Mikrokosmos Mattersburg – der andere Weg zur Konstante im Profifußball
Bundesliga 9.April.2016 Martin Wallentich 0
Mattersburg ist Burgenlands Fußballhauptstadt. Nicht nur, weil die Mannschaft noch im Rennen um die Europacup-Plätze ist. Im Laufe der Jahre ist es dem Verein gelungen, viele seiner Talente zu halten und sich im Profibusiness zu etablieren. Ein Erfolg der Konstanz.
Auf den ersten Blick wirkt der SV Mattersburg wie genau jeder andere kleinere Klub der österreichischen Bundesliga – ein Dorfklub, der zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Spielern finanziell stärkere und historisch bedeutendere Klubs in die Knie zwingen und dadurch bis in die Bundesliga aufsteigen konnte.
Doch in Mattersburg steckt mehr als nur eigenes Glück und das Versagen anderer Teams hinter dem mittlerweile fast 14 Jahre dauernden (mit kurzer Unterbrechung) Bundesliga-Abenteuer. Aufgrund von durchdachten Investitionen, langfristigen Kaderplanungen und bodenständigen Erwartungen, konnte sich Mattersburg bereits in über zehn Bundesliga-Spielzeiten beweisen, während andere Teams bereits kurz nach dem Fußfassen im Profifußball in die Insolvenz oder die Bedeutungslosigkeit schlitterten.
Der SV Mattersburg hat weder eine schillernde Geschichte, noch einen finanziellen Gönner an seiner Seite. Dennoch ist der Verein kaum aus dem österreichischen Profifußball oder der regionalen Sportwelt wegzudenken. Dieser Aufstieg hat verschiedene Gründe.
Vereinstreue statt Ausverkäufe
Der bedeutendste dieser ist wohl die strikte Vereinsführung unter Obmann Martin Pucher. Hohe Ablösesummen und Risikoeinkäufe sucht man in Mattersburg vergebens. Es wird versucht, die Mannschaft so gut wie möglich zusammenzuhalten, ein Kollektiv aufzubauen und sich nicht durch schmeichelnd hohe Ablösesummen auseinander reißen zu lassen. Zum Leidwesen vieler Vereine ist die oft erwähnte Sturheit Puchers ein Problem, um Talente aus dem Burgenland abwerben zu können. Gewinner ist hierbei das Mattersburger Team, welches Jahr für Jahr maximal punktuell verstärkt wird, anstatt die halbe Mannschaft erneuern zu müssen, wie dies in der Vergangenheit bei Konkurrenten wie Grödig oder dem SC Wiener Neustadt der Fall war.
Umgekehrt werden aber genauso Spieler langfristig an den Verein gebunden, welche aufgrund von Formschwankungen oder Verletzungen zuletzt kaum eine bedeutende Rolle innerhalb des Vereins spielen durften. Durch diesen Vertrauensbeweis haben diese Profis keinerlei Zeitdruck, um ihr Potenzial wieder abrufen und komplett fit werden zu können. Ein Beispiel für den positiven Nutzen dieses Konzepts waren beispielsweise die Tore von Patrick Bürger in dieser Saison nach zwei Kreuzbandrissen zuvor. Auch Dominik Doleschal wird nach unzähligen Verletzungen in der Vergangenheit aktuell wieder an die erste Mannschaft herangeführt, um sein Talent bald unter Beweis stellen zu können.
Burgenlands Talenteschmiede
Innerhalb des Fußballgeschäfts funktioniert der SV Mattersburg nahezu wie eine große Familie – Zusammenhalt und langfristige Planung sind die wichtigsten Stützen des Vereins, um sich auf Dauer in der Bundesliga beweisen zu können. Abgesehen vom unglücklichen Abstieg 2013 und einer darauffolgenden Seuchensaison in der Ersten Liga, hat sich das System Mattersburg über die Jahre hinweg bewährt und vielen jungen Talenten den Weg in die Welt des heimischen Profifußballs geebnet.
Zudem trägt vor allem die regionale Popularität seinen Teil zur Erfolgsgeschichte bei. Mit rund 6.000 Zuschauern im Pappelstadion ist der Schnitt zwar beschaulich, doch als einziger Profiklub des Burgenlandes spricht man folglich nicht nur Fans aus der näheren Umgebung an, sondern stellt ein Ausrufezeichen in der ostösterreichischen Sportwelt dar.
(rot-)goldene Zukunft?
Zusammenfassend ist der SV Mattersburg einerseits ein ambitionierter Bundesligist, der mit seinem langfristigen Konzept finanziell und sportlich auf sicheren Beinen steht, andererseits besonders regional ein Vorbildverein um österreichische Talente zu fördern. Im besten Fall führt dies heimische Kicker bis ins Nationalteam, wie es bereits bei Christian Fuchs, Michael Mörz oder Patrick Bürger der Fall war. Sollte es gelingen, das Vereinskonzept stabil weiterzuführen könnte sich diese Liste erweitern und der SV Mattersburg selbst in Zukunft ein unumstrittener Stammklub in der Bundesliga werden.
Martin Wallentich, abseits.at
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