Rapid im Fokus (1) – Fehlende Harmonie und ballferne Besetzungsprobleme gegen den WAC
Bundesliga 9.Februar.2016 abseits.at Redaktion 0
Mit einem 3:0 über den WAC startete Rapid erfolgreich in die Rückrunde. Das Ergebnis wirkt aber souveräner, als es war; die Gäste aus Wolfsberg hatten sogar mehr Torschüsse als die Hütteldorfer. Diese offenbarten, was sie im nationalen Vergleich stark macht, aber auch wo insbesondere zu größeren Kalibern im europäischen Vergleich eindeutig Optimierungspotenzial vorhanden ist.
Harmonie gegen den Ball
Grundsätzlich ist das Pressing Rapids natürlich durchaus stark; gegen die häufig überhasteten und unsauberen Aufbauversuche in der österreichischen Bundesliga funktioniert es auch gut. Allerdings zeigen sich bei geschickterer und längerer Ballzirkulation des Gegners einige Lücken bei den Rapidlern. Das Schlagwort hierbei ist „Harmonie“. Damit ist nicht das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Mannschaft gemeint, sondern wie die Abläufe aufeinander abgestimmt sind; prinzipiell also auch synonym zu Synchronizität zu sehen.
Auffällig ist hierbei, dass die Rapidler sich in den Mannschaftsteilen oft nicht einheitlich bewegen. Insbesondere Rückpässe mit Verlagerungen sorgen dafür, dass sich Räume öffnen und die Mannschaftsteile zu weit auseinander stehen. Oftmals ist der Grund einfach: Die vorderen Spieler bewegen sich sofort aggressiv und versuchen wieder ins Pressing zu kommen, während die hinteren Spieler die Tiefe abdecken, nicht nachschieben und dadurch zwischen ihnen das Mittelfeld zu viel Raum abdecken darf.
Eine technisch-taktisch stärkere Mannschaft würde die Grün-Weißen hier über einzelne, lockende Aktionen nach vorne einladen und dann mit Diagonalpässen viel Raum in der Mitte finden. Sogar der WAC konnte einige Male daraus Kapital schlagen und bis an den Sechzehner vorstoßen. Allerdings griffen sie zu häufig auf den langen Flügelball zurück, um dieses Manko zu nutzen.
Aufbauspiel als Zufallsfußball
Auch bei eigenem Ballbesitz hatte Rapid Probleme. Natürlich profitieren sie hierbei davon, dass die Gegner teilweise Räume vernachlässigen oder verhältnismäßig hohe individuelle Qualität in der heimischen Liga aufbietet. Besonders Akteure wie Kainz, Schobesberger oder der zuletzt gesperrte Hofmann lösen solche Situationen. Nichtsdestotrotz ist das gesamtmannschaftliche Stellungsspiel häufig unsauber, die Zonenbesetzung suboptimal. In der folgenden Grafik sieht man einen enormen Fokus auf den ballnahen Flügel, wobei drei Spieler seitlich und vor der gegnerischen Formation sind. Gleich drei weitere Spieler stehen – ohne effektiv Tiefe zu geben – auf der Seite nur wenige Meter davor.
Dadurch ist die Raumaufteilung reduziert, was dem Gegner wiederum ermöglicht, effektiv weniger Raum abzudecken und somit mehr Druck aufzubauen. Weil der WAC viele mannorientierte Bewegungen hatte, war dies noch problematischer. Eine sauberere Aufteilung des Spielfelds hätte den Einzelspielern mehr Raum und dem Team eine bessere Struktur gegeben.
Desweiteren ist hier auch auffällig, dass sich die Spieler zwischen den Linien nicht immer richtig orientieren. Eine saubere Bewegung aus dem Deckungsschatten heraus, eine aktive Stellung und Orientierung in die gegnerische Formation wäre hier ebenso wichtig wie eine verbesserte Raumaufteilung.
Dies zeigt sich auch sehr klar im nächsten Beispiel; dieses Mal setzte sich Rapid quasi selbst unter Druck und konnte sich nur mit etwas Glück sowie der individuellen Qualität herausspielen. Außerdem profitierte man von den Abständen des WAC.
Der Torwart hatte hier eine schlechte Vororientierung und lud dadurch Druck auf sich. Dann spielte er den Ball zur Seite, wo es zwei Probleme gab – ein individuelles und ein mannschaftliches. Einerseits stand man schon in der Staffelung zu eng, wodurch die Gegner beim Fortsetzen ihrer Laufwege leichtes Spiel hatten. Die Distanz war gering und man konnte sofort auf den Innenverteidiger Druck aufbauen. Andererseits hatte der Innenverteidiger wenig Überblick über das Spielgeschehen und drehte sich falsch. Dadurch verlor er die Verbindung zu den Spielern davor.
Da war er jedoch nicht der Einzige: Die zwei Sechser stehen nicht offen zum Spielfeld in der vorherigen Situation und sind zu eng nebeneinander. Natürlich könnte man argumentieren, dass sich dies nur auf diese einzelnen Situationen beschränkt – und diese durch den Druck verschärft wurden.
Doch sogar ruhigere Situationen in höheren Spielfeldzonen deuten hier auf ein Coaching-Problem hin.
Bei zurückfallenden Bewegungen eines der Sechser stand Rapid drucklos in der ersten Linie. Der zentrale Spieler stand zu tief, wodurch er effektiv aus dem Spiel genommen war – oder Rückpässe auf ihn Dynamikverlust bedeuteten. Die Verbindungen nach vorne waren instabil; wie hier zu sehen ist gibt es eigentlich keine gute Anspielstation. Die Besetzung der Mitte ist nicht massiv genug und die Möglichkeit für Spielzüge mit mehreren Pässen bei geringen Ballkontaktzeiten ist gering.
Normalerweise müsste bei einer solchen Aufbaustaffelung die erste Linie sehr breit stehen, die Halbverteidiger nahe der Outlinien und der zentrale Spieler nur marginal tiefer, um die Verbindung zwischen den Halbverteidigern nicht zu kappen und situativ eine Raute mit einem der Sechser bilden zu können. Im Zentrum sollten dann einer bis zwei Spieler die Schnittstellen der Dreierlinie besetzen, um Dreiecke zu erzeugen; erst dann könnte man von einem sauberen Positionsspiel sprechen.
Defensiv gab es übrigens ähnliche Probleme in der Raumaufteilung.
Ballferne Besetzungen und Flügelräume ohne Präsenz
Das größte Manko war, dass Rapid teils in einem 4-2-3-1 presste, in dem die Räume neben den Sechsern offen waren; die Flügel konnten bei guten Angriffen dadurch nicht adäquat verteidigt werden, auch wenn die jeweiligen Außenverteidiger einige Mal geschickt aufrückten und diese offenen Zonen besetzten. Grundsätzlich müsste aber dies sauberer geschehen, mit aggressiverer Positionierung und stärkerem Nachschieben in der letzten Linie, im Verbund mit generell mehr Kompaktheit und Druck auf den Ball. Ansonsten müssten die Flügelstürmer tiefer stehen, was natürlich wiederum die Konterchancen schmälert.
Eine extreme Situation, wie sich dies negativ äußern kann, sieht man hier:
Der WAC hat mehr Spieler in der letzten Linie als Rapid. Bei Grün-Weiß sind die Sechsern und das vordere Quartett zu weit entfernt, um diese zu unterstützen. Hier sind mehrere Probleme festzustellen:
Die Abwehr stand schon deutlich davor zu tief und erlaubt den offenen Zwischenlinienraum.
Das Mittelfeld lässt sich nicht schnell genug hinter den Ball fallen, um den Gegner nach hinten zu drängen.
Die Flügelstürmer decken die Seiten nicht ab, welche weit offen sind. Die relativ gute horizontale Kompaktheit der Viererkette kann dies nur teilweise kompensieren.
Stärkere Mannschaften, etwa aus der deutschen Bundesliga, könnten solche Situationen nicht nur geplant erzeugen, sondern auch häufiger bestrafen.
Was hätte der WAC also anders / besser machen können?
Prinzipiell wäre es wohl gut gewesen, wenn man kompakter und enger gepresst hätte, um die mäßigen Staffelungen Rapids zu bestrafen. Hier war man zu offen und erlaubte es den Hausherren trotz struktureller Probleme den Ball und den Raum zu dominieren. Mit geringeren Abständen hätte man dies nicht zugelassen. Längere Zirkulation mit passender Struktur hätte dafür gesorgt, dass man die sich bietenden Räume bei Rapid häufiger und weiter geöffnet hätte, die man dann über Flügelbälle mit Ablagen in den ballnahen Halbraum (insbesondere bei ausweichenden Stürmern) oder über Diagonalbälle in den ballfernen Halbraum hätte bespielen können. So wurde es jedoch – trotz Chancenplus – eine unglückliche, aber klare Niederlage für die Gäste.
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