Mit grün-weißen Tugenden zur Sensation: Rapid gewinnt Spektakel in Salzburg mit 2:1
Bundesliga 15.Dezember.2014 Daniel Mandl 1
Rapid beendete das Jahr 2014 mit einer Sensation und gewann am Sonntagnachmittag mit 2:1 in Salzburg. Die Bullen mussten damit bereits ihre fünfte Saisonniederlage einstecken, womit sie aktuell eine bessere Auswärts- als Heimbilanz haben. Rapid-Trainer Zoran Barisic musste beim heißumkämpften Sonntagschlager auf die Tribüne – und dennoch machte der vielgescholtene Rapid-Coach alles richtig.
Zoran Barisic entschied sich für ein Tannenbaumsystem und schickte sein Team in einem 4-3-2-1 auf den Platz. Die fehlende Klasse sollte mit Masse in der Defensivzentrale wettgemacht werden. Grahovac, Wydra und Petsos beackerten auf äußerst kämpferische Art und Weise die Räume vor der eigenen Viererkette und hatten durch clevere Staffelungen und das jeweils leicht versetzte Fallenlassen am aktiven Flügel auch den Zwischenlinienraum gut im Griff.
Falsche Salzburger Antwort auf Rapids harte Gangart
Salzburg fand überhaupt nicht ins Spiel: Rapid zwang den Salzburgern eine rustikale Gangart auf, die die qualitativ besseren Mozartstädter aber nicht umspielten, sondern ihrerseits ebenfalls mit Härteeinlagen reagierten. Rapid erwies sich in der hitzigen Anfangsphase als geschicktere Mannschaft, zog Fouls besser und konnte sich so immer wieder aus engen Situationen befreien. Bis zur 21.Minute beherrschte Rapid den Tabellenführer klar. Danach fiel der Rekordmeister aber ab.
Salzburg hellwach als Rapid kurz einschlief
Der Grund dafür, dass die Phase zwischen der 21. und 40.Minute offener war als die Anfangsphase, war der, dass Rapid das hohe Tempo nicht durchgehend halten konnte. Die Grün-Weißen konnten in der Anfangsphase immer wieder nachlegen und die Intensität aufrechterhalten. Als man das Spiel kurz einschlafen ließ, fand Salzburg sofort ins Spiel und präsentierte sich wacher als Rapid – und das obwohl Andre Ramalho seiner Mannschaft in genau dieser Phase mit einer dummen gelb-roten Karte einen Bärendienst erwies. Erst gegen Ende der ersten Halbzeit fand Rapid ins Spiel zurück und stellte die Feldüberlegenheit wieder her.
Viele weite Bälle, ungeordneter Spielaufbau
Die erste Halbzeit war äußerst intensiv und neben einer enorm kampfstarken, aber in entscheidenden Situationen clevereren Rapid-Elf auch von großer Passunsicherheit geprägt. Rapid vergaß immer wieder auf geordneten Spielaufbau und überließ im defensiven Teil des zweiten Drittels einiges dem Zufall. So sorgten etwa Petsos und Grahovac immer wieder für Balleroberungen, die jedoch durch hastige, weite Pässe wieder verschenkt wurden. „Vergaß“ ist hier mit Fragezeichen zu verstehen, denn womöglich war das hektische Weiterverarbeiten des Balles im Mittelfeld auch ein Stilmittel, um dem explosiven Gegenpressing der Salzburger zu entgehen.
Salzburg zu zentrumslastig, Rapid mit guter Staffelung auf der „Dreifachsechs“
Die zweite Halbzeit veränderte das Bild ein wenig. Salzburg wurde nach und nach sicherer, steckte die Unterzahl gut weg und Rapid wurde vom Strafraum ferngehalten. Gleichzeitig kamen aber auch die Bullen nur sehr selten in aussichtsreiche Positionen, zumal die Mittelfeldzentrale immer stärker wurde und Salzburg kaum auf die Flügel auswich, sondern das Heil in der Mitte suchte. Die Rollenverteilung wurde nach und nach deutlicher: Grahovac mimte den Mann fürs Grobe, lief Gegner an, suchte aktiv Zweikämpfe und war damit die aktivste Instanz im Hütteldorfer Mittelfeldpressing. Thanos Petsos, der eine seiner besten Partien im Jahr 2014 spielte, sammelte schließlich die Bälle ab und Dominik Wydra bzw. später Louis Schaub waren für die vertikale Weiterverarbeitung zuständig.
Lufthoheit und Zweikampfstärke auf der Zentralachse
Ein zusätzlicher Vorteil war die Luftheit, die Rapid in ebendieser, von Salzburg intensiv bespielten Mittelfeldzentrale für sich beanspruchte. Sowohl Grahovac als auch Petsos gewannen den Großteil ihrer Kopfballduelle und beide Spieler wiesen bessere Zweikampfwerte auf, als das „einsame Gegenüber“ Christoph Leitgeb, dem nach Ramalhos Ausschluss eine enorm schwierige Aufgabe zukam. Rapids Taktgeber war indessen Altmeister Steffen Hofmann, der phasenweise an beste Zeiten erinnerte und seine Mannschaft vorantrieb.
Ungewöhnlich impulsiver Barisic macht alles richtig
Zoran Barisic musste nach übermäßiger Schiedsrichterkritik auf die Tribüne. Dies war eine Szene, die einigen grün-weißen Barisic-Kritikern durchaus gefiel – nicht, weil der Trainer dadurch nicht mehr in der Coaching Zone verweilen durfte, sondern weil er sich impulsiv präsentierte, Emotion zeigte und sich damit nahtlos an seine aufopferungsvoll kämpfende Mannschaft anpasste. Seine Entscheidungen waren allesamt richtig: Den quirligen Louis Schaub für Dominik Wydra zu bringen, machte Rapid im Vertikalspiel unberechenbarer. Als besonders glückliches Händchen ist jedoch die Einwechslung Deni Alars anstelle von Steffen Hofmann zu werten. Nicht weil der Rapid-Kapitän dies verdient, oder Alar einen maßgeblichen Anteil am Rapid-Erfolg gehabt hätte, sondern weil er stattdessen den bemühten, aber insgesamt eher unauffälligen Beric auf dem Platz beließ. Dessen Killerinstinkt sorgte schließlich für den Last-Minute-Sieg der Grün-Weißen.
Verkehrte Welt in Rapids Passstatistiken
Apropos Beric: In der Luft war der Slowene erwartungsgemäß unterlegen, allerdings bestritt er 30 Zweikämpfe und zog zahlreiche Fouls. In der Ballweiterverarbeitung ist er gewiss einer der besten Stürmer der Liga, auch wenn man bei ihm das „Brechergen“ immer wieder vermisst. Eine kuriose Situation stellt jedoch dar, dass die Solospitze am gestrigen Nachmittag von allen Rapid-Spielern die beste Passquote aufwies. Beric spielte ausschließlich kurze Pässe und brachte 80% seiner Zuspiele an den Mann. In einem „normalen“ Fußballspiel ist der Angreifer für gewöhnlich derjenige, der eine der niedrigsten Passquoten aufweist. Die besten Quoten sind zumeist den Innenverteidigern oder auch Sechsern vorbehalten, zumal diese auf höhere Sicherheit in ihrem Passspiel bedacht sind und häufig quer spielen. Nicht so bei Rapids Sensationserfolg in Salzburg: Mario Sonnleitner brachte schlappe 42,1% seiner Bälle an den Mann, Maximilian Hofmann 53,3% und Srdjan Grahovac 51,9%. Man muss nicht unbedingt die Archive bemühen um sagen zu können, dass diese Spieler wohl noch nie zuvor solch schlechte Passwerte fabrizierten.
Spiel der Tugenden
Die Ursachen dafür liegen im vorhin beschriebenen hastigen „Aufbauspiel“ Rapids, das von langen Bällen geprägt war, um Salzburgs Gegenpressing zu entgehen. Die Partie entwickelte sich nicht mal zu einem offenen Schlagabtausch – sie war von Anfang an einer. Im Vordergrund standen Kampf, Disziplin und vor allem Konzentration und Einsatzwille. Letztere zwei Aspekte entschieden das Spiel schlussendlich.
Zwei Konzentrationsfehler und eine Willensleistung
Eine Unkonzentriertheit von Christoph Leitgeb, der als alleiniger Sechser in Unterzahl eine schwierige Partie durchlebte, brachte Robert Beric vor dem 1:0 in Position. Einer der wenigen guten Lochpässe der Salzburger riss Mario Sonnleitner aus seinem Denkmuster. Bis dahin musste sich der Abwehrchef Rapids eher auf statisches Positionsspiel konzentrieren und wenig „hinter der Kette“ arbeiten. Das gut gestaffelte defensive Mittelfeld nahm ihm einiges an Arbeit ab. Im gesamten Spiel bestritt Sonnleitner nur sieben Zweikämpfe (Ilsanker bestritt 22). Der Siegtreffer in letzter Minute ist als außergewöhnliche Willensleistung zu werten, zumal der bereits mehrmals platt wirkende Florian Kainz in der letzten Aktion des Spiels den frischen, gerade eingewechselten Peter Ankersen vernaschte und ideal für Beric auflegte.
Würdiger Abschluss der Herbstsaison
Rapid gewann eine spektakuläre, kurzweilige und von großer Leidenschaft getragene Partie vor allem als willigere, konzentriertere und cleverere Mannschaft. Salzburg wurde durch den frühen Ausschluss gebremst und reagierte vor allem in der ersten Halbzeit falsch auf die intensive Zweikampfführung Rapids. In der Schlussphase stand das Spiel auf Messers Schneide und lieferte dem Zuseher eine gehörige Portion Spannung. Der Sieg Rapids geht am Ende jedoch in Ordnung und die Bundesliga-Herbstsaison 2014 fand in Wals-Siezenheim einen mehr als würdigen Abschluss.
Daniel Mandl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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