Der SK Rapid scheiterte am Freitagabend gegen Red Bull Salzburg an Kleinigkeiten – aber insgesamt auch an der Einseitigkeit des eigenen Spiels. Eine Analyse... Rapid, die Ausfälle, Qualitätsmängel und ein Balanceproblem

Der SK Rapid scheiterte am Freitagabend gegen Red Bull Salzburg an Kleinigkeiten – aber insgesamt auch an der Einseitigkeit des eigenen Spiels. Eine Analyse zu Qualitätsproblemen, Ausfällen und einer fehlenden Dimension im Spiel der Hütteldorfer.

Der 20-jährige Moritz Oswald gab gegen Red Bull Salzburg sein Bundesligadebüt. Damit wurde er beispielsweise dem routinierten Christoph Knasmüllner und dem nicht hundertprozentig fitten Robert Ljubicic vorgezogen. Und der Youngster, der seinen Vertrag gerade bis 2025 verlängerte, machte seine Sache mehr als ordentlich. Einerseits ein gutes Zeichen dafür, dass man sich bei Rapid um den Nachwuchs keine Sorgen machen muss, andererseits aber auch eines für die geringe Kaderdichte – zumindest was „gestandene, fertige Spieler“ betrifft.

Mehrere Ausfälle in Grün-Weiß

Mit Ausfällen hatte Ferdinand Feldhofer genug zu hadern: Taxiarchis Fountas ist weiterhin krank und aufgrund von Verletzungen fehlten Maximilian Hofmann, Marko Dijakovic und vorerst der später eher notgedrungen eingewechselte Robert Ljubicic. Mit Greiml, Dibon, Schuster und Schobesberger sind vier weitere Spieler entweder rekonvaleszent oder noch kein aktuelles Thema für die „Erste“. Druijf und Demir waren laut Feldhofer ebenfalls noch nicht weit genug für die Startelf.

Das Problem mit der Dichte im Zentrum

Die markantesten und schmerzlichsten Ausfälle betreffen demnach die Innenverteidigung der Hütteldorfer. Wären Hofmann und Greiml fit, so könnte man mit Emanuel Aiwu einen physisch starken, dominanten und auch progressiv passenden Sechser aufbieten, der diese Rolle auch durchgängig einnimmt. Diese Rolle nahm nun stattdessen Srdjan Grahovac ein. Es handelt sich somit um Ausfälle, die gleich auf mehrere Mannschaftsteile Auswirkungen haben. Das größere Problem: Mit Ausnahme des noch nicht hundertprozentig fitten Robert Ljubicic konnte Feldhofer im Mittelfeld eigentlich aus dem Vollen schöpfen bzw. die besten Spieler aufbieten. Zumindest, wenn man Yusuf Demir vorerst eher als Angreifer und nicht als Mittelfeldspieler definiert.

Aiwu als Pendler zwischen Innenverteidigung und Sechserzone

Die Raute wurde demnach von Grahovac, Petrovic, Schick und Oswald gebildet, wenngleich das System gegen die Salzburger verschwimmend war. Speziell Schick orientierte sich weit nach hinten, Stojkovic rückte ein, spielte durchschnittlich von allen Spielern am tiefsten und eher als Innen-, statt als Außenverteidiger. Rapid spielte gegen den Ball in einer Fünferkette, versuchte mit dem Ball das stärkere Herausschieben von Aiwu in den Sechserraum zu forcieren. Seine Physis war im tiefen Gegenpressing eine absolute Grundvoraussetzung gegen die dynamischen Salzburger.

Zentrumsprobleme in Ballbesitz

Rapid setzte Salzburg kämpferisch einiges entgegen, stand defensiv solide, presste in unterschiedlichen Zonen gut. Nominell allerdings fehlte es in der Raute massiv an spielerischer und auch dynamischer Qualität. Mit dem Ball war das defensive Rautengespann aus Grahovac, Petrovic und Schick zu pomadig, weshalb Rapid nur sehr selten den Ball laufen lassen konnte. Im Gegensatz zu Salzburg fehlte sowohl ein „Ordner“ wie Camara, als auch ein technisch starker Tiefenläufer wie Aaronson, wodurch Salzburg stets Vorteile hatte. Aiwu spielte zwar in seiner Hybridrolle solide, konnte aber durch das ständige Umschalten zwischen zwei Positionen nur schwer „von defensiv auf offensiv“ umschalten bzw. -denken.

Balancemängel in einer kämpferisch starken Partie

Gleichzeitig wurden die Salzburger aber nur selten zwingend, weil Rapid gut defensiv umschaltete, schnell hinter den Ball kam und auch sehr wach in den Zweikämpfen agierte. Kämpferisch konnten die Hütteldorfer aufgrund einer guten Einstellung also absolut mithalten. Das Spiel wurde auf den ersten Blick aufgrund zu einfach verlorener Zweikämpfe vor den Toren verloren, aber in Wahrheit waren es die spielerischen Mängel bzw. die bei den Wienern fehlende Balance aus Spielstärke und Kampfkraft, die den Unterschied ausmachte.

Sehr viele weite Bälle, wenige robuste Ballbesitzphasen

Rapid brachte nur etwas mehr als die Hälfte der Pässe an den Mann. Während Salzburg nur 14% lange Bälle spielte, versuchte Rapid gleich 29% der Zuspiele „weit“ zu spielen, wodurch die Fehlerquote naturgemäß höher war. Dadurch fehlten Rapid die nötigen, etwas längeren (und zugleich „robusten“) Ballbesitzphasen im zweiten Drittel. Man spekulierte stark darauf, dass sich Salzburg bei dem einen oder anderen weiten Ball, idealerweise hinter die hochstehende Abwehr, „anschütten“ würde.

Camara als Schaltzentrale, die Rapid nicht hat

Grüll und Kitagawa gingen viele leere Meter, doch der Ball kam schlussendlich nie dorthin, wo man ihn sich erhoffte. Die Salzburger Abwehr hatte die weiten Bälle weitgehend im Griff und so blieb das erhoffte „Eins-gegen-Eins“ in der Offensive aus. Der häufigste Passweg bei den Hütteldorfern war der recht kurze in der linken Achse von Petrovic auf Grüll (acht Pässe). Gleich danach kamen Zuspiele von Torhüter Gartler auf Grüll (sechs Pässe). Die anderen Mittelfeldspieler interagierten untereinander kaum. Das war auch der große Unterschied gegenüber Salzburg, wo der alleinige Sechser Camara etwa 19-mal den hochstehenden Außenverteidiger Rasmus Kristensen anspielte, aber auch 11-mal den durchschnittlich noch höher postierten Brenden Aaronson fand. Allgemein war der 22-Jährige aus Mali mal wieder die Schaltzentrale, die in Hütteldorf seit jeher fehlt.

Rapid braucht mehr „Gestandene“

Am Ende scheiterte Rapid zwar an Kleinigkeiten und man kann die Gegentore an einzelnen Zweikämpfen festmachen. Die personellen Grundprobleme waren aber der Grund dafür, dass Rapid schlussendlich nur einen Schuss aufs Tor brachte und Salzburg bei Führung im Umschaltspiel nicht viel entgegenzusetzen hatte. Gerade das Mittelfeld der Wiener vereint spielerische Qualität, Spielwitz und körperliche Robustheit nicht. Die meisten Rapid-Akteure können von allem ein bisschen etwas oder eine Sache richtig gut. Doch gerade der eine oder andere komplette Spieler fehlt den Hütteldorfern, was nicht nur in Top-Spielen wie gegen Salzburg, sondern auch immer wieder gegen die „Kleinen“ auffällt – vor allem, wenn diese über derart komplette Spieler verfügen, wie etwa Hartberg über Salzburg-Leihgabe Youba Diarra. Feldhofers Ideen sind vielversprechend und man sieht in Ansätzen, dass diese auch funktionieren können. Aber Rapid muss im kommenden Sommer wohl oder übel Geld in die Hand nehmen, um speziell auf Legionärsebene für deutlich mehr Qualität und Leistungsdichte zu sorgen. Dann allerdings kann das Grundkonzept auch recht bald funktionieren.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen