Philipp Zulechners Transfer zum SC Freiburg (2) – Eine Analyse ausgewählter Spielszenen
BundesligaDeutschland 25.Januar.2014 Rene Maric 0
Philipp Zulechner ist einer der zurzeit heißesten Aktien am heimischen Fußballermarkt. In der österreichischen Liga konnte der Grödig-Stürmer bislang in nur 1274 Minuten unglaubliche 17 Scorerpunkte erzielen; davon 15 Tore. Somit trifft Zulechner alle 85 Minuten. Nun soll der österreichische Mittelstürmer nach Deutschland wechseln.
Schon viele Fußballer – und insbesondere Stürmer – aus der heimischen Liga gingen mit starken Torquoten ins Ausland und konnten sich dort letztlich auf höherem Niveau kaum konstant durchsetzen. Spieler wie Marc Janko, Erwin Hoffer und Stefan Maierhofer (oder Edi Glieder aus früherer Zeit) hatten allesamt schon ähnliche Torquoten wie Zulechner über eine Saison. Sie alle konnten diese Statistiken über längere Zeit in anderen Ligen nicht einmal annährend aufrechterhalten.
Ob dies bei Zulechner auch so sein wird? Möglich ist es. Allerdings sollte man bedenken, dass Zulechner keineswegs nur ein klassischer Stürmer und effektiver Schütze ist.
Im zweiten Teil analysieren wir einige seiner Spielszenen. Hier werden einzelne Aspekte von Zulechners Spielweise näher ausgeführt, um seine Spielweise, seinen Spielercharakter und seine Bewegung auf dem Platz kennenlernen zu können. Dazu wollen wir mit einer prototypischen Bewegung Zulechners anfangen. Er weicht nämlich sehr gerne und oft als Mittelstürmer auf eine Seite aus.
In dieser Szene bewegt sich Zulechner zum Beispiel auf den linken Flügel und findet dort den offenen Raum. Immer wieder lässt er sich zur Seitenlinie fallen, bietet seiner Mannschaft eine Anspielstation und kann den Ball behaupten oder den Angriff vorantreiben. Diese Szene zeigt aber auch ein paar seiner Probleme: Seine Entscheidungsfindung, insbesondere aus strategischer Sicht, ist nicht immer optimal. Bisweilen ist er etwas ungeduldig.
Ein Beispiel für sein Gefühl bei Drehungen, in Räumen und für Dynamiken zeigt sich in folgendem Videoausschnitt. Zulechner positioniert sich sehr gut in der Schnittstelle und erhält dort den Pass. Er erkennt, dass sein Gegenspieler nicht unmittelbaren Zugriff auf den Ball hat und dass er bei einer Nichtberührung des Balles einen offenen Raum attackieren kann. Nachdem er den Ball durchlaufen lässt, zieht er sofort zum Tor und versucht seinen Körper zwischen Ball und Gegner zu stellen. Leider bleibt der Ball in einer Pfütze hängen und zerstört die Möglichkeit auf eine Fortführung des Angriffs.
Noch ein Beispiel für eine gute Drehung und dynamische Bewegung mit schnellem Umschalten im Kopf sehen wir hier. Zulechner kann den schwachen Kopfball des Gegners ablaufen, verarbeitet ihn und bewegt sich entgegengesetzt zu seinem Gegenspieler. Dadurch kann er sich mit seiner Drehung freispielen und abschließen; auch wenn der Abschluss abermals aus strategischer Sicht nicht aus einer idealen Situation heraus gewählt wurde.
Eine relativ spektakuläre Szene gibt es bei folgendem Video. Mit einem guten Dribbling und hoher Dynamik setzt sich Zulechner in einer engen Situation durch. Dabei zeigt er individualtaktische Fertigkeiten in seiner Ballmitnahme und seiner Koordination, gleichzeitig beweist er auch gruppentaktische Aufmerksamkeit. Er versucht keinen unmöglichen Pass auf den kreuzenden Mitspieler, sondern dreht richtig in die gegenüberliegende und vom kreuzenden Spieler etwas geöffnete Seite ab. Darauf folgt dann ein eiskalter Abschluss.
Seine Fähigkeiten im Kombinationsspiel kann man in der nächsten Sequenz beobachten. Wieder einmal dreht er sich sehr gut und kann schnell Dynamik aufnehmen. Daraufhin nutzt er einen hohen Pass, um seinen Mitspieler anspielen zu können. Danach sprintet er nach vorne und erhält wieder einen Ball. Seine relative strategische Schwäche in der Entscheidungsfindung kann man dann beim Pass abermals sehen.
Nun folgt ein relativ kurzer Ausschnitt, der aber Zulechners Spielweise in gewisser Weise symbolisch zeigt. Ein kurzes, intensives Rückwärtspressing führt zu einem Ballgewinn. Nach dem Ballgewinn reagiert er koordinativ gut auf einen eigenen technischen Mangel und spielt dann sofort einen sehr guten Pass nach vorne. Er will mit diesem Vertikalpass sofort das Spiel schnell machen und setzt selbst wieder nach.
Eine ebenfalls interessante und gleichzeitig unscheinbare Situation kann man in dieser Szene gegen Wiener Neustadt beobachten. An sich eine Szene ohne größerer taktischer Bedeutung. Allerdings lässt sich Zulechner sehr intelligent und dynamisch in den Zwischenlinienraum zurückfallen, um kurz prallen zu lassen. Macht er dies auch auf höherem Niveau und bei schnellerer Dynamik, kann er dieses unscheinbare taktische Mittel überaus nützlich für das Offensivspiel seiner Mannschaft einbringen.
Das zweite Tor gegen die SV Ried zeigt ebenfalls spezielle Stärken Zulechners. Er antizipiert den Lauf seines Mitspielers im Mittelfeld und die gegnerischen Reaktionen darauf hervorragend. Zuerst zieht er in die Mitte, danach dreht er jedoch ab und geht auf die linke Außenbahn. Dabei öffnet er seinem Mitspieler etwas Raum in der Mitte. Bei seiner ausweichenden Bewegung auf links bewegt sich Zulechner aber so, dass er später noch anspielbar ist, allerdings nicht zu nahe an der Mitte steht. Ein schöner Pass wird von einem guten Abschluss – dieses Mal mit links – komplettiert.
Zu guter Letzt gibt es noch einen Spielzusammenschnitt von seiner Leistung gegen Rapid, um Zulechner auch mit etwas mehr Kontext und über eine größere Fülle an Aktionen sehen zu können.
Fazit
Wie in den beiden Artikeln erläutert und implizit dargestellt, reicht es vom reinen Talent für Zulechner wohl nicht für ganz oben. Jedoch hat Zulechner gewisse Fähigkeiten, die im Fußball und besonders im deutschen Fußball extrem hilfreich sein können und ihn von vorherigen österreichischen Stürmerlegionären unterscheiden. Seine Wille, seine Bissigkeit, seine Flexibilität und sein Einsatz geben ihm eine moderne Komponente, die seine Vorgänger nur vereinzelt besaßen.
Das Experiment Zulechner und Freiburg scheint darum hochinteressant zu sein, was wir auch am Ende des ersten Artikels diskutierten. Der Sportclub passt mit seiner Art und seiner Spielweise wohl ideal zu Zulechner. Man könnte fast sagen, dass Zulechner zum deutschen, spielerisch versierteren Pendant Grödigs wechselt. Eigentlich ideale Voraussetzungen. Es gilt sie zu nutzen.
René Maric, www.abseits.at
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