Mit dem Kopf durch die Wand: Der Dribblingstil von Philipp Schobesberger unter der Lupe
Bundesliga 25.April.2015 Alexander Semeliker 0
Der SK Rapid Wien ist das beste Team der Frühjahrssaison. Im Jahr 2015 holte die Mannschaft von Zoran Barisic 23 Punkte und hat nun gute Chancen auf die Champions-League-Qualifikation. Symbolisch dafür steht unter anderem Philipp Schobesberger, der in den vergangenen Wochen einen beachtlichen Entwicklungssprung machte. Insbesondere mit seinen Dribblings sorgte er zuletzt für Furore. In diesem Artikel wollen wir diese Stärke genauer unter die Lupe nehmen und Vor- und Nachteile seiner Spielweise analysieren.
Der Siegestreffer am Samstag gegen die SV Ried war ein perfektes Beispiel dafür, warum Schobesberger zu den besten Konterspielern der Liga zählt. Mit seiner Schnelligkeit schaltete er sich nach dem Ballgewinn sofort ins Umschaltspiel ein, forderte den Ball, umspielte mehrere Gegenspieler und netzte dann ein. Es war bereits sein siebenter Scorerpunkt in den letzten fünf Spielen.
Mehr Dribblings als Indiz für Weiterentwicklung?
Kein Spieler in der tipico Bundesliga geht laut Sky Sport Austria häufiger ins Dribbling als Schobesberger, der im Schnitt alle neun Minuten ein Eins-gegen-Eins-Duell bestreitet. Zählt man erlittene Fouls als erfolgreiche Dribblings, dann kommt der 21-Jährige auf eine Erfolgsquote von 56,9%. Das ist an und für sich ein sehr guter, aber kein herausragender Wert. Vor einiger Zeit nahm abseits.at die Daten der Spieler aus den besten Ligen Europas unter die Lupe, wobei die Top-20 in dieser Kategorie eine Erfolgsquote von über 75,6% aufwiesen.
Interessanter sind Schobesbergers Daten, wenn man sie unter dem Gesichtspunkt seiner Entwicklung sieht. Vor der Winterpause kam er in 13 Spielen auf 380 Einsatzminuten, im Frühjahr hält er bereits bei deren 463 – ein Zeichen dafür, dass er in der Hierarchie aufgeholt hat. Auch in den Dribblings sieht man diesbezüglich eine merkbare Steigerung. Während Schobesberger im Herbst 2014 im Schnitt 7,6 Dribblings pro 90 Minuten bestritt, sind es nun durchschnittlich 10,0. Die Erfolgsquote ist in etwa gleich.
Schobesberger, der „Nadeldribbler“
Wir wollen uns nun mit der Art und Weise seiner Dribblings beschäftigten. Wir sehen uns dafür sein Tor vom letzten Samstag in Ried genauer an. Rapid eroberte in der eigenen Spielfeldhälfte den Ball, Schobesberger spielte dann nach außen in die Tiefe und sprintete sofort ins Angriffszentrum. Interessant sind dabei die Effekte, die dieser Lauf bzw. die anschließende Verarbeitung von Schobesberger hervorriefen.
Schobesberger bewegt sich inmitten von vier Gegenspielern und erhält dort den Ball. Prinzipiell möglich wäre ein Pass auf den mitgelaufenen linken Flügelspieler, Schobesberger entscheidet sich aber dafür, mit dem Ball weiterzulaufen. Die Folge: alle vier Gegenspieler müssen sich zu ihm orientieren und sich zusammenziehen. Für Schobesberger besteht in der Folge schließlich auch nicht mehr die Möglichkeit, einen der beiden Mitspieler direkt anzuspielen, obwohl diese viel Platz hätten – durchaus ein Verdienst der Rieder. Dementsprechend ist er auf sich alleine gestellt. Er behauptet den Ball und trifft.
Diese Bewegungen, direkt in einen Block von Gegner hinein, sind bei Schobesberger nicht unüblich. Zum Beispiel bereitete er in der 25. Runde gegen Grödig auf ähnliche Weise ein Tor vor. Er zieht damit die Aufmerksamkeit von mehreren Gegenspielern auf sich und bindet sie teilweise bzw. erzwingt mithilfe der entstehenden Dynamik schlechte Entscheidungen. Folglich bekommen seinen Mitspieler mehr Räume. Insofern könnte man Schobesberger in Anlehnung an den Begriff „Nadelspieler“ – ein Akteur, der bei Kombinationen bewusst in engen Räumen angespielt wird um Räume für seine Mitspieler zu öffnen – als „Nadeldribbler“ bezeichnen.
Mit dem Kopf durch die Wand
In gewisser Weise gehören die Dribblings von Schobesberger zu der Kategorie „mit dem Kopf durch die Wand“. Alleine, dass er bewusst inmitten von mehreren Gegenspieler läuft, unterstreicht dies. Das macht es natürlich dementsprechend schwer, die Dribblings sauber auszuführen. Sowohl vor seinem Treffer in Ried, als auch bei der angesprochenen Vorbereitung gegen Grödig, war es weniger Schobesbergers Technik, sondern vielmehr seine Koordination, die dafür sorgte, dass er den Ball behaupten konnte.
Ein anderer charakteristischer Punkt seiner Art zu dribbeln ist, dass sie im offensiven Umschaltspiel am besten eingebunden werden kann. Die Dynamik ist dabei enorm hoch und gerade in der österreichischen Liga kann man damit für Unordnung beim Gegner sorgen. Aber auch auf höherem Niveau sind Läufe in einen gegnerischen Block ein effizientes Mittel, wie beispielsweise Dortmunds Henrikh Mkhitaryan in der Champions League zeigte. Mit Tempoläufen aus der Etappe lenkt man die Aufmerksamkeit der Gegenspieler auf sich und zieht diese von den Mitspielern weg.
Andererseits können diese Bewegungen im normalen Positions- und Kombinationsspiel kaum erfolgreich eingebunden, da schlicht die nötige Spieldynamik dafür fehlt. Vereinfacht ausgedrückt: Schobesbergers Dribblings sind nur dann effektiv, wenn er größere Räume mit Tempo anlaufen kann. Er versucht diese Bewegungen trotzdem häufig einzubringen. In manchen Situationen – zum Beispiel beim 1:0 gegen Wiener Neustadt, als er den Siegtreffer vorbereitete – geht es gut.
In vielen anderen Situationen ist die Folge dieser ausrechenbaren Läufe jedoch, dass er isoliert wird. Demensprechend könnte die eingangserwähnte Erfolgsquote noch höher sein. Außerdem kommt Schobesberger auch nur auf 29 Pässe pro 90 Minuten und eine Passgenauigkeit von 66,5% – gerade für Rapid-Verhältnisse magere Werte. Möglicherweise ist es aber genau dieses, für sein Team untypisches Verhalten, das Rapid im Jahr 2015 erfolgsstabil macht und gute Chancen auf die Champions-League-Qualifikation eröffnet.
Alexander Semeliker, abseits.at
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