Rapid im Fokus (10) – Die totale Bankrotterklärung gegen die Admira
Bundesliga 13.März.2016 abseits.at Redaktion 0
Im letzten Artikel unserer zehnteiligen Serie widmen wir uns der Partie Rapids gegen die Admira. Dabei erlitten die Hütteldorfer einen großen Rückschlag im Titelrennen. Mit 0:4 vor heimischen Publikum wurden nicht nur drei wichtige und im Kampf um die Meisterschaft dringend benötigte Punkte verloren, sondern auch psychologische Nachteile in Kauf genommen. Diese klare Niederlage zerstört jegliches mögliches Momentum und bringt Unruhe ins Team. Nichtsdestotrotz werden wir uns nicht auf diese hypothetischen psychologischen Effekte auf das Team konzentrieren. Stattdessen fokussieren wir uns auf die Betrachtung taktischer Aspekte, welche überhaupt zu dieser Niederlage führten. Zum Abschluss unserer Serie gaben die Rapidler eine kleine Zusammenfassung all jener Probleme, über die wir in den letzten Wochen geschrieben hatten.
Kompaktheitsprobleme im Umschalten
Ein großer Punkt ist die mangelnde Konstanz Rapids im Spiel ohne Ball, insbesondere im defensiven Umschalten. Das defensive Umschalten ist im modernen Fußball enorm wichtig geworden. Durch die erhöhte Athletik und Kombinationsstärke können fast alle Mannschaften mit wenigen Pässen und schnellen Läufen enorm weiträumig und gefährlich kontern. Als Reaktion darauf musste auch das defensive Umschalten verbessert werden. Einige Mannschaften nutzen ein extrem schnelles Zurückfallen der vorderen Spieler vor die tieferen Spieler und hinter den Ball, während andere nach Ballverlusten direkt draufgehen und sogenanntes Gegenpressing praktizieren.
Vor dem 0:1 tat Rapid gar nichts davon auf passablem Niveau. Nach einem Ballverlust wurde der darauffolgende Angriff nicht durch direktes, kollektives Gegenpressing unterbunden. Die Admira konnte dadurch problemlos nach vorne aufrücken. Rapid benötigte dann im weiteren Angriffsverlauf viel zu lange, um sich hinter den Ball zu begeben – beziehungsweise schafften es vor dem Gegentor gar nicht.
Wie hier zu erkennen ist, steht Rapid enorm unkompakt. Die Abstände zwischen den Spielern sind enorm. Die Mittelfeldreihe hat zwischen jedem einzelnen Spieler zehn Meter Abstand oder mehr; normalerweise sollte die gesamte Mittelfeldreihe nur zehn Meter von der Abwehrreihe in solchen Situationen stehen, bei Bedarf sogar etwas weniger. Stattdessen stehen die Flügelstürmer über zwanzig Meter von den Außenverteidigern weg; das bedeutet zu viel Raum für die Admira, welche über den Flügel in den Strafraum durchbrechen und das Führungstor erzielen wird.
Spiel in Rückstand
Danach brachte Rapid weder Ruhe noch Präsenz ins Spiel. Trotz des frühen Rückstands hatte die Admira viel Ballbesitz; fast 50%. Das ist aus mehreren Gründen eine bezeichnende Ziffer: 1) Normalerweise haben tabellarisch und individuell überlegene Mannschaften ohnehin mehr Ballbesitz; 2) Rapid definiert sich in gewisser Weise als Ballbesitzmannschaft in der heimischen Liga (53,4%, eine von vier Mannschaften über 50% und Platz 3); 3) nach einer Führung ziehen sich die meisten Teams zurück und überlassen dem Gegner den Ball.
In diesem Spiel hatte Rapid große Probleme den Ball in den eigenen Reihen zu halten und vom Gegner zu erobern. Die Admira spielte nämlich intelligent auf ruhigen Ballbesitz, lockte Rapid heraus und nutzte Torwart Siebenhandl öfters mit Kurzpässen im ersten Drittel und langen Bällen in die offenen Zonen des gestreckten grün-weißen Pressings, um den Ball nach vorne zu bringen. Das Pressing der Grün-Weißen schlug nicht ein. Die geweiteten Abstände zwischen Abwehr und Mittelfeld sowie Mittelfeld und Angriff wurden für erfolgreiche zweite Bälle genutzt.
Das größte Problem war aber, dass Rapid trotz wenig Druck im Spielaufbau eine schlechte Absicherung hatte. Man schob viele Spieler nach vorne, diese waren allerdings für die Ballführenden im Spielaufbau oft nicht erreichbar. Es hagelte viele simple Ballverluste, welche zu Kontern führten. Vor dem 0:2 gab es eine solche Situation.
Es entsteht eine 3-gegen-2-Situation für die Admira in der Spielhälfte Rapids. Die restlichen Spieler der Grün-Weißen standen so hoch, dass sie im Spielaufbau nicht anspielbar waren und nach dem Ballverlust nicht mehr Einfluss auf den Konter der Admira ausüben konnten. Rapids Abwehr weicht wie immer zurück, was hier allerdings verständlich ist: Wegen der Unterzahl ist der Angriff in diesem Tempo kaum zu verteidigen.
Gleichwohl muss gesagt werden, dass ein druckvolles Spiel in Rückstand natürlich eine schwierige Angelegenheit ist. Die Balance muss perfekt sein, um innerhalb der gegnerischen Formation für Präsenz zu sorgen, ohne sich nach Ballverlusten offen zu zeigen.
Pressingprobleme
Auch das Pressing Rapids muss erwähnt werden. Einmal mehr probierte Rapid ein höheres Pressing, insbesondere aufgrund des frühen Rückstands. Dabei hatten sie besondere Probleme mit dem Zusammenspiel der Admira in schnellen Situationen und bei Einbindung des Torwarts. Das Problem mit dem Torwart wurde schon im letzten Absatz erwähnt: Siebenhandl bot sich an, Rapid versuchte ihn anzulaufen, lief meistens ins Leere oder öffnete massive Räume zwischen den Linien, wo auch ungenaue, lange Bälle für die Admira ausreichten, um nach vorne zu kommen.
Das Problem der mangelnden Kompaktheit gab es aber in anderen Situationen ebenfalls. Dieses Bild zeigt gleich mehrere Probleme:
Rapid hat die Seite massiv zugestellt; was ein Plus ist. Die Spieler sind aber individuell nicht passend zugelaufen, wodurch dieses massive Zustellen problematisch ist – es fehlen Spieler in anderen Zonen zur Absicherung, weil das schlechte Anlaufverhalten und unpassend ausgespielte Doppeln bzw. Trippeln Räume öffnet. Dazu steht die Abwehr so tief, dass der Zwischenlinienraum massiv offen ist. Die Admira bespielt diesen offenen Raum, kann sich drehen und das Spiel verlagern.
Spielaufbauprobleme kaum verbessert
Nachdem es in den letzten Wochen so aussah, als würde Rapid in Ballbesitz etwas stärker agieren, war diese Partie ein Rückschritt. Die Entscheidungsfindung im Passspiel, das Freilaufverhalten der einzelnen Spieler und die Raumaufteilung waren nun wieder auf klar schwächerem Niveau. Ein häufiger vorkommendes Bild war z.B. dieses:
Hier ist es Schobesberger, der auf dem rechten Flügel nach einer Verlagerung den Ball erhält. Er ist komplett isoliert und muss nun entweder ins Dribbling gehen oder direkt in die Mitte spielen – was er tut. Die Erfolgschance dafür geht natürlich gen Null. Es mangelt an Präsenz in der Mitte, die Admira hat hier klare Vorteile. Die restlichen Spieler Rapids stehen zu weit hinten, für Schobesberger wird keine Rückpassoption angeboten. Das macht es nicht nur für Schobesberger schwierig anzugreifen, sondern auch für die Admira ungemein einfach zu verteidigen.
Die Wurzeln dieses Übels liegen aber wie schon häufig im Rahmen der Serie erwähnt am Spielaufbau. Ist die erste Phase schlecht, setzt sich dies fort.
Wie hier zu sehen ist, stehen die Abwehrspieler in der ersten Linie abermals nicht breit gefächert oder mit mehreren Passoptionen zueinander (dafür müsste der linke Spieler höher und der zentrale leicht tiefer). Die Spieler im Mittelfeld laufen sich nicht passend frei, stehen sehr hoch und sind kaum anspielbar. Dadurch stockt das Aufbauspiel, es gibt Fehlpässe und Pässe werden riskant gespielt, wodurch sie mit höherer Wahrscheinlichkeit verloren gehen.
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