Patrick Pentz, Heinz Lindner, Daniel Bachmann, Alexander Schlager, Pavao Pervan, Jörg Siebenhandl, Cican Stankovic und Richard Strebinger haben etwas gemeinsam – sie alle durften... Niklas Hedl: Nächster Stopp ÖFB?

Patrick Pentz, Heinz Lindner, Daniel Bachmann, Alexander Schlager, Pavao Pervan, Jörg Siebenhandl, Cican Stankovic und Richard Strebinger haben etwas gemeinsam – sie alle durften in den letzten fünf Jahren das Tor der österreichischen Nationalmannschaft hüten. Eine weitere Gemeinsamkeit: Keiner von ihnen konnte vollends überzeugen.

Keine klare Nummer 1 im ÖFB

Friedl Koncilia, Michael Konsel und Franz Wohlfahrt, sie alle erinnern an die goldenen Zeiten im ÖFB Tor. Sie alle waren unumstritten, Konsel und Wohlfahrt sogar zwei der besten Torhüter in der Serie A bei der Roma und der Bundesliga beim VfB Stuttgart. Auch Alexander Manninger, der unter anderem bei Arsenal und Juventus Turin unter Vertrag stand und lange Zeit als eines der größten Torwarttalente Österreichs galt, sowie Robert Almer, der seine beste Zeit bei Austria Wien verbrachte, galten als sichere Goalies im 1er-Dress des ÖFB.

Nach dem verletzungsbedingten Karriereende von Robert Almer entstand im ÖFB ein Vakuum auf der Torhüterposition, das weder Pentz, Lindner, Bachmann, Schlager, Pervan, Siebenhandl, Stankovic oder Strebinger für sich zu nutzen wussten. Dies zeigen insbesondere auch die beiden letzten Jahre. Stand bei der EM 2020 noch Daniel Bachmann im Tor, wechseln sich derzeit Patrick Pentz und Heinz Lindner ab. Sie alle konnten die Experten aber nicht restlos überzeugen.

Während Lindner mit dem FC Sion in der Schweizer Super League auf Platz 4 liegt und gute Noten für seine ersten Auftritte im Dress seines neuen Klubs erhielt, musste Pentz in den ersten beiden Spielen der Ligue 1 bei seinem neuen Arbeitgeber Stade Reims bereits acht Gegentore in zwei Spielen hinnehmen. Der Klub rangiert derzeit auf dem letzten Platz in Frankreichs Top-Liga.

Kometenhafter Aufstieg von der Nummer 3 zur Nummer 1 in der abgelaufenen Saison

Nachdem Richard Strebinger die Saison 2021/22 als Nummer Eins der Grün-Weißen begonnen hatte, war Paul Gartler mit August aufgrund von Strebingers langwieriger Schulterverletzung zum Schlussmann der Hütteldorfer avanciert, wusste durchaus zu überzeugen und kam schlussendlich auf 17 Ligaspiele für Rapid in der abgelaufenen Saison. Erst die Verletzung von Gartler und der kurz vor Gartlers Verletzung abgewickelte Transfer von Strebinger zu Legia Warschau sorgten dafür, dass Niklas Hedl, der als Nummer Drei des SK Rapid in die Saison gestartet war, sein Bundesligadebüt feiern durfte. Bis zu seinem Aussetzer in der Partie gegen Austria Klagenfurt, in der Hedl wegen einer Tätlichkeit mit Rot vom Platz flog, absolvierte er zehn Spiele für Rapid. Für die restlichen Spiele der angelaufenen Frühjahrssaison stand dann wieder Gartler zwischen den Pfosten.

Hedls Leistungen waren teils überragend, brachten die gegnerischen Stürmer zur Verzweiflung und das große Talent, das Hedl nachgesagt wurde, schien sich zu bewahrheiten. Durch den Aussetzer Hedls hatte Gartler am Ende der Saison aber wieder die Nase vorn.

Starke Leistungen als Nummer 1 von Rapid in der aktuellen Saison

Die Bestellung von Niklas Hedl zur neuen Nummer Eins von Rapid Anfang dieser Saison war trotz der tollen Leistungen des Keepers selbst im Lager des SK Rapid nicht ganz unumstritten. Viele hatten sich Paul Gartler als Nummer Eins gewünscht. Auf Grund der besseren Vorbereitung haben sich Coach Ferdinand Feldhofer und Tormanntrainer Jürgen Macho für Hedl entschieden und sie sollten recht behalten.

Sowohl in der Liga als auch in der Qualifikation zur UEFA Europa Conference League bedankte sich Hedl mit starken Leistungen für das Vertrauen seines Trainers und hat großen Anteil am insgesamt gelungenen Saisonstart des SK Rapid. In der Liga belegten die Hütteldorfer nach drei Spieltagen den zweiten Tabellenplatz. Nach der Niederlage in Runde vier gegen den LASK, bei der Rapid aufgrund des kräftezehrenden Sieges gegen Baku in der Verlängerung unter der Woche, zahlreiche Spieler schonen musste, belegen die Hütteldorfer nach nun vier Runden mit zwei Siegen, einem Unentschieden und einer Niederlage den fünften Rang. Mit dem FC Vaduz wartet ein machbarer Gegner im Playoff der Qualifikation zur Conference League. Die Liechtensteiner haben einen klassischen Fehlstart in der zweiten Schweizer Liga hingelegt und warten nach fünf Runden noch immer auf den ersten Sieg. Der Einzug in die Gruppenphase der Conference League ist zum Greifen nahe.

Insbesondere in der Conference League glänzte Hedl gegen Gdansk und Baku mit hervorragenden Paraden und leistete einen großen Anteil am Aufstieg seiner Mannschaft. In der Liga agiert Hedl unaufgeregt und solide und zählt mit 21 Jahren bereits zu den Stützen der Mannschaft.

Viele Stärken, kaum Schwächen und viel Potenzial

Verglichen zur Vorsaison ist Hedl gereift, er ist unaufgeregt, bodenständig, zeigt keine Nerven und kann mit Druck im Tor des Rekordmeisters gut umgehen. Zu seinen Stärken zählen neben seiner Größe, dass er überdurchschnittliche viele Bälle sicher fängt und nicht abklatschen lässt. Der Keeper ist stets schnell am Boden und verfügt, wie insbesondere im Spiel gegen Gdansk zu sehen, über gute Reflexe. Auch im Aufbauspiel weiß Hedl zu überzeugen. Eine Fähigkeit, die besonders im modernen Fußballspiel, bei dem der Spielaufbau bereits beim Torhüter beginnt, essentiell ist.

Kleinere Schwächen bestehen beim Flankenspiel. Hier wirkt der 21-jährige in seltenen Fällen zu überhastet bzw. zu unentschlossen, was bei einem jungen Torhüter aber wenig überrascht.

Unbestritten ist das Potenzial, das Hedl aufweist. Erst ein kometenhafter Aufstieg in der abgelaufenen Saison, in der aktuellen Saison folgte ein weiterer Schritt. Der Keeper zählt bereits zu den Leistungsträgern und Stützen der Mannschaft. Lediglich beim 2:0 gegen Baku, bei dem Patrick Greil dem Ball aber viel zu langsam entgegengeht, und beim 0:1 gegen den LASK, bei dem Leopold Querfeld zu unentschlossen agiert, könnte man Hedl eine kleine Mitschuld zusprechen, ansonsten hat er sein Team in der laufenden Saison vor zahlreichen Gegentoren bewahrt.

Ein weiterer Faktor für eine weitere positive Entwicklung ist Rapids Tormanntrainer Jürgen Macho. Der ehemalige Chelsea, Sunderland, Rapid, Kaiserslautern sowie Ex-ÖFB-Keeper verfügt über enorme Erfahrung und hat bewiesen junge Torhüter gut entwickeln zu können.

Hedl, der zwölf Spiele für Österreichs U21 absolviert hat, verfügt zudem bereits über Nationalmannschaftserfahrung.

Rangnicks Faible für die Jugend

Ralf Rangnick hat insbesondere in seiner Zeit bei Hoffenheim, Salzburg und Leipzig bewiesen, dass er gerne mit jungen talentierten Spielern arbeitet und diese fördert. Hedl erfüllt das Anforderungsprofil von Rangnick zur Gänze und wenn er seine Leistung konservieren kann, ist es nur eine Frage der Zeit, bis Rangnick ihn das erste Mal einberuft, denn Hedl hat klare Vorteile gegenüber den beiden derzeit in Rotation unter Rangnick agierenden Pentz und Lindner. Gegenüber Pentz sind es seine starke Leistungen, gegenüber Lindner das Alter. Der Ex-Austrianer Lindner ist bereits 32 Jahre alt.

Top-Leistungen von Niklas Held und sein junges Alter sprechen eine eindeutige Sprache. Wenn der 21-Jährige seine Leistungen bestätigen kann, führt an ihm in Zukunft kein Weg mehr vorbei. Auch weil Österreich seit geraumer Zeit nicht gerade mit einer Vielzahl von Klassetorhütern gesegnet ist und dies ohnehin eine ewige Baustelle im ÖFB-Team ist…

Patrick Stummer, abseits.at

Patrick Stummer