Glanzlos und glücklich pirschte sich Rapid in den letzten beiden Runden an die oberen Gefilde der Tabelle heran. Sieben Punkte aus vier Spielen –... Pragmatismus bei Rapid en vogue – aber die Intensität muss höher werden!

Glanzlos und glücklich pirschte sich Rapid in den letzten beiden Runden an die oberen Gefilde der Tabelle heran. Sieben Punkte aus vier Spielen – speziell, wenn es bereits gegen Salzburg ging – sind in Ordnung, aber immer wird es auf die zuletzt gezeigte Art und Weise nicht gut gehen. Die Intensität muss noch höher werden!

Gegen Altach und Sturm präsentierte sich Rapid pragmatisch. Gerade gegen Sturm war man außerordentlich geduldig, lullte die Grazer ein und machte sie damit so schwach, dass sie in der ersten Halbzeit keinen einzigen Torabschluss verzeichneten. Ankreiden muss man den Hütteldorfern, dass sie den Sack nicht zumachten und es so gegen Ende doch noch ein bisschen eng wurde, etwa bei einem guten Kopfball von Bekim Balaj.

Glücklicher Sieg mit einigen Schlampigkeiten

Rapid war die abgebrühtere Mannschaft und wenn man in Graz auf diese Art und Weise gewinnen kann, dann nimmt man das natürlich gerne mit. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass der 1:0-Sieg eher durch die Unfähigkeit des Gegners und auch ein bisschen Glück bei Schwabs Goldtor zustande kam. Rapid lieferte keineswegs eine kämpferisch durchgängig starke Leistung ab, hatte Leerläufe und die obligatorischen Schlampigkeitspässe und Verspieltheiten vor dem eigenen Sechzehner dabei. Vom Pressing ganz zu schweigen, denn das war einmal mehr alles andere als mannschaftlich geschlossen.

Der Teufel liegt im Detail

Wenn man gewinnt, kann man sich immer gut auf die drei Punkte „ausreden“. Und klar: Nichts Anderes zählt im Fußball. Dennoch sollten auch ein wenig die Alarmglocken schrillen, denn immer wird diese passive Art Fußball zu spielen nicht gut gehen und der Teufel liegt im Detail. Weiterhin ist eindeutig sichtbar, dass die Rapid-Elf spielerisch noch nicht zusammengefunden hat. Eine Ausnahme war die Anfangsphase im Heimspiel gegen Altach, in der Rapid läuferisch viel leistete und auch spielerische Akzente setzte.

Mangel an Flügelüberladungen: Zu einfach zu verteidigen

In Graz war man hingegen stark von individuellen Aktionen abhängig. Schwabs Stärke bei Offensivstandards besorgte den Sieg, Strebinger hielt hinten die Null, Schobesbergers Solo hätte beinahe die frühzeitige Entscheidung herbeigeführt. Gruppentaktisch war Rapid aber weiterhin leicht durchschaubar und unkompliziert zu verteidigen. Die Hütteldorfer schaffen kaum Flügelüberladungen, wie schon St.Pölten und Altach konnte Sturm durch das konsequente Zustellen des Zentrums die Räume so eng machen, dass Rapid das Spiel in die Tiefe massiv erschwert wurde.

Pressing nicht systematisch genug

Das unverändert größte Problem im Rapid-Spiel ist ebenfalls gruppentaktischer Natur, liegt aber speziell im Spiel ohne Ball. Rapid hat noch immer kein mannschaftlich geschlossenes, energisches Pressing etabliert. Das Auswärtsspiel gegen Sturm war ein Musterbeispiel dafür, wie man einen Gegner durch das gezielte Verengen der Räume und konsequentes Anlaufen auseinandernehmen könnte. Mit Fountas und Schobesberger waren zwei äußerst schnelle Umschaltspieler aufgestellt und hätte Rapid den SK Sturm im zweiten Drittel zu noch mehr Fehlern gezwungen, hätten sich zwangsläufig die Räume für Konter ergeben.

Bessere Staffelung hätte Rapid durchwegs gefährlicher gemacht

Sturm brachte es für ein Heimspiel auf eine schwache mannschaftliche Passquote. In der gegnerischen Hälfte kamen nicht mal 60% der Bälle an. Sehr viel verlief quer bzw. ebenfalls auf individuelle Aktionen aufgebaut und durch Leitgebs offensive Durchschnittsposition war der zwar ballsichere, aber langsame Dominguez die einzige absichernde Instanz – teilweise unterstützt vom lästigen, aber auch häufig foulenden Kiteishvili. Aber anstatt Sturm systematisch in ein intensiveres Mittelfeldpressing zu verwickeln, blieben die Abstände zwischen den ersten Pressinginstanzen und der Doppelacht bei Rapid zu groß und vor allem die offensiveren Pressingakteure blieben sehr passiv und schoben nur in der Breite mit den aufbauenden Sturm-Spielern mit, anstatt eine gute Staffelung herzustellen und den Gegner auch zu attackieren.

Pressen, Kontern, Konsequenz

Sturm wäre gerade beim Stand von 1:0 für das Auswärtsteam Rapid der ideale Gegner zum „Locken“ gewesen. Rapid war gegen den Ball aber äußerst ballorientiert und vernachlässigte die Laufarbeit in offeneren Zonen, über die man Sturm auskontern hätte können. Sehr vieles war von einzelnen Zweikämpfen abhängig, anstatt auch gegen den Ball ganze Zonen massiver zu überladen und schließlich auch schnell gemeinsam umzuschalten. Dass das Pressing weiterhin nicht mal ansatzweise wie eine Choreografie aussieht, lässt erahnen, dass diesbezüglich noch viel zu wenig im Detail gearbeitet wird. Eine detailverliebte Mannschaft (bzw. Trainer) hätte gegen eine physisch unterdurchschnittliche und zugleich blutleer agierende Mannschaft wie Sturm mehr System ins Spiel gegen den Ball gebracht und den Gegner damit höchstwahrscheinlich richtig heftig ausgekontert. Und zwar nicht situativ während des Spiels, sondern als eindeutig sichtbaren Matchplan.

Dreier mitnehmen und gegen den rotierenden LASK nachlegen

Aber sei’s drum: Rapid ist weiterhin in keiner einfacher Situation und ein Dreier in Graz ist natürlich Gold wert. Für das ganze Team und sicher auch persönlich für Stefan Schwab, dessen Siegtor bestimmt Balsam auf seine Wunden ist, nachdem er zuletzt immer wieder öffentlich scharf kritisiert wurde. Vor allem zum momentanen Zeitpunkt, denn am kommenden Samstag ist der LASK zu Gast in Hütteldorf und für die Linzer kommt das Rapid-Auswärtsspiel genau zwischen den beiden wohl wichtigsten Spielen der Vereinsgeschichte. Gegen Club Brügge hat die Ismael-Elf die „Jahrhundertchance“ auf eine Champions-League-Teilnahme und der neue Coach des LASK wird gegen Rapid mit hoher Wahrscheinlichkeit – wie schon beim 1:1 zu Hause gegen die WSG Swarovski Tirol – rotieren.

Höhere Intensität gegen hungrige Reservisten

Rapid bekommt es somit wohl nicht mit dem bestmöglichen LASK zu tun und muss diese Chance nutzen, um punktetechnisch mit den Oberösterreichern gleichzuziehen. Allerdings werden die LASK-Reservisten sich voll ins Zeug hauen, um näher an die erste Elf heranzukommen. Rapid könnte auch zu Hause gegen den Tabellenzweiten abwartend und etwas defensiver spielen, allerdings muss die Intensität im Vergleich zum Sturm-Spiel deutlich höher werden. Die Linzer praktizieren nämlich ein sehr systematisches Pressing und wenn sie selbst wiederum in ihrem Aufbauspiel durch entsprechendes Pressing gestresst werden, sollte Rapid Vorteile haben. Und auch häufigere Flügelüberladungen werden wichtig werden, zumal der LASK mit seiner guten Dreierkette die Mitte verschließen wird.

Potzmann als Überläufer

Ein Akteur wechselte rechtzeitig vor dem Aufeinandertreffen der beiden Teams die Seiten: Marvin Potzmann unterschrieb einen Dreijahresvertrag beim LASK und könnte bereits gegen Rapid als Rechtsverteidiger zum Einsatz kommen, falls Reinhold Ranftl geschont wird. Rapid hat mit Potzmanns Verkauf bereits drei Außenverteidiger abgegeben. Zuvor hatten auch Bolingoli und Thurnwald den Klub verlassen. Dass sich auf einer der beiden Außenverteidigerpositionen noch etwas tut, ist dennoch unwahrscheinlich: Ullmann und Schick werden weiterhin gesetzt sein, Müldür und Auer sind die Backups für die beiden wichtigen Positionen. Die verbliebenen 20 fitten Feldspieler sollten zumindest für den restlichen Herbst ausreichen, falls kein Spieler mehr abhandenkommt. Die Probleme der Hütteldorfer liegen personell ohnehin woanders: Noch fehlt ein aufbaustarker Linksfuß für die Innenverteidigung und ein neuer, stilistisch „anderer“ Impulsgeber fürs zentrale Mittelfeld.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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