Rapid im Fokus (9) – Grün-Weiß scheitert in Altach an Ineffektivität und wichtigen Details
Bundesliga 7.März.2016 abseits.at Redaktion 0
Auf dem Papier war das Gastspiel Rapids in Vorarlberg eine klare Angelegenheit, ebenso wie das Spiel gegen den SV Mattersburg am letzten Spieltag. Doch wie Johan Cruijff einst schon sagte: „The hardest thing about an easy match is making a weak opponent play bad football.”
Das mag – wie viele Zitate des niederländischen Erfolgstrainers – unlogisch klingen, doch aus einer analytischen Perspektive ergibt es Sinn. Schwächere Gegner konzentrieren sich enorm auf das Verteidigen und erschweren das eigene Angriffsspiel. Gleichzeitig greifen sie sehr simpel und linear an und können sich wegen ihrer Außenseiterstellung auf ein Angriffsspiel mit sehr viel Absicherung konzentrieren.
Große Mannschaften schaffen es in den letzten Jahren auch dank der Taktik und einer tollen Balance im Verbund mit ihrer individuellen Überlegenheit konstant auswärts und zuhause gegen schwächere Mannschaften drei Punkte zu holen. Das erfordert aber Präzision in vielen kleinen Details. Rapid gelangen diese kleinen Details in dieser Partie nicht konstant genug, um zu gewinnen.
Effiziente Nutzung des Ballbesitzes
Als Favorit ist es – zumindest beim Stand von 0:0 – nahezu unmöglich, weniger Ballbesitz als der Gegner zu haben. Natürlich könnte man etwas dafür tun: Absichtliche Ballverluste und Kick&Rush sind mögliche Mittel zur Ballbesitzreduktion, ebenso wie sehr tiefes und passives Pressing. Aber für den Gegner ist ein Punktgewinn in solchen Duellen ein Erfolg, für die eigene Mannschaft hingegen eine kleine Katastrophe. Darum ist für Rapid in solchen Partien entscheidend, wie viel Druck sie konstant in organisierten Ballbesitzsituationen aufbauen können. Wichtig hierfür sind die Positionen, die man dafür einnimmt.
Man muss die Räume passend aufteilen, um a) möglichst viele Anspielstationen am Ball zu haben und b) den Gegner möglichst viel Raum abdecken zu lassen. Eine zurückhaltende Mannschaft wie Altach muss im Pressing zu weiträumigem Verschieben gezwungen werden, um Löcher in deren Defensivverbund zwecks des Raumgewinns zu öffnen und sie im Hinblick auf den weiteren Spielverlauf müde zu machen.
Bei Rapid war dies einmal mehr unsauber. Zwar wurde die ballferne Halbraumbesetzung, die in den letzten Wochen ein paar Mal im Rahmen dieser Serie kritisiert wurde, etwas verbessert, doch in den ersten zwei Linien war die Breitenstaffelung gelegentlich zu gering und die Abstände in der Vertikale unpassend.
In dieser Situation standen die Spieler zuerst in einer Dreierreihe. Der zentrale Spieler rückte nach vorne, dreht ab und spielte auf den rechten Innenverteidiger. Hier erkennt man die Probleme einer suboptimalen Positionsstruktur sofort: Durch die geringen Abstände war der Pass kürzer, die Gegenspieler können den Passempfänger nun schneller und simpler unter Druck setzen. Durch die geringen Abstände in den höheren Zonen stehen noch zu viele Spieler auf links, dem Spieler am Ball fehlt es nun an Anspielstationen nach vorne. Weil so viele Spieler sich wiederum ganz vorne positioniert haben, können sie ihn auch bei schneller Bewegung auf den rechten Flügel nicht unterstützen. Deswegen hätte schon zuvor a) die Dreierreihe vor dem Andribbeln des zentralen Spielers nach vorne breiter stehen müssen und b) die Position vor dem rechten Innenverteidiger im Mittelfeld oder Angriff früher besetzt werden sollen.
Wäre dies passiert, hätte Altach hier keinen Druck aufbauen können und/oder hätte einen langen Sprint mehr machen müssen. Gleichzeitig wäre der Raumgewinn effektiver gewesen, man hätte die Dynamik dieser Situation besser bespielen können. Eine bessere Raumbesetzung wäre auch in der folgenden Grafik notwendig gewesen.
Hier gibt es für die Abwehrreihe keine Optionen nach vorne. Der Sechserraum ist komplett unbesetzt, die Abstände nach vorne sind viel zu weit und es bewegt sich auch niemand, um hier in den eigentlich offenen Räumen anspielbar zu werden. Auf höchstem Niveau ist sowas enorm riskant: Andere Mannschaften laufen in diesen Situationen enorm aggressiv und kompakt an, der Mangel an Anspielstationen resultiert dann in einer Isolation auf dem Flügel, einem direkten Ballverlusten oder einem langen Ball. Manche Teams – wie z.B. der BVB – schieben in diesen Situationen sogar so aggressiv vorne, dass der lange Ball nicht möglich ist und die vorderen Spieler im Abseits bleiben.
Deswegen ist eine gelungene Positionsstruktur wichtig; es macht die eigene Ballzirkulation weniger vorhersehbar. Je mehr effektive Optionen in unterschiedliche Richtungen man besitzt, umso schwierigere Entscheidungen muss der Gegner treffen. Und: Umso mehr kann man auf Bewegungen des Gegners mit einer alternativen, aber ebenfalls guten Aktion reagieren.
Gegen den Ball ist es übrigens nur eine Spiegelung davon; je weniger Optionen man dem Gegner offenlässt, umso schwieriger hat dieser es. Kompaktheit ist hierbei ein Schlüsselwort – und bei Rapid nicht immer vorhanden.
Kompaktheit und das Versperren von Anspielstationen
Die Raumdeckung hat sich gegenüber der Manndeckung weitestgehend durchgesetzt, weil sich mithilfe der Raumdeckung die Schlüsselzonen auf dem Feld und die Räume in Ballnähe besser verteidigen lassen. Eine dieser Schlüsselzonen ist der Raum vor der Abwehr bzw. die Mitte generell. Dafür wird allerdings neben einem sauberen und schnellen ballorientierten Verschieben auch eine kompakte und kollektive Ausrichtung benötigt.
Diese ist bei Rapid in dieser Szene nicht gegeben. Niemand rückt im Sprint auf den Ballführenden raus; dieser hat keinen Druck und kann diesen Pass spielen. Natürlich hätte auch ein im Sprint herausrückender Spieler keine Möglichkeit diesen Pass noch abzufangen; er würde aber durch sein Herausrücken z.B. die äußeren Zonen (wenn es der linke Flügelstürmer tun würde) absperren, die anderen Spieler können dies nutzen und sich in die Mitte bewegen, was dann eventuell zum Abfangen dieses Passes führt.
Das Problem ist aber die grundlegende Ausrichtung. Rapid besetzt die zentralen Räume vor der Abwehr nicht, sondern verschiebt ungleichmäßig zum Ball. Zumindest ein Spieler hätte dem zentralen Raum eine höhere Priorität beimessen müssen, die Abwehr hätte außerdem stärker mit zum Ball schieben sollen. Ein weiteres Problem ist der Mangel an Raumkontrolle der Spieler. Auf Topniveau sehen sich die Spieler konstant um, wodurch sie Passoptionen der Gegner erkennen und diese versperren können.
In dieser Situation sieht keiner der Rapid-Spieler, dass ein diagonaler Pass direkt vor die Abwehr möglich ist. Es erkennt auch niemand, dass dieser Spieler direkt auf einen offenen Spieler zum Abschluss ablegen kann. Ein paar kleine Bewegungen hätten ansonsten diese Möglichkeiten versperren oder zumindest unter Druck setzen können. Weil dies nicht gemacht wird, spielt Altach den langen, diagonalen Flachpass, spielt eine Direktablage und kommt unbedrängt aus knapp zwanzig Metern zum Abschluss.
Das Pressing nach dem Pressing
Ein weiterer Punkt ist das Verteidigen von Situationen nach einem fehlgeschlagenen ersten Pressing. Werden Pressingbewegungen ausgespielt, entsteht meistens Raum. Bei einer unkompakten Mannschaft ist dies meistens im Zentrum, bei einer kompakteren meistens auf dem ballfernen Flügel – was mehr Zeit zum Reagieren und Verschieben erlaubt. Deswegen sollte kompakt und zentrumsorientiert gespielt werden, damit der Gegner die langen Verlagerungen nehmen muss.
Generell ist das Verteidigen von schnellen Flachpassverlagerungen mit guten Positionsstrukturen für den Gegner etwas, das fast nur auf höchstem Niveau benötigt wird. In der heimischen Liga spielt solche Verlagerungen in hohem Tempo mit der Möglichkeit für effektive Spielzügen auf der ballfernen Seite ohnehin kaum jemand. Andere Mannschaften – wie die Münchner Bayern – fokussieren solche Angriffe aber konstant. Dennoch kommen solche Angriffe improvisiert auch in der österreichischen Liga vor und werden gefährlich. Roger Schmidts RB Salzburg war in Österreich die beste Mannschaft der letzten Jahre, was das Verteidigen von solchen Horizontalpässen betrifft – bei Rapid herrscht hier Nachholbedarf.
In dieser Situation presste Rapid auf rechts, war dabei aber nicht ganz kompakt. Altach spielt zuerst in die Mitte, welche Rapid daraufhin zustellen muss. Die Gäste spielen daraufhin auf den Flügel, wo der grün-weiße Flügelstürmer sich zurückfallen lässt. Problematisch: Auch die Abwehr tut dies, aber überproportional. Es entstehen riesige Räume neben dem Sechser und es gibt keinen Druck auf den Ballführenden.
Eine höhere Abwehr mit Abseitsfalle oder das gemeinsame Zurückfallen aller Spieler wären hier deutlich bessere Möglichkeiten. Für beides wird aber dennoch Druck auf den Ballführenden benötigt. Deswegen sollten die ballfernen Flügelspieler direkt bei der Verlagerung im Sprint nach vorne rücken, während die zuvor überspielten Spieler von der anderen Seite sich im Sprint entweder zum Ball bewegen (höhere Abwehr und Spiel auf Abseits) oder in Richtung Mitte zurückfallen (tiefere Abwehr).
In dieser Situation zeigte Rapid übrigens, wie anfällig sie selbst für einfache Pässe aus dem Pressing heraus wären; die Kompaktheit und Breitenstaffelung sind quasi nicht existent:
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