Rapid im Fokus (3) – Trotz klarem Derbysieg Probleme beim Staffeln und Verschieben
Bundesliga 15.Februar.2016 abseits.at Redaktion 0
Im Rahmen unserer Serie zu Rapid Wien blicken wir ein weiteres Mal kritisch auf eines der Spiele der Hütteldorfer Traditionsmannschaft. Und wie üblich nehmen wir wenig Rücksicht auf das Ergebnis oder die Verhältnisse der Konkurrenz; stattdessen liegen die Leistung und das grundsätzliche, brachliegende Potenzial im Fokus, ebenso wie vergleichbare Leistungen auf hohem internationalem Niveau. Trotz für Rapid-Fans höchst erfreulichen drei Punkten im Wiener Derby gegen den Erzrivalen aus Favoriten sehen wir uns also speziell jene Mängel an, die in diesem Spiel ebenfalls augenscheinlich wurden. Einige wiederholen sich schon seit längerem.
Raum hinter die Abwehr, Raum vor der Abwehr
Wie in den letzten beiden Artikeln schon erwähnt ist das Pressing nicht immer harmonisch, das Team ohne Ball nicht immer kompakt. Sie erlauben dann Raum, ohne gleichzeitig auf den Ballführenden zuzugreifen und ihm zu verhindern diese Räume zu attackieren. Ebenfalls auffällig ist, dass trotz den Abständen und der relativ schwachen Folgebewegung der ersten Linie nach vorne die Tiefe trotzdem nicht ordentlich verteidigt wird. Neben mäßigen Orientierungen und suboptimalem Stellungsspiel sowie eben teils geringem Druck auf den Ballführenden liegt dies auch am Torwart. Bereits zu Beginn hätte die Austria nämlich in Führung gehen können, als ein simpler Durchbruch beinahe zu einem 1-gegen-1 geführt hätte:
In diesem Bild ist zu sehen, dass besonders auf dem linken Flügel die Abstände enorm groß sind. Zwischen Außenverteidiger und Flügelstürmer befinden sich klar über 25 Meter und sogar zwei Spieler der Austria. Auch auf rechts (aus Sicht Rapids) wäre ein langer Pass entlang des Flügels möglich gewesen. Stattdessen gab es den langen Ball direkt hinter die Abwehr in die Mitte, der eigentlich fast zu lang war, doch Rapids Torhüter steht zu tief und kommt nicht heraus. Insofern wäre ein Pressing gegen eine spielstärkere Mannschaft auf internationalem Niveau nicht zu empfehlen, weil die Stürmer dort noch passender bespielt werden; ein inkonstant mitspielender Torhüter wird dann häufiger bestraft.
Das größere Problem ist, dass Rapid teilweise kompakter mit Ball wirkt als ohne.
Unsaubere Staffelungen
Ebenfalls ein wiederkehrender Aspekt in dieser Serie ist die zu große Ballorientierung Rapids und die dabei unsauberen individuellen Bewegungen. Sie stehen mit zu vielen Spielern auf der Seite des Balles, wodurch der Gegner sich kollektiv wie individuell näher zum Ball bewegen und Räume versperren kann. Damit macht man sich selbst die Ballzirkulation schwieriger, hat weniger Verbindungen, weniger Verlagerungen und Ausweichzonen im Positionsspiel. Die Spieler selbst wiederum bewegen sich oft nicht passend, stehen unerreichbar im Deckungsschatten und haben teils keine offene Körperstellung nach vorne. Ein Beispiel dafür:
Schon zuvor als der Mitspieler den Ball erhielt, wirkte die Bewegung der Rapidler vorne nicht wirklich geplant. Des Weiteren sind zu viele Spieler auf einer Seite, weder eine direkte Verlagerung noch eine indirekte Verlagerung über mehrere Querpässe oder einen Rückpass und Diagonalball sind möglich. Als sich der Mitspieler drehen muss, bewegen sich die Rapidler nicht schnell und adäquat. Die Situation wird gefährlich und mündete fast in einem Ballverlust.
Das Freilaufverhalten der einzelnen Spieler ist auch in anderen Situationen unpassend gewesen. Hier ein typisches Beispiel:
Anstatt sich zuvor schon freizulaufen, zu bewegen und aus den Deckungsschatten zwischen den Linien herauszukommen, gibt es wenig Unterstützung. Hier bewegt sich auch nur ein Mitspieler etwas zum Ballführenden um sich anzubieten. Normalerweise müssten die vorderen Spieler darauf reagieren und sich sofort für die möglichen Folgeaktionen anbieten. Eine leicht diagonale Bewegung in die Mitte des Spielers links außen an der Mittellinie, ein Absetzen des Spielers daneben in Richtung Zentrum und eine ausweichende oder in die Tiefe gehende Bewegung des Spielers nahe des Anstoßpunkts wären angebracht. Generell fehlt es auch an der passenden Besetzung des ballfernen Halbraums und auf dem ballfernen Flügel.
Deutlich stärker sind die Rapidler wiederum im Konterspiel. Dort sind die Bewegungen simpler und stärker durch den rein physischen Aspekt beeinflusst; dies zeigte sich zum Beispiel in der CL-Qualifikation gegen Ajax, wo man rein über einfache Abläufe und die Geschwindigkeit einzelner Spieler Gefahr ausübte. Dies war wohl auch der Hauptgrund, wieso die Hütteldorfer das Derby für sich entscheiden konnten – und in Führung liegend sind sie eine gefährliche, aktive Kontermannschaft. Um dies jedoch noch konstanter und durchgehender nutzen zu können, ist Arbeit in der Arbeit gegen den Ball notwendig.
Unsauberes Verschieben in tiefen Zonen
Um – zumindest auf dem Papier – eine stabile und auf höherem Niveau konstant erfolgreiche konterfokussierte Mannschaft werden zu können, würden die Rapidler noch einen Funken mehr Intensität, Präsenz und Sauberkeit im Spiel ohne Ball in tieferen Zonen benötigen. Ähnliche Probleme sind wie beim hohen Pressing zu sehen, wenn auch nicht so massiv und mit mehr personeller Absicherung. Dieses Beispiel veranschaulicht dies:
Normalweise spielen Teams eher passiv und kompakt oder etwas offener und aggressiver in puncto Pressing. Das Attackieren des Ballführenden kann nicht immer mit einer starken Staffelung verbunden werden, was prinzipiell kein Problem ist. Nur die absoluten Topteams wie z.B. Atlético Madrid können dies – wenn benötigt – konstant verbinden und abrufen. Viele wählen einen Fokus und halten diesen auf recht hohem Niveau ein. In obigem Bild hat Rapid aber weder Druck auf den Ballführenden noch eine Sicherung der wichtigsten Zone: Dem zentralen Zwischenlinienraum.
Die Austria kann diesen relativ mühelos mit einem simplen Vertikalpass bespielen, der Raum dabei ist so offen, dass sich der Passempfänger sogar unbedrängt aufdrehen kann. Spätestens hier muss, wenn schon die Vorsituation schwach umgesetzt wurde, ein Spieler antizipativ und aggressiv herausrücken, die Drehung verhindern und Druck machen, während die restlichen Spieler als Kette die entstandenen Räume in der letzten Linie sofort wieder versperren. Dieser Mechanismus fehlt allerdings ebenso wie das Pressing des Ballführenden und die kompakte Grundstellung während des Verschiebens. Auch das Zurückfallen der vorderen Spieler wieder hinter den Ball geht teils zu langsam von statten.
Dies erinnert an die Probleme des Pressings:
Diese Situation zeigt eindrucksvoll, dass die üblichen Probleme auch im Derby prävalent waren. Die vorderen Spieler stehen weit weg von den hinteren, wodurch man weniger Chancen auf die Eroberung des zweiten Balles hat und mögliche Anspielstationen in diesen Zonen offen lässt. Noch fataler: Wenn der Gegner den Ball dort erhält, dann kommen sie mit den vorderen Spielern nur inkonstant und langsam wieder zurück. Zudem weicht die Abwehr zurück und verschärft dieses Problem noch.
Dies wäre wichtig, um Rapid stabiler ohne Ball zu machen und dadurch wiederum die Konterangriffe sowie das Ballbesitzspiel zu verbessern.
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