Mit einem 1:2 beim LASK musste Rapid am Sonntagabend die erste Saisonniederlage in der Liga einstecken. Angesichts der großen Rotation und den damit verbundenen... Rapids Extremrotation und die trügerische Kaderdichte

Mit einem 1:2 beim LASK musste Rapid am Sonntagabend die erste Saisonniederlage in der Liga einstecken. Angesichts der großen Rotation und den damit verbundenen Qualitätsmängeln in der Startelf war es fast schon eine Niederlage mit Ansage.

Trainer Ferdinand Feldhofer betonte, dass er bei einigen angeschlagenen Spielern kein Risiko eingehen wird. Das traf wohl auf Patrick Greil und Yusuf Demir zu, die für das LASK-Auswärtsspiel in Pasching nicht im Kader der Hütteldorfer standen. Die etatmäßigen Stammspieler Burgstaller, Kühn und Wimmer nahmen nur auf der Bank Platz, auch Druijf war natürlich noch nicht bereit für 90 Minuten.

Frische ist nicht alles – es braucht auch allgemeine Qualität

Und das war schlussendlich zu viel des Guten. Feldhofer wird natürlich am besten wissen, wie es um die Fitness und Frische seiner Spieler bestellt ist und wer bereit für ein schwieriges Match beim LASK ist. Frische alleine ist aber nicht alles – es braucht auch die nötige Qualität, um beim starken LASK bestehen zu können. Und hier wurden gleich mehrere Probleme Rapids offensichtlich.

Massive Qualitätsprobleme auf der Zentralachse

Es war nur schwer nachzuvollziehen, wie Rapid mit der Aufstellung der ersten Halbzeit gegen einen aggressiven und zudem aufgezuckerten Gegner wie den LASK bestehen wollte. Viele Fans sahen schon in der Startelf eine „Niederlage mit Ansage“. Es gab kaum ein Szenario, in dem Rapid mit dieser Zentralachse dem LASK das Wasser hätte reichen können. Von vorne bis hinten mangelte es hierfür an Qualität:

– René Kriwak ist auf Bundesliganiveau als Solospitze schlichtweg noch nicht gefestigt genug

– Selbiges gilt für Moritz Oswald im Achter/Zehner-Raum

– Aleksa Pejic kann den Sechserraum noch nicht alleine organisieren. Möglich, dass er es irgendwann kann, aber aktuell ist er noch mit dem Tempo und der Passpräzision und -qualität überfordert

– Roman Kerschbaum war in seinem zweiten Pflichtspiel für Rapid ebenfalls noch nicht in die nötigen Automatismen eingebunden.

– In der Innenverteidigung hing im Aufbau das meiste am erst 18-jährigen Leopold Querfeld

– …auch weil neben ihm mit Michael Sollbauer der am wenigsten progressive Passspieler der Rapid-Abwehr auflief.

Allgemeine Probleme auf den Außenpositionen

Alleine auf der Zentralachse gab es also auf allen sechs Positionen klare „Contra“-Punkte. Rapid kann nach dem Umbruch im aktuellen Sommer natürlich noch nicht hundertprozentig funktionieren, aber speziell der Einbau von Talenten wie Oswald, Kriwak oder Querfeld, aber auch Neuverpflichtung Pejic funktioniert nur dann gut, wenn sich diese Spieler an arrivierten Nebenleuten anlehnen können, um sich bestmöglich zu entwickeln.

Rapids Probleme zogen sich aber auch auf die Außenpositionen, wo man gerade in der Defensive Gefahr läuft, sich zu verzocken:

– Jonas Auer hat immer wieder seine Momente, wie etwa in der Verlängerung gegen Neftchi Baku. Über ganze Spiele betrachtet, ist er aber noch deutlich zu instabil. Und auch wenn Moormann in einigen Wochen von seiner Verletzung zurückkehrt, wird das Rapids Probleme auf der Linksverteidigerposition kurz- und mittelfristig nicht lösen.

– Auch Martin Koscelnik ist noch nicht perfekt ins Spiel eingebunden, auch wenn er zuletzt eine leichte Leistungssteigerung verzeichnete.

– Bei Zimmermann sah man nun bereits mehrfach, dass er am Flügel seine Stärken nicht ausspielen kann – übrigens ebenso wie auf der Zehnerposition. Der Youngster ist am besten, wenn er gegen den Ball aus der Spitze heraus aggressiv anlaufen kann und eine hohe Anspielstation für mehr Tiefgang bietet, anstatt Bälle zu binden, in Eins-gegen-Eins-Duelle gehen oder Passstafetten mitgestalten zu müssen.

Die große Kaderdichte, die eigentlich keine ist

Rapid „wirbt“ nach der Transferoffensive immer wieder mit größerer Kaderdichte und der Möglichkeit nachzulegen. Klar: Dass die Grün-Weißen das können, sah man in Pasching erneut in der Schlussphase, als vor allem Burgstaller und Kühn frischen Wind ins Spiel brachten und Rapid praktisch erstmalig gefährlich wurde.

Das hilft aber nichts, wenn man a) bereits mit 0:2 zurückliegt und b) die „hineinrotierte“ erste Elf schlichtweg nicht gut genug ist. Die Startaufstellung vom Sonntag hätte wohl in jedem Bundesliga-Auswärtsspiel ihre Probleme gehabt. Speziell auf der Zentralachse gab es praktisch keine Ankerpunkte, die das Spiel kontrollieren und eigeninitiativ Takt und Idee vorgeben konnten. Der auf dem Papier weniger dichte Kader des LASK zeigte das Gegenteil auf – die Linzer hatten weniger Masse, dafür aber deutlich mehr Balance.

Reif für oben? Nicht in diesem quantitativen Ausmaß!

Spieler wie Kriwak, Oswald oder Querfeld, aber auch (in diesem Fall nicht eingesetzt oder nicht im Kader) Sattlberger oder Savic wären aktuell exakt jene talentierten Akteure, die sich in der zweiten Mannschaft etablieren und zu echten Leistungsträgern reifen müssten. Die Teilnahme von Rapids zweiter Mannschaft in der 2. Liga ist hierfür prädestiniert. Der punktuelle Einbau dieser Spieler in die erste Mannschaft ist sinnvoll und gut für deren Entwicklung, aber davon abgesehen sollten sie eher den Stamm der „Zweier“ bilden, anstatt als zentrale Bestandteile des Rotationsprinzips in einer ohnehin noch nicht funktionalen ersten Mannschaft zu fungieren.

Wie der Einbau einzelner Junger in eine funktionierende Mannschaft vonstatten gehen kann, zeigte zuletzt Sturm Graz vor, das seinen Stamm und seine Automatismen längst gefunden hat und nun punktuell und situativ seine Jungen schnuppern lässt.

Lieber ein Schritt zurück

So ziemlich jede Mannschaft kann eine so genannte „Kaderdichte“ aufbauen, wenn man wie Rapid knapp zehn (U21-berechtigte) Eigenbauspieler in die „Erste“ hochzieht. Das mag zur Folge haben, dass sich diese Spieler in jüngerem Alter an die Bundesliga gewöhnen, aber für manche ist das Wasser schlichtweg noch zu kalt und es geht dadurch langsamer, als würde man den Spielern mit einem Schritt zurück zwei Schritte nach vorne ermöglichen. Die erwähnten jungen Spieler haben nicht die Qualität eines Emanuel Aiwu, der mit seinen 21 Jahren schon vorneweg gehen konnte. Ebenso wie der schmerzlich vermisste Robert Ljubicic in der Vorsaison.

Verantwortungsprobleme

Trotz der Ausfälle war demnach am Sonntagabend sichtbar: Rapid ist personell nicht gut ausbalanciert und es fehlen ein bis zwei echte Unterschiedsspieler, wie es in der Offensive etwa die am Sonntag eingewechselten Kühn und Burgstaller sind. Dieser Mangel betrifft vor allem das Mittelfeldzentrum, mit Abstrichen aber auch den noch tieferen Aufbau, wo schlichtweg die Aufbauverantwortung nicht an einem 18-Jährigen hängen sollte und schlussendlich auch die zu schwach besetzten Außenverteidigerpositionen.

Szenario schaffen, in dem nicht immer alles zusammenpassen muss

Um mit einer Startelf wie auswärts beim LASK bestehen zu können, muss einfach alles zusammenpassen. Speziell die mannschafts- und gruppentaktischen Automatismen mit, aber vor allem gegen den Ball. Und dann muss man in den einzelnen Zweikämpfen auch noch giftiger agieren, als der ohnehin topmotivierte Gegner. Das war mit dieser „1b“-Mannschaft einfach nicht möglich. Und das wichtige, bevorstehende Playoff-Spiel in Liechtenstein, die Temperaturen oder die allgemein hohe Belastung erneut ins Treffen zu führen, ist kein gutes Signal und zieht eine selbsterfüllende Prophezeiung nach sich. Die Spieler bekommen praktisch Ausreden serviert, wieso im Spiel nichts zusammenlief – und das Resultat ist unweigerlich die berühmte Rapid-Lethargie, die den Klub seit vielen Jahren verfolgt und dafür sorgt, dass es im Umfeld des Rekordmeisters immer wieder rumort.

Zwei Wochen, die über die restliche Saison entscheiden…

Knapp zwei Wochen hat Rapid übrigens noch Zeit, besagte ein oder zwei Unterschiedsspieler an Land zu ziehen. Wenn man im Laufe eines hoffentlich intensiven Herbsts nicht wieder auf die Suche nach Gründen für das eigene Scheitern suchen möchte, sollte man also genau jetzt Herz und Geld in die Hand nehmen. Eben so, wie man es einst in solchen Phasen auch in der erfolgreichen Ära Edlinger machte, obwohl man damals nur das Herz hatte…

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen