Rapid im Fokus (7) – Verbesserungen und bekannte Probleme gegen den SV Grödig sichtbar
Bundesliga 29.Februar.2016 abseits.at Redaktion 0
Rapid Wien gewinnt gegen Grödig; eine grundsätzlich gute Vorstellung auf heimischem Boden, wenn auch mit knappem Ergebnis. Das Chancenplus für Rapid war allerdings eindeutig, trotz einiger sich wiederholender Probleme.
Orientierung des Teams
Grundsätzlich hatte Rapid leichte Verbesserungen im Stellungsspiel in Ballbesitz in den vorderen Linien. So formierte man sich häufig mit vielen Spielern im Zwischenlinienraum und hatte etwas bessere Abstände, um nach vorne zu kommen. Fast 77% Ballbesitz und drei Mal so viele Abschlüsse (12 zu 4), dazu viel mehr Ecken (8 zu 1) sprechen eine deutliche Sprache. Zwar hätte man mit diesem Ballbesitz grundsätzlich noch viel mehr Abschlüsse herausspielen können, doch Grödig war im und um den Strafraum ein unangenehmer Gegner und Rapid zeigte ein weiteres Mal gewisse Mängel.
Beim Positionsspiel geht es beispielsweise darum, dass man schon im Vorhinein gewisse Positionen je nach Ballposition besetzt, da man dadurch unter anderem mehr Automatismen aufbaut und bessere Verbindungen hat. Dabei geht es nicht nur um die Anspielstationen für den nächsten Pass, sondern auch für die weiteren Zuspiele. Es bringt einer Mannschaft schlichtweg nichts, wenn der nächste Pass ankommt, der Passempfänger aber keinerlei Optionen hat und den Ball verliert. Bei Rapid fehlt es teilweise an diesem Bewusstsein.
Hier bieten sich alle vier Spieler in Ballnähe sehr kleinräumig an. Dadurch ist die Positionierung des gesamten Teams ohne Balance; die Tiefe und die ballfernen Räume werden nicht ordentlich besetzt, die Spieler am Ball haben wenig Platz und können schnell bedrängt werden. Der Ballführende spielt den einzig richtigen Pass: Zwischen Grödigs Linien auf den höchsten Spieler in dieser Situation, der als einziger Raumgewinn bedeutet. Wären die anderen Akteure – mit rot markiert – höher und weiter auseinander positioniert, könnte man mit einer direkten Ablage des Passempfängers auf diese eine gute Angriffssituation aufbauen. So entsteht ein Ballverlust wegen der mangelhaften Unterstützung.
Dazu gab es auch in der ersten Aufbaureihe immer wieder unpassende Staffelungen. Einmal mehr wird hier nicht ordentlich aufgefächert, wodurch man das höhere gegnerische Pressing theoretisch erleichtert und sich praktisch auch der eigenen Passoptionen beraubt.
Eine breitere Position der seitlichen Spieler bedeutet längere Wege im Pressing für Grödigs Stürmer. Diese machten diese zwar ohnehin nur selten, nichtsdestotrotz ist es in Ballbesitz eine bessere Staffelung und gegen andere Mannschaften wichtig. Desweiteren hat man andere Passwinkel. Spielt der zentrale Akteur auf die Seite, so zwingt man den Gegner zu schnellerem Verschieben oder öffnet Räume, wenn dies nicht geschieht. Dazu kann man sowohl vertikal schnell auf die Flügel spielen oder mit Diagonalpässen in die Mitte spielen. Mit der genutzten Staffelung hat man nicht das Beste, sondern das Mittelmäßige aus beiden Welten.
Umschaltträgheit
Wie gegen Valencia soll auch in diesem Artikel kurz auf die Gegentore eingegangen werden, weil sie exemplarisch für gewisse Probleme im Spiel Rapids stehen – und diese Probleme noch konstanter und effizienter von Gegnern mit höherer individueller wie kollektiver Qualität ausgenutzt würden. In dieser Situation hat Rapid nach unpassender Staffelung und einem Fehlpass den Ball verloren; Grödig eroberte ihn und spielte ihn über zwei Stationen auf den linken Flügel.
Grundsätzlich kann dies natürlich schon einmal passieren. Nicht jede Staffelung kann perfekt sein, nicht jeder Pass ankommen. Auch das Gegenpressing kann nicht immer greifen und wird gut umspielt. Das ist nur ein Manko, wenn es häufiger vorkommt; und rein in puncto Besetzung der vorderen Räume war Rapid in diesem Spiel sogar leicht verbessert. Was aber ein Unding im modernen Fußball ist und letztlich ursächlich für das Gegentor, war das Verhalten der Rapid-Spieler nach dem fehlgeschlagenen Angriff.
In der obigen Grafik sieht man sechs Grün-Weiße in einem Abstand von maximal zwanzig Metern in der Vertikale. Zwei weitere Spieler befinden sich knapp davor. Keine perfekte, aber grundsätzlich gute Ausgangsstellung für das Umschalten nach hinten. Zwar sind hier schon sieben Sekunden vergangen und man könnte kompakter stehen, doch wie gesagt, an sich ist dies kein Problem. Bis zum Gegentor sind sieben weitere Sekunden vergangen und es hat sich wenig verändert. Um genauer zu sein: Es hat sich sogar etwas verschlechtert.
Aus mindestens sechs Spielern, die sich theoretisch hätten zurückziehen und kompakt am eigenen Strafraum agieren können, wurden exakt fünf Spieler, die das auch taten. Bei Mannschaften auf allerhöchstem Niveau setzen acht bis zehn der Feldspieler einen Sprint an, um hinter den Ball zu kommen, den Gegner wieder aus der eigenen Formation zu drängen, eng zu agieren und den Konter zu unterbinden. Schon das enge Positionieren in ballfernen Räumen hilft dabei. Bei Rapid blieben aber die vorderen Spieler stehen; aus vorher zwanzig Metern Abstand sind es nun dreißig geworden. Zu fünft muss man nun drei Spieler verteidigen. Das ist keine schlechte, aber eine riskante Ausgangslage und Grödig nutzt dies per Flanke in den offenen Raum und dem daraus resultierenden Kopfballtor aus. Bei Mannschaften auf Spitzenniveau – besonders defensiven Bunkern wie Atlético Madrid – hätte man wohl jetzt sieben bis acht eigene Spieler am eigenen Strafraum und die Flanke wäre nicht entstanden oder geklärt worden.
Abermals ein Standardgegentor
Schon gegen Valencia hatte man wieder ein Tor nach einer Ecke erhalten. Dabei wurden in unserem Artikel die Bewegung zum Ball des Kollektivs und die Zusammenarbeit zwischen den Raum- und Manndeckern kritisiert. Dieses Mal war der Mangel nicht so auffällig und nicht so groß, dennoch vorhanden. Grödigs Stürmer bewegen sich vom kurzen Pfosten in Richtung Ankunftspunkt der Flanke. Von dort aus kommen die Grödiger relativ unbedrängt zum Kopfball, weil trotz geringer Distanz zu den Gegenspielern die Raumdecker des SK Rapid keinen Druck machen und sich zu spät bewegen.
Natürlich ist dies schwierig zu verteidigen. Grödig nutzte hier die Statik der Raumdeckung Rapids aus und bewegte sich von hinten zu einer sehr, sehr gut getretenen Hereingabe. Das ist gefährlich, weil man als Verteidiger häufig Wahrnehmungsprobleme in diesen Situationen hat: Man schaut zum Ball und sieht nicht, was hinter einem passiert. Neben einer schnellen Bewegung zum Ball und guter Antizipation, wohin der Ball kommen wird, ist hier auch die verbale Kommunikation der Mitspieler wichtig. Laufen Gegenspieler nach vorne, muss man dies den vorderen Raumdeckern zurufen und diese darauf vorbereiten.
In dieser Situation hätte gar einer der raumdeckenden Akteure im Strafraum den Gegenspieler verfolgen und bedrängen können, da Grödig ohnehin keine anderen Spieler im Fünfmeterraum positioniert hatte. Einer oder zwei Spieler Rapids hätten wohl ausgereicht; den Torwart nicht zu vergessen.
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