Nach einer erfolgreichen Saison steht bei Rapid meistens ein personeller Aderlass bevor – so auch vor der Saison 2008/2009. Unter anderem verließen Mario Bazina... Pacult, eine grün-weiße Ära: Endstation Famagusta und „Maierhoffer“ – Teil 3

Nach einer erfolgreichen Saison steht bei Rapid meistens ein personeller Aderlass bevor – so auch vor der Saison 2008/2009. Unter anderem verließen Mario Bazina und Ümit Korkmaz den Verein, zudem fiel Helge Payer lange aufgrund einer schweren Krankheit aus – Rapid musste also am Transfermarkt tätig werden. Die Ersatzspieler hießen Georg Koch, Marcel Ketelaer und Nikica Jelavic, also durchwegs ablösefreie bzw. nur ausgeliehene Spieler. Dieser Umstand stieß Pacult etwas sauer auf, er hätte gerne zumindest einen Teil der Korkmaz – Millionen wieder reinvestiert. Immerhin konnten zwei Schlüsselspieler aus dem Meisterjahr weiterverpflichtet werden: Stefan Maierhofer und Branko Boskovic.

Die Saison begann ganz anders, als die vorherige geendet hatte. Im Auftaktspiel verlor Rapid bei Sturm Graz verdient mit 3:1. Hier wurde schon klar, dass ein wirklicher Korkmaz Ersatz nicht gefunden werden konnte und auch Georg Koch machte in diesem Spiel eine unglückliche Figur. Im weiteren Verlauf der Meisterschaft konnte sich Rapid allerdings extrem steigern und viele fragten sich, wie man sich im ersten Saisonspiel so schlecht präsentieren konnte. Einem Remis gegen Red Bull Salzburg folgten sechs Siege in Folge, in denen vor allem die Offensive glänzen konnte. Die Hütteldorfer konnten in den ersten acht Spielen ganze 23 Tore erzielen, somit konnten einige defensive Schwächen kaschiert werden.

KEIN ZWEITES CHAMPIONS-LEAGUE-WUNDER

Genau inmitten der starken Phase in der Meisterschaft fielen die ersten – und letzten – internationalen Spiele der Saison für Rapid. In der Champions League Qualifikation musste man gegen den zypriotischen Meister Anorthosis Famagusta antreten – ein Verein, der heute noch grausame Assoziationen bei den Anhängern des Rekordmeisters hervorruft. Mit großen Erwartungen war man in diese Qualifikationen gestartet, natürlich noch das Wunder von vor drei Jahren im Kopf, wo Rapid sensationell die Gruppenphase der Champions League erreichen konnte. Doch diesmal war der Traum schon sehr früh ausgeträumt.

Nach der Auslosung war man noch frohen Mutes, immerhin war damals der Fußball in Zypern weder erfolgreich noch besonders furchteinflößend für seine Gegner. Auf Aussagen vom Präsidenten von Famagusta, der die Champions League als Ziel ausgegeben hat, reagierten die grün-weißen Anhänger mit Gelächter, am Ende lachten aber nur die Zyprioten. Eine blamable, enttäuschende und verdiente 0:3 Niederlage aus dem Hinspiel konnte trotz einer entfesselnden Rapid und einer Stimmung beim Rückspiel, die das Hanappi Stadion noch nicht oft erlebt hat, nicht mehr wettgemacht werden – der 3:1-Sieg reichte nicht aus. Bitter, dass man mit dem Gefühl aus dem Stadion ging, dass eigentlich auch sechs oder sieben Tore drin waren…

Für dieses Ausscheiden wurde Peter Pacult nicht wirklich kritisiert. Natürlich, die Kritikpunkte des Vorjahres blieben bestehen (z.B. Umgang mit den Medien/Spieler) allerdings waren beim Hinspiel eher die Spieler in der Schusslinie. Zudem fehlte mit Branko Boskovic ein Spieler, der zu dieser Zeit ein essentieller Bestandteil der Mannschaft war und nicht ersetzt werden konnte. Für das Rückspiel hat es „PP“ geschafft, die Mannschaft richtig einzustellen und womöglich hätte diese den Aufstieg ohne den schweren Patzer von Georg Koch beim 0:1 sogar noch geschafft. Die Mannschaft hat aber gezeigt, dass sie eine tolle Moral besitzt und auch bei einer schier aussichtslosen Situation den Kopf nicht hängen lässt und weiter bis zum Schluss kämpft. Eine Eigenschaft, die man bei Vorgänger Georg Zellhofer desöfteren vergeblich gesucht hat.

TORFABRIK RAPID

Nach diesem bitteren Ausscheiden konnte sich Rapid also voll und ganz auf die heimischen Wettbewerbe konzentrieren. Und dort präsentierte sich die Mannschaft weiterhin offensiv und spielfreudig. Bis zur Winterpause konnten 40 Punkte eingefahren werden (sieben mehr als im Vorjahr). Dennoch betrug der Rückstand auf Tabellenführer Red Bull Salzburg vier Punkte – einige Spiele, die man hätte gewinnen müssen wurden noch aus der Hand gegeben. So zum Beispiel beim Auswärtsspiel in Kärnten –drei Tore reichten nicht für einen Sieg, die Defensive sah ein ums andere Mal nicht gut aus. Speziell die Außenverteidigerpositionen wurden heftig kritisiert – Markus Katzer fiel mal wieder für längere Zeit aus und somit bekam der junge Stephan Palla die Chance sich zu beweisen – und wurde schon nach 38 Minuten ausgewechselt.

Aber auch die Offensive war gegen stärkere Gegner oft nicht stark genug – zwar erzielte Rapid rund um das Sturmduo „Maierhoffer“ in 22 Spielen 55 Tore, davon aber 30 (!) alleine gegen den LASK und Altach. Gegen die besseren Defensivreihen der Liga wirkte Rapid immer wieder ideenlos und zu statisch, vor allem wenn Hofmann und/oder Boskovic einen schlechten Tag erwischten. Dafür wurde ein neues Talent entdeckt, welches in dieser Zeit für Furore sorgte: Christopher Drazan. Da Veli Kavlak Formschwankungen und Verletzungen zu verkraften hatte und Marcel Ketelaer sich als Transferflop herausstellte, bekam der junge Flügelflitzer ein ums andere Mal die Chance und konnte diese auch Nützen. Speziell seine Flanken waren berüchtigt und fanden mit Stefan Maierhofer in der Mitte auch den idealen Abnehmer.

HEDL ODER LUKSE?

Neben einigen fragwürdigen Aufstellungen (Kavlak im Sturm oder Hiden im Mittelfeld) wurde Pacult vor allem wegen einer Entscheidung kritisiert: Nachdem Georg Koch im Derby gegen die Wiener Austria durch einen Böller verletzt wurde und seine Karriere beenden musste, entschied sich Pacult zunächst für den routinierten Raimund Hedl und gegen den jungen Andreas Lukse als Ersatz. Held hielt souverän und hatte sich nichts zu Schulden kommen lassen. Dennoch wechselte Pacult zum Cup-Spiel in Ried wie aus heiteren Himmel den Torhüter und stellte Lukse ins Tor – das Spiel wurde 3:2 verloren, Rapid schied mal wieder früh aus dem Cup aus. Pacult vertraute weiterhin auf den jungen Torhüter und erntete mit dieser Entscheidung heftige Kritik, nachdem Lukse in einigen Situationen keine glückliche Figur machte und Gegentreffer verschuldete.

Eine zu diesem Zeitpunkt völlig irrationale Personalentscheidung, zumal Hedl fehlerfrei hielt und trotzdem raus musste. Auch Hedl selbst verstand die Welt nicht mehr, suchte die Aussprache mit dem Trainer, der ihn aber regelmäßig abblitzen ließ. Pacult hätte „keine Zeit“, um mit Hedl über seine Situation zu sprechen…

NEUENTDECKUNG YASIN PEHLIVAN

In der Winterpause war es bei Rapid transfertechnisch sehr ruhig, lediglich Yasin Pehlivan und Tanju Kayhan wurden von den eigenen Amateuren in den Profikader hochgezogen. Und da Helge Payer sich von seiner schweren Erkrankung erholen konnte, war die Torhüterfrage wieder geklärt. Zudem wurde der Vertrag von Peter Pacult verlängert – wieder um ein Jahr bis Juni 2010.

Das erste Spiel im Frühjahr mussten die Hütteldorfer in Salzburg bestreiten, wo etwas überraschend Pacult gleich beide jungen Spieler, Pehlivan und Kayhan von Anfang an aufs Feld schickte. Hier bewies Pacult sicherlich Mut zum Risiko, immerhin gibt es angenehmere Debütspiele für junge, unerfahrene Spieler als in der Bullen-Arena. Aber „PP“ behielt Recht und beide Spieler boten trotz der 2:1-Niederlage ansprechende Leistungen. Pehlivan wurde prompt zum Stammspieler und auch Kayhan hätte das schaffen können, wenn er sich nicht schnell verletzt hätte. Für Pehlivan stellte Pacult sogar sein System um: Boskovic musste auf den linken Flügel ausweichen – eine Änderung, die Pacult für Veli Kavlak, der Zeit seiner Rapid-Karriere stets zentral spielen wollte, nie vollzog. Bei einem Rapid-Stammtisch im „Stag’s Head“ gegenüber des Hanappi-Stadions erklärte Pacult Jahre später, dass Kavlak die Position im zentralen Mittelfeld seiner Meinung nach läuferisch nicht aushalten würde.

VIZEMEISTER DAS HÖCHSTE DER GEFÜHLE

Auch im Frühjahr präsentierte sich Rapid ähnlich torfreudig und konnte in 14 Spielen 34 Tore erzielen (davon zehn gegen Kapfenberg). Für die Titelverteidigung reichte es aber nicht, Salzburg ließ sich den Siebenpunkte-Vorsprung nach dem Frühjahrsauftakt nicht mehr nehmen und Niederlagen gegen Ried und Mattersburg in den Runden 34 und 35 zerstörten die letzten Hoffnungen auf den Meistertitel Nummer 33. Am Ende fehlten mit 70 Punkten vier Zähler auf Platz Eins, man konnte aber einen Punkt mehr als in der Meistersaison einfahren.

Aber wieso hat es Rapid nicht geschafft, den Titel erfolgreich zu verteidigen? Natürlich könnte man als Grund angeben, dass Salzburg diese Saison einfach zu stark war, aber so einfach ist es nicht. Rapid verlor im Frühjahr zu Hause gegen Sturm (über eine Halbzeit mit einem Mann mehr) und Mattersburg, das sind nur zwei von einigen völlig unnötigen Punktverlusten die dazu beitrugen, dass der Titel nach Wals-Siezenheim ging.

Der rasante Aufstieg von Yasin Pehlivan brachte nicht nur Vorteile mit sich. Dadurch, dass dieser neben Heikkinen im zentralen defensiven Mittelfeld gesetzt war, musste Boskovic auf den linken Flügel ausweichen, und war ein „ideales“ Pendant zu Steffen Hofmann auf der rechten Seite. Auch Boskovic blieb nicht immer auf seiner Seite sondern war oft in der Mitte zu finden, und irgendwann standen sich dann die Spieler dort gegenseitig im Weg. Zudem machte dieses System die Aufgabe für die Außenverteidiger nicht gerade leichter, die oft die komplette Außenbahn alleine zu beackern hatten.

Insgesamt fehlte es wieder mal an einem „Plan B“. Pacult ließ im Frühjahr ausschließlich mit einem 4-4-2 Spielen, meistens mit Pehlivan und Heikkinen in der Zentrale. Rotation war kaum vorhanden: Veli Kavlak wurde meistens nur eingewechselt, genauso wie Stürmer Nikica Jelavic, der trotz sehr guten Ansätzen fast nie die Chance bekam, sich einmal von Beginn weg zu beweisen. Somit hatte Rapid auch in dieser Saison das Problem, dass die Ersatzspieler zu wenig Spielpraxis bekamen und dementsprechend über geringes Selbstbewusstsein und mangelnde Matchfitness verfügten.

Im vierten Teil erfahrt ihr alles über den umstrittenen Rausschmiss von Co-Trainer Barisic und Tormanntrainer Zajicek sowie über das „Wunder von Birmingham“

Kristof Kovacs, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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