konnte. Und so gingen die Steirer mit dem Meistertitel im Rucksack in die Saison 2011/12.
Transferanalyse
Im Gegensatz zu den Jahren zuvor verließen kaum Leistungsträger die Grazer, der große Sell-out blieb aus. Abwehrchef Gordon Schildenfeld hatte Österreich als Sprungbrett für die deutsche Bundesliga genutzt. Zwar war es nur die zweite Spielklasse, aber die Frankfurter Eintracht scheint den Wiederaufstieg zu schaffen. Mit Mario Kienzl verließ der Kapitän die Grazer und wechselte überraschenderweise in die zweite Schweizer Liga zum FC Vaduz. Ansonsten gingen mit Patrick Mevounguo (Ziel unbekannt), Klaus Salmutter (Pause), Dominic Hassler und Nachwuchs-Keeper Daniel Bartosch (beide Blau-Weiß Linz) eher bessere Kaderergänzungen. Timo Perthel kehrte zu Werder Bremen zurück.
Mit Milan Dudic (Red Bull Salzburg) und Matthias Koch (SCR Altach) wurden die wichtigen Abgänge eins zu eins ersetzt. Dazu kehrte noch Jürgen Säumel aus durchwachsenen Italien- und Deutschland-Aufenthalten (unter anderem Torino, bzw. Duisburg) zurück. Der obligate Georgier Giorgi Popkhadze (FC Zestafoni) kam für die linke Abwehrseite. Mit Darko Bodul wurde von Nacional Funchal ein Heimkehrer für den Sturm verpflichtet. Keeper Alexander Schachner, Innenverteidiger Florian Neuhold (Sturm Amateure), Offensivmann Dean Maric (Hartberg) und der zum LASK verliehene Haris Bukva komplettierten den Kader.
Ein routinierter Abwehrverbund (Gratzei, Cavlina, Standfest, Feldhofer, Dudic, Burgstaller) sollte in Kombination mit der durchaus als erfahren zu bezeichnenden Mittelfeldzentrale (Säumel, Weber) den Jungen ein Spielfeld bieten. Der Sturm und die Kreativabteilung um Kienast, Szabics, Haas und Muratovic darf ebenfalls als erfahren bezeichnet werden. Neben den „alten Hasen“ hatten Spieler wie Klem, Kainz, Koch oder Weinberger die Möglichkeit, den prominenten Vorbildern Prödl oder Jantscher zu folgen. Dennoch stellte Sturm Graz gemeinsam mit Rapid Wien den ältesten Kader. Das ist nicht unbedingt eine Überraschung – nicht in jedem Jahrgang befinden sich Jantschers oder Prödls. Es muss ja darauf geachtet werden, dass die Qualität durch die Abgänge nicht zu sehr leidet.
Standortsuche in der Liga
Der Sensationsmeister startete schlecht in die Bundesliga-Saison. Nach einem 1:1 in Ried folgte ein später Ausgleich zum 2:2 gegen den SV Mattersburg daheim. Im Steirerderby gegen den Kapfenberger Sportverein setzte es eine bittere 0:3-Auswärtspleite und den letzten Platz. Zeitgleich hatte bereits die Europa-Cup-Saison gestartet, die Kollege Ook_PS hier genauest analysiert. Ein Last-Minute-Tor von Haris Bukva korrigierte den Tabellenstand wieder einigermaßen. In Salzburg musste der Ausgleichstreffer durch Roman Wallner wiederum sehr spät hingenommen werden. Nach dem Ausscheiden in der Champions-League-Qualifikation gegen BATE Borisov und der gleichzeitigen Qualifikation für die Gruppenphase des Europa-League folgte mit einem 5:0 gegen Wiener Neustadt die überzeugendste Leistung des Sommers. Dem Heimhöhepunkt folgte in der Südstadt ein Dämpfer gegen die Admira. Der Aufsteiger zeigte seine tolle Frühform gegen die Grazer und siegte 4:2. Nach einem Heim-1:1 gegen Wacker Innsbruck parkte sich der SK Sturm an der sechsten Stelle ein. Dort sollten die Grazer bis zum Winter bleiben.
Festgefahren mitten drin
Daheim hui, auswärts pfui. Der Abonnement-Platz sechs wurde mit einem denkbar unglücklichen 1:2 mit zwei späten Gegentoren in Wien Favoriten „gesichert“. Daheim wurde in der Woche darauf gegen die SV Ried gewonnen. Der Turnaround wurde dann in Mattersburg mit wieder zwei späten Treffern beim 3:3-Unentschieden vergeben. Dann ging es abwechselnd weiter: Sieg gegen Salzburg, Niederlage in Hütteldorf, knapper Heimsieg gegen Kapfenberg, Niederlage in Wiener Neustadt. Einer 3:1-Revanche in Graz-Liebenau gegen die Admira folgte eine knappe Niederlage in Innsbruck und dem starken 5:1-Sieg gegen die Veilchen folgte ein Unentschieden gegen Ried. Sieben Siege, je sechs Unentschieden und Niederlagen – zu Hause mit sieben Siegen und zwei Unentschieden mit 23 Punkten folgerichtig Erster, in der Auswärtstabelle mit nur vier Unentschieden und ebenso vielen Punkten Vorletzter vor dem KSV.
Taktikanalyse
Franco Foda, noch ist unklar, ob er seinen Vertrag bis zum Ende der Rückrunde erfüllt, hat seit Jahr und Tag eine sehr ähnliche Taktik. Eine modern agierende Viererkette steht hoch, davor ordnen zwei spielstarke Sechser das Spiel. Dazu gibt es zwei Flügelspieler und im Grunde genommen zwei Spitzen, wobei eine je nach Gegner mehr aus der Etappe kommt. Ganz vorne findet sich ein klassischer Mittelstürmer. Im Gegensatz zu früheren Zeiten machte Sturms Ergebnisfußball in der Spielzeit 2010/11 zum Meister. An der grundsätzlichen Anlage änderte sich auch in dieser Saison nicht viel. Allerdings kassierten die Grazer durch eine zeitweise statische, weil schon ältere, Verteidigung viele Tore in der Schlussphase. Der Tabellenplatz und die eher geringe Aussicht auf einen internationalen Startplatz ergeben sich aus der neuen Spielanlage. Ging die moderate Offensive vor allem im Frühjahr ’11 noch sehr gut, so fiel sie im Herbst eben vor allem in der Fremde auf den Kopf. Die Konter konnten nicht mehr so gut wie früher gespielt werden. Sturm muss auf den Cup hoffen in dem gegen Grödig 1b, den SC Weiz und die Admira bisher alles nach Wunsch lief.
Moment der Hinrunde
Hier wurde das 3:3-Unentschieden in Mattersburg gewählt. Sinnbildlich steht es dafür, dass einfach nicht alles so richtig klappte. Die Spieler sind an und für sich stark genug, die Spielanlage für Österreich ausreichend – aber wer nicht immer über 90 Minuten alles gibt, der landet eben im Mittelmaß.
Fazit
International waren die Auftritte unzureichend, national fehlte der letzte Punch. Und während vor allem der Aufsteiger aus der Südstadt und Rapid Wien die Hausaufgaben sehr gut lösten, die Rieder und die Salzburger auf zwei verschiedenen Ebenen sehr erfolgreich sind, bleibt den Grazern in der Liga eben nur der Zuschauerplatz um die internationalen Plätze. Sollte weiter vorne nicht etwas schief gehen, wird Sturm Graz wohl am Ende irgendwo zwischen Platz vier und sechs landen.
Georg Sander, abseits.at
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