Michael Wimmer im Interview (3): „Die österreichische Liga ist total spannend!“
Bundesliga 24.November.2023 Dalibor Babic
Ursprünglich sollte es ein kurzes Interview mit Austria-Trainer Michael Wimmer werden, da wir zunächst rund 30 Minuten Zeit für ein Gespräch mit dem Coach der Veilchen erhielten. Doch aus der geplanten halben Stunde entwickelte sich ein 90-minütiges, intensives Gespräch, das wir aufgrund des großen Umfangs nun in drei Teilen veröffentlichen. Im ersten Teil beleuchten wir Michael Wimmers Anfänge bei der Wiener Austria und zeigen viele interessante taktische Gedanken des Trainers sowie seiner Arbeitsweise auf. Der zweite Teil fokussiert sich auf die Gegenwart und den aktuellen Status Quo. Im dritten und abschließenden Teil richten wir den Blick nach vorne und diskutieren Ausblicke und Zukunftspläne.
Wir fahren mit nun mit dem dritten Teil des Interviews fort. Hier findet ihr den ersten Teil, in dem es um Michael Wimmers ersten Wochen und Monate bei der Wiener Austria ging. In Teil 2 teilte der Austria-Trainer zahlreiche taktische Überlegungen mit uns.
Gibt es Wege, diesen Entwicklungsprozess noch zu beschleunigen? Eventuell durch externe Faktoren wie Neuzugänge, die man in die Mannschaft bringt?
Wimmer: Du kannst natürlich trainieren, trainieren, trainieren, aber irgendwann kann auch der Moment kommen, wo du dann sagst: Ich brauche auf Position X einen gewissen Spieler für eine bestimmte Rolle, um hier nachzuschärfen. Ich denke aber, dass das für einen Fußballverein irgendwie auch das Normalste auf der Welt ist, weil du immer besser werden willst. Bayern München hat ja auch im Sommer klar gesagt, wir müssen im Sturmzentrum nachschärfen und haben daher Harry Kane geholt. Da muss man natürlich immer Augen und Ohren offenhalten und das ist glaube ich auch wichtig, um besser zu werden. Auch für die Spieler die bereits hier sind, weil du willst dich immer mit den besten Spielern messen, denn je schärfer die Konkurrenzsituation ist, desto besser wirst du auch.
Daher beobachten wir auch laufend den Markt, müssen aber natürlich die budgetäre Situation berücksichtigen. Gleichzeitig muss man aber auch immer auf mögliche Abgänge vorbereitet sein. Bei uns gibt’s ja doch einige Spieler, die für andere Vereine interessant geworden sind. Da musst du ja auch für den Fall der Fälle gerüstet sein. Man hat ja auch beim Tabakovic-Abgang gesehen, dass es einige Wochen dauern kann, bis man hier passend nachjustiert und den richtigen Ansatz findet, um so einen Abgang aufzufangen.
Es bieten sich bei ihnen aber auch intern aus der zweiten Reihe immer mehr Spieler an und es wirkt so, als drängen sich hier einige hier für größere Rollen auf. Hier fallen mir Namen wie Romeo Vucic ein, aber auch ein Moritz Wels oder Luca Pazourek zeigen bei Stripfing mit guten Leistungen auf. Wie sehen sie deren Situation?
Wimmer: Das sehe ich recht ähnlich. Ein Luca Pazourek etwa kommt immer besser rein, ist bei uns jetzt auch seit zwei Wochen wieder voll dabei und trainiert super. Wir mussten ihn aber auch teilweise wegen der Schule rausnehmen und er war dazu ein paar Mal krank, befindet sich aber insgesamt auf einem guten Weg und hat auch im Testspiel gegen St. Pölten in der Startelf begonnen. Er hat auch schon in der Sommervorbereitung aufgezeigt und vor allem gegen Limassol ein gutes Spiel gemacht.
Bei Romeo Vucic muss man sich als Trainer vielleicht auch eingestehen, nicht immer alles richtig gemacht zu haben. Der Junge hat viel leiden müssen unter mir, das kann man schon so sagen. Weil er eigentlich vom ersten Tag an bei mir im Training marschiert ist und gearbeitet hat wie ein Verrückter – ich ihn dafür aber zu selten belohnt habe. Selbst mein Co-Trainer meinte an einem Punkt zu mir, ob ich bescheuert bin und das nicht sehe. Er hat sich niemals aufgegeben und trotz allem einfach weitergearbeitet. Der Knackpunkt für mich war dann am Ende des Transferfensters die Frage, ob er als Kooperationsspieler nach Stripfing geht oder nicht. Da fiel eigentlich schon eine Entscheidung und er hätte am nächsten Tag dort spielen sollen, wo ich dann gesagt habe: „Nein, du bleibst hier bei uns!“.
Von dem Punkt an haben wir ihn immer wieder in den Kader mitgenommen, hat Romeo gute Momente bei seinen Einwechslungen gezeigt und dann auch das Tor zum 2:0 gegen die WSG gemacht. Das Blöde in Österreich ist natürlich, dass du im Vergleich zu Deutschland zwei Kaderplätze weniger zur Verfügung hast (18 statt 20) und es dann wie gegen Salzburg zu einem Härtefall kommt, wo man drei Stürmer zur Verfügung hat, aber nur einen für den Kader nominiert. Ich glaube aber Romeo ist ein Spieler, der, wenn sein Knoten platzt, das Potenzial hat mindestens ein guter Bundesligaspieler zu werden. Davon bin ich zu hundert Prozent überzeugt. Daher bin ich mit seiner Entwicklung sehr zufrieden.
Auch bei Moritz Wels finde ich haben wir viel richtiggemacht, was Romeo Vucic zuvor vielleicht auch gutgetan hätte. Moritz kam mit einer Knieverletzung zu uns, ist dann auch krankheitsbedingt mit Scharlach in der Vorbereitung ausgefallen und hat dadurch einen Rückstand gehabt. Dann haben wir uns den Kopf zerbrochen und letztlich für die Option mit Stripfing entschieden, wo er allerdings zu Beginn auch wenig gespielt hat. Dann muss ich aber sagen, hat mir der Charakter des Jungen imponiert. Er hat gemerkt, dass er sich durchsetzen und um seinen Platz kämpfen muss. Wenn ich ihn jetzt aktuell im Training sehe, dann habe ich auch das Gefühl, dass ich ihn ohne Bedenken reinwerfen und in der Bundesliga einwechseln könnte. Ihm hat die Möglichkeit mit Stripfing äußerst gutgetan, auch wenn es immer wieder Kritik gibt, dass so wenige von uns dort spielen. Hier bin ich aber dennoch generell der Meinung, dass wenn du ein bis zwei Spieler pro Jahrgang nach oben bringst, dass ein guter Output wäre. Das darf man nicht vergessen.
Ein weiterer Spieler, der zuletzt vermehrt bei Stripfing zum Einsatz kam und um den es zuletzt etwas ruhiger wurde, ist ja der Neuzugang Silva Kani. Wie sehen sie seine Situation? Ich habe nämlich einige Spiele von ihm in der zweiten israelischen Liga gesehen und da hat er doch vielversprechende Anlagen gezeigt, wobei das Niveau natürlich auch eher mit der hiesigen Regionalliga vergleichbar ist. Wie läuft es mit seiner Eingewöhnungszeit und Entwicklung?
Wimmer: Grundsätzlich sehe ich auch bei ihm ein großes Potenzial und bringt er mit seinen beidbeinigen Abschlussqualitäten, den Dribbling-Fähigkeiten und seiner Dynamik spannende Eigenschaften mit. Gleichzeitig hat er aber auch im taktischen Bereich großen Aufholbedarf und hat das Wort „Pressing“ wohl zum ersten Mal bei uns gehört. Aber auch in punkto Wettkampfhärte muss er sich noch an die Begebenheiten anpassen und das hat er in Israel so zuvor nicht gekannt. Dann hat er das Problem, dass er natürlich kaum gespielt und wenig Rhythmus gehabt hat, da ja auch die Ausländerregelung der Liga ein Thema ist. Deshalb haben wir gesagt, er geht zu Stripfing bis zur Winterpause, damit er diesen Rhythmus bekommt und wir auch was sehen können.
Dann kommt noch hinzu, dass wir daran arbeiten, ihn ins Spielsystem zu integrieren. Er ist ein Spieler, der einfach die Seitenlinie braucht und so am besten zur Geltung kommt. Nur sind unsere Flügelstürmer in Wirklichkeit eigentlich Halbstürmer und rücken ein, während die Flügelverteidiger wie ein Ranftl die Breite besetzen. Auf dieser Position des Wingbacks ist er aber kein Thema, da die Defizite im Defensivspiel zu groß sind. Würden wir ihn als Flügelstürmer einsetzen, müssten wir einiges rundum ihn umbauen und würden eben einen Reinhold Ranftl einschränken, der sich ebenfalls auf der Linie am wohlsten fühlt. Mit Hakim Guenouche wäre es zum Beispiel eher möglich, da dieser auch allgemein auf der „Acht“ spielen könnte und sich auf den Halbspuren wohlfühlt – ergo gegebenenfalls stattdessen ins Zentrum einrücken könnte.
Das sind so Themen und Detailfragen, an denen wir im Trainerteam arbeiten und auch in der Wintervorbereitung schauen möchten, was für Lösungen wir hierfür finden. Er muss aber auch noch lernen, was es heißt ein Profi zu sein und mehr zu machen, als die Spieler vor ihm in der Rangordnung. Das ist ja etwas, was „Motz“ Braunöder so gut macht. Der gibt nicht auf, der bleibt dran, der macht mehr und will unbedingt in die Mannschaft. Etwas Ähnliches war ja auch im Vorfeld des Salzburg-Spiels ein Thema, wo ich mich zwischen Guenouche und Baltaxa entscheiden musste, wer den Kaderplatz bekommt. Baltaxa hat einfach einen enormen Trieb und gibt nicht auf, hatte eine überragende Trainingswoche, so dass ich zu mir und meinem Co-Trainer gesagt habe: „Wenn ich diesen Jungen nicht in den Kader nehme, kann ich niemals wieder vor die Mannschaft treten und sagen, dass Trainingsleistung wichtig wäre.“ Bei solchen Entscheidungen geht’s dann auch um das Gesamtbild.
Wie gehen sie mit solchen Spielern um, wo sie das Gefühl haben, da ginge noch mehr und sie maximieren nicht ihr volles Potenzial, weil sie auch abseits des Spielfeldes möglicherweise nicht alles investieren, um besser zu werden?
Wimmer: Ich glaube schon, dass man da als Trainer auch nervig sein muss. Es muss aber auch eine gewisse Form der intrinsischen Motivation beim Spieler vorherrschen, um das zu bewerkstelligen. Da bin ich auch wieder beim Beispiel mit meinem Sohn. Der hat mit Fußball gar nichts am Hut und spielt lieber auf dem Schlagzeug, das macht ihm einfach viel mehr Spaß. Ich kann ihn natürlich zum Fußball schleppen, aber er will nicht und das würde ihm auch keine Freude bereiten. Wenn ich dann nach Stuttgart schaue, da hat etwa ein Mario Gomez auch im höheren Alter nach dem Training 20 Minuten lang auf das Tor geschossen, um Abschlüsse zu trainieren. Diese Arbeitseinstellung braucht man auch einfach und die kann einem auch nur schwer jemand von außen hineinreden.
Sie haben ja auch schon angemerkt, dass sich einige Spieler in fremde Notizblöcke gespielt haben und es in nächster Zeit durchaus auch Abgänge geben könnte. Gibt es auf der anderen Seite noch Spielertypen, die sich der Trainer Michael Wimmer wünscht? Weil wenn man sich das Spiel zuletzt gegen Lustenau angesehen hat, wäre mir aufgefallen, dass die Kreativität im letzten Drittel gefehlt hat und jemand, der sich in engen Räumen behaupten kann.
Wimmer: Gegen Lustenau war es sicherlich so, dass uns da die kreativen Überraschungsmomente gefehlt haben und es deshalb recht statisch wirkte. Mit Fitz hat hier auch der Spieler gefehlt, der bei uns der Mann fürs Kreative ist und gerade in solchen Spielen gegen tiefstehende Gegner eine große Bedeutung für uns hat. „Mandi“ Fischer hat hier zwar auch seine Momente, wie sein überragender Assist im Cup gegen Klagenfurt gezeigt hat, aber er ist auch jemand, der im Spiel lieber abkippt, als im engen Zwischenlinienraum zu verbleiben. Aufgrund seiner Torgefährlichkeit und zum Teil auch seiner Unberechenbarkeit, stelle ich ihn dennoch gerne offensiver auf und er hat hier auch schon sehr gute Spiele gezeigt – auch wenn er mit seinen Fähigkeiten im Zentrum vielleicht noch besser zur Geltung kommen würde.
Wir halten natürlich unsere Augen und Ohren offen nach gewissen Verstärkungen, aber da sprechen Jürgen Werner, Manuel Ortlechner und ich die gleiche Sprache. Wenn wir etwas machen, dann muss der Spieler klar besser sein, als dass was wir schon bei uns haben. Es macht für uns wenig Sinn, zum Beispiel einen „Halbraumspieler“ zu holen, der eine ähnliche Qualität wie ein Fitz oder Huskovic hat, weil dann lösen wir es lieber mit den Spielern, die wir schon hier haben. Wenn dann muss es offensichtlich sein, dass er zu uns kommt und uns klar besser macht. Zu einem Musiala würde ich natürlich nicht Nein sagen (lacht). Ansonsten sollte der Fokus auf unsere „Austrianer“ liegen und diese ausgebildet und entwickelt werden, um aus ihnen das Maximum herauszuholen.
Also hier der Fokus eher auf die eigene Jugend gerichtet werden? Mit einem Sanel Saljic habt ihr ja bei den Youngs Violets jemanden, auf den die zuvor erwähnte Beschreibung eventuell zutreffen könnte.
Ich glaube schon, dass es unser Weg sein sollte perspektivisch violette Eigenbauspieler, wie unter anderem eben einen Sanel Saljic oder David Ewemade heranzuführen. Die beiden sind auch während der Länderspielpause bei uns im Training dabei und haben Einsatzminuten im Testspiel gegen St. Pölten bekommen, um sich zu präsentieren. Sie könnten auch in solche Rollen bei uns hineinwachsen. Was allerdings dann wiederum nicht passt, ist die Erwartungshaltung. Ich kann nicht erwarten, Platz 3 oder 4 zu attackieren, gleichzeitig im Umkehrschluss aber solche jungen Spieler wie einen Pazourek, Saljic oder Ewemade ins kalte Wasser zu werfen. Da muss man dann mit schwankenden Leistungen rechnen.
Ich arbeite aber sehr gerne mit jungen Spielern und hier leisten wir dann auch in einer Form die Vorarbeit, damit sie irgendwann in die Fußstapfen anderer Spieler hineintreten können. Sollte etwa ein „Reini“ Ranftl zum Beispiel irgendwann nicht mehr da sein oder sich verändern wollen, dann wäre es natürlich ideal, wenn man das intern nachbesetzen könnte. Deshalb ist es auch wichtig, dass Pazourek und Ewemade sich Dinge von einem Routinier wie Ranftl abschauen und lernen können, weil der viel Erfahrung mitbringt. Es muss ja auch das Ziel sein, solche Spieler nicht nur zu entwickeln, sondern auch in weiterer Folge teuer zu verkaufen.
Also den Kaderplatz 18 bis 20 lieber einem jungen Spieler geben, statt einem arrivierten Akteur mit viel Erfahrung? Da hat ja die Austria nach der Bestellung des Duos Schmid/Ortlechner vor einigen Jahren eine Trendwende eingeleitet.
Wimmer: Da bin ich voll dabei. Wenn du ein ähnliches Verhältnis von interner und externer Qualität hast, dann setzte ich lieber auf „Austria-Qualität“. Das muss unsere Philosophie sein. Wir haben ja auch eine übergreifende Vereinsphilosophie und verfolgen diese einheitlich bis hinunter in die Akademie, wo mir zum Beispiel auch der Spielstil der Young Violets sehr imponiert und die das gut machen. Es muss uns in Zukunft gelingen, einen recht nahtlosen Übergang in die Kampfmannschaft hinzubekommen. Wenn dann etwa Spieler X bei uns ausfällt und Spieler Y nach oben hochgezogen wird, soll der die Abläufe schon gewohnt sein. Wie habe ich zu attackieren? Wo habe ich mich mit dem Ball zu bewegen? In welchen Räumen? Damit soll die Integration beschleunigt werden und man sich nur noch an das höhere Tempo gewöhnen müssen. Das sollte unser Weg sein und mit Fitz, Braunöder, Jukic, Huskovic, Vucic und einigen mehr sind wir hier auch schon recht gut unterwegs.
Nachdem wir nun über die Entwicklung und mögliche Transfers/Abgänge von Spielern gesprochen haben, würde uns noch interessieren, wie sieht es denn mit ihrer persönlichen Zukunft aus? Sie haben ja noch einen Vertrag bis zum Sommer 2025. Sehen sie die Austria als Sprungbrett? Haben sie einen „Karriereplan“, der ja heutzutage überall proklamiert wird?
Wimmer: Um ganz ehrlich zu sein, es ist wirklich so, dass ich aktuell in den Tag hineinlebe. Ich genieße es mit der Mannschaft am Platz zu stehen und mit den Spielern zu arbeiten. Ich genieße es jeden Tag ins Stadion zu fahren. Das Verhältnis zu den Fans ist überragend und hätte ich mir zu Beginn nicht zu träumen gewagt. Da mache ich mir aktuell wenig Gedanken über die Zukunft. Und was ich auch schon öfter betont habe, ich finde die österreichische Bundesliga total spannend! Ich finde, dass man sich in Österreich auch viel zu klein macht. Klar hat man die drei Top-Mannschaften, aber man sieht auch bei den anderen Teams, dass an einem guten Tag jeder jeden schlagen kann. Du fährst hier nicht irgendwo hin und gewinnst automatisch. Jede Mannschaft hat eine gute Philosophie, du siehst bei jedem Trainer einen klaren Plan. Für mich war es daher der absolut richtige erste Schritt und wie lange dieser Schritt schlussendlich dauern wird, das wird die Zukunft zeigen. Vor sechs, sieben Wochen hätte es ja auch schon vorbei sein können mit dem ersten Schritt.
Aber klar, mir macht der Job Spaß, ich will Trainer bleiben, ich will aber auch ein ehrgeiziger und erfolgshungriger Trainer sein. Ich will natürlich wie ein jeder Spieler auch die nächsten Schritte machen. Das kann woanders sein, dass kann aber auch hier sein, denn wir wollen ja auch gemeinsam die nächsten Schritte setzen. Wir werden sehen (lacht).
Zum Abschluss würde uns noch interessieren, da sie ja betont haben, es sei ihre erste Cheftrainerstation: Wie nehmen sie den Unterschied zwischen der Position des Co-Trainers und des Cheftrainers wahr? Sie haben ja jetzt beide Seiten erleben können. Ist der so gravierend, wie man es sich vorstellt?
Wimmer: Es ist schon ganz was anderes. Der Druck ist bei dir, die Verantwortung ist bei dir, die letzte Entscheidung ist bei dir, die Kadernominierung ist bei dir, die Aufstellung ist bei dir, die Einflüsse, ob etwas gut oder schlecht war, sind bei dir und die Gespräche mit den Verantwortlichen sind bei dir. Natürlich habe ich auch als Co-Trainer gesagt, wir müssen die oder die Entscheidung treffen, aber ob es dann auch so gemacht wird, ist ein anderes Thema. Es gibt auch unangenehme Gespräche, sei es im Vereinsumfeld oder mit den Medien, aber auch Emails oder Nachrichten, die unter die Gürtellinie gehen. Das hast du als Co-Trainer natürlich nicht so erlebt. Du stehst einfach an der vordersten Front, musst dich mit allen möglichen Dingen auseinandersetzen und damit umgehen können.
Das Schöne ist aber, ich konnte es mir aussuchen. Ich hatte den Traum Cheftrainer zu werden und das wurde mir beim VfB Stuttgart sieben Wochen lang ermöglicht. Ich konnte in dieser Zeit auf höchstem Niveau, bei maximalen Abstiegsdruck vor ausverkauften Stadien nach sieben Wochen entscheiden: Will ich es oder will ich es nicht in Zukunft machen? Diesen Luxus kriegen nur sehr wenige Trainer. Aber der Job als Co-Trainer hat mir auch in vielen Aspekten geholfen und mich vorbereitet. Zum einen kann ich mich in meine Co-Trainer hineinversetzen und weiß, wie du als Co-Trainer behandelt werden willst. Zum anderen, was ich überaus spannend fand ist, dass du eigentlich wie ein Zuschauer im Kino bist. Du hörst dem Cheftrainer zu wie er vorne redet, du weißt wie die Situation gerade aussieht, ob positiv oder negativ, er spricht da vorne und du kannst währenddessen auf die Reaktion der Spieler schauen.
Kommt die Ansprache an? Kommen diese Wörter positiv oder negativ an? Da kannst du wirklich viel lernen und wenn du merkst, es kommt etwas vielleicht nicht so gut an, dann nimmst du das mit und machst es dann vielleicht ein wenig anders. Es war jedenfalls perfekt für mich und jetzt merke ich, dass es eben doch ein größerer Unterschied ist.
Wir bedanken uns bei Michael Wimmer und der Wiener Austria für dieses ausführliche und hochinteressante Interview!
Dalibor Babic
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