Praktisch jede Entscheidung falsch: Rapid unterliegt Salzburg mit 1:4
Bundesliga 14.Mai.2018 Daniel Mandl 0
Vor dem Spiel hofften die Rapid-Fans darauf, dass bei Salzburg im 60.Pflichtspiel der Saison die Luft draußen sein würde. Aber weit gefehlt.
Die Ausfälle von Bolingoli und Galvao schmerzten Rapid weiterhin, aber wieso Goran Djuricin nach dem 2:0 beim LASK ausgerechnet gegen die Bullen die Abwehr umstellte und Physis herausnahm, weiß nur er selbst.
Djuricin stellt die Abwehr um…
Andreas Kuen begann als Linksverteidiger und bekam es auf seiner Seite mit Gulbrandsen und Haidara zu tun. Thurnwald sah sich auf seiner Seite zumeist mit Dabbur und Schlager, sowie dem aktiven Farkas zu tun. Der kompaktere Auer sah das Ganze nur von der Bank aus. Ebenso wie Mario Sonnleitner, der Debütant Müldür weichen musste.
…und wagt ein Experiment in der Mittelfeldzentrale
Ebenfalls überraschend war die Anordnung der Mittelfeldzentrale, in der Schwab nominell offensiver spielte. Hinter ihm versuchten Petsos und der tief stehende, häufig in die Innenverteidigung abkippende Ljubicic die Fäden zu ziehen. Diese Staffelung funktionierte aber von Beginn weg überhaupt nicht. Schwab hätte Bälle im Übergang von zweiten ins dritte Drittel mit seiner starken Physis sichern sollen, kam aber durch seine zu hohe Position so gut wie nie ins Spiel. Anstatt sich auf Balleroberungen zu verlagern und der Deckung durch Salzburgs flexible Sechser zu entgehen, wurde er schon durch die eigene Spielanlage kaltgestellt und zu Tode gedeckt.
Schwacher Ljubicic als Problem, das Petsos nicht ausgleichen konnte
Dabei füllte Petsos seine Rolle weitgehend nicht schlecht aus. Der Deutsch-Grieche konnte immer wieder Bälle abfangen und auch recht gut weiterverarbeiten. Das Problem war diesmal eher Ljubicic, der mit der Vielfalt seiner Aufgaben nicht zurechtkam. Problematisch waren vor allem die weiten Abstände zwischen Ljubicic und Schwab, die Petsos alleine nicht immer kitten konnte. Durch das Fehlen eines Zehners bzw. die freie Interpretation von Schwabs Position fehlte in der Mitte die Balance und Rapid musste praktisch immer über die Flügel angreifen, was Salzburg durch das gewohnt hohe Laufpensum gut verteidigen konnte.
Salzburg bespielt anfänglich die Thurnwald-Seite…
Dass man gegen Salzburg nicht attackieren kann wie man möchte, ist in heimischen Gefilden hinreichend bekannt. Wenn aber die Defensive zusätzlich noch am Rand der Bundesligatauglichkeit tänzelt, gibt es gegen die Roten Bullen nichts zu gewinnen. Marco Rose rechnete wohl mit Auer als Linksverteidiger, was für Salzburg die unangenehmere Variante gewesen wäre. Demnach bespielte man zunächst eher Thurnwalds Seite und überforderte den 19-Jährigen damit komplett. Der Youngster zeigte ein katastrophales Stellungsspiel und bekam obendrein zu wenig Unterstützung aus dem Mittelfeld. Ebenfalls durch Schwabs absolute Fehlpositionierung bedingt.
…erkennt aber während des Spiels alle Schwächen Rapids
Erst während der Partie – als Salzburg bereits mit 2:0 vorne lag – wurde ein wenig umdisponiert und die Flügel gleichmäßig bespielt. Der Grund dafür war aber weniger Linksverteidiger Kuen, sondern die Linkslastigkeit des inferioren Ljubicic. Dieser wurde bei den Gegentreffern zwei und drei jeweils komplett einfach eingepackt bzw. abgehängt. Als Kuen und der am Ball ebenfalls schwache Müldür gleichzeitig verletzt rausmussten, stabilisierte sich Rapids Abwehr ein kleines bisschen. Wirkliche Sicherheit erlangte Rapid aber erst in der zweiten Halbzeit, als Schwab sich durchschnittlich zehn Meter tiefer positionierte, um das Loch zwischen Abwehr und Mittelfeld zu stopfen. Da war es aber bereits um Rapid geschehen, das 0:3 gegen diese clevere Salzburger Mannschaft nicht mehr umzudrehen.
Strohfeuer in der Rapid-Viertelstunde – aber ohne große Perspektive
Rund ums Einklatschen der Rapid-Viertelstunde rochen die Hütteldorfer noch einmal Lunte: Schobesberger gelang – nicht zum ersten Mal – eine Balleroberung gegen Onguene und Schwab setzte Berisha ein, der das 1:3 besorgte. Nach einem Foul von Schlager an Murg blieben der Elfmeterpfiff und damit die große Chance aufs 2:3 aus. Man lehnt sich aber bestimmt nicht zu weit aus dem Fenster, wenn man behauptet, dass Rapid trotz eines weiteren Anschlusstreffers nicht gepunktet hätte. Zu groß waren die Fehler im defensiven Umschaltspiel und Salzburg wäre imstande gewesen, jederzeit einen Gang hinauf zu schalten. Eben so, wie man es nach dem nicht gegebenen Elfmeter auch machte – nur Sekunden nach der strittigen Strafraumszene jubelte Dabbur über sein 22.Saisontor und die endgültige Entscheidung.
Durch die Bank falsche Entscheidungen
Für Rapid war es ein gebrauchter Nachmittag und nahezu alles kam zusammen: Von Beginn an war die Partie klassisch vercoacht, für einige Rapid-Spieler ging alles zu schnell und nach nur einer halben Stunde hatte Djuricin verletzungsbedingt bereits zwei Wechsel verbraucht. Rapid brachte mehr Bälle an den Mann, gewann mehr Zweikämpfe, aber Salzburg war schneller, frischer im Kopf und effizient. Die seltsame Idee, Physis aus dem Spiel zu nehmen, um Salzburg mit spielerischen Mitteln beizukommen, ging logischerweise nicht auf. Salzburg den Ball zu überlassen bzw. das Wohl im Gegenpressing zu suchen, wäre die erfolgsversprechende Variante gewesen. Wenn aber die Abstände dermaßen groß gehalten werden und das Umschaltspiel in beide Richtung so schlecht funktioniert wie bei Rapid am Sonntagnachmittag, hätte auch das nicht geholfen. Rapid scheiterte also nicht nur an schwachen Einzelleistungen, sondern auch an taktischen Basics und falschen Entscheidungen im Voraus. Es ist grotesk, den LASK niederzukämpfen, ohne spielerische Glanzlichter zu setzen, um nur eine Woche später gegen Salzburg das Heil im Ballbesitzfußball zu suchen. Spielphilosophie lässt grüßen.
Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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