Im taktischen Rückblick auf Rapids Herbst haben wir bereits die Verteidigung und ihre personelle Besetzung unter die Lupe genommen. Nun betrachten wir das, unter... Rapids Herbst – Teil 2: Zentrales Mittelfeld

Im taktischen Rückblick auf Rapids Herbst haben wir bereits die Verteidigung und ihre personelle Besetzung unter die Lupe genommen. Nun betrachten wir das, unter Schöttel, neu formierte zentrale Mittelfeld.

Rapid ist mit einem 4-4-2 in die neue Saison gestartet, spielte also mit vier Mittelfeldakteuren. Das zentrale Mittelfeld wurde allerdings nicht, wie unter Peter Pacult, mit zwei defensiven Akteuren besetzt, sondern mit einem offensiveren und einem defensiveren Spieler.

Alter Heikkinen

Den defensiveren Part hat Markus Heikkinen übernommen. Viele Rapid-Fans hatten ihn mit gutem Grund abgeschrieben. Bis 2009 hatte er mit starkem Zweikampfverhalten und tollen Körpertäuschungen bestochen. Danach folgte ein kontinuierlicher Leistungsabfall, der Finnische „Sechser“ war nicht mehr wieder zu erkennen. Das lag aber auch an Pacults 4-4-2, das Heikkinen offensive Fähigkeiten abverlangte, die er nicht hat: Immer wieder verzweifelte Heikkinen, wenn er vor dem gegnerischen Strafraum den Ball führte und eine Anspielstation suchte, der Pass in die Tiefe ist eben nicht seines. Seines ist es, direkt vor der Abwehrviererkette als Bindeglied von Abwehr und Mittelfeld zu agieren, vor allem aber die Defensive zu unterstützen. Sowohl in Schöttels 4-4-2 als auch in dessen neuen 4-2-3-1 zeigte sich Heikkinen als solider defensivster Part des Mittelfelds. Schöttel hat Recht behalten, seine Vertragsverlängerung hat sich bezahlt gemacht.

Hofmann mit neuen Rollen

Den offensiveren Part in Schöttels 4-4-2 zu Beginn der Saison spielte Steffen Hofmann. Er sollte die Brücke zwischen Mittelfeld und Angriff bilden, das Spiel aus einer defensiveren, befreiten Position heraus eröffnen. Doch sein Offensivspiel hat unter dieser Variante gelitten, seine defensive Schwäche sich offenbart. Auch aus diesem Grund hat Schöttel sein System gewechselt, seit Mitte Herbst spielt Rapid mit einer 4-2-3-1-Formation. In diesem neuen System ist Hofmann als Spielmacher hinter der einzig echten Spitze positioniert. In dieser Rolle ist Hofmann von defensiven Aufgaben in der eigenen Hälfte befreit, wodurch das Offensivspiel mehr von seinem Passspiel profitiert. In dieser offensiveren Position kann er häufiger seine Torgefährlichkeit ausspielen, so wie im November gegen den SV Mattersburg, als er das sehenswerte 2:1 schoss. Streng genommen ist er von seinen defensiven Aufgaben nicht ganz befreit, denn Hofmanns Aufgabe liegt auch darin den Mittelstürmer beim Pressing zu unterstützen. Hofmann bewältigt diese Aufgabe gekonnt, im Herbst hat er den Gegner so häufig zu Ballverlusten gezwungen, seine „Sliding-Tacklings“ sind gefürchtet.

Prager als neuer „Achter“

Die Umstellung auf das 4-2-3-1 hat es Thomas Prager ermöglicht, in die Stammelf zu gelangen. Auf dem Papier waren nun zwei defensive Mittelfeldspieler zu sehen, in dem nun Prager neben Heikkinen aufschien. Oder sagen wir besser vor ihm: Das zentrale Mittelfeld spielt genau genommen auf drei Linien. Markus Heikkinen sichert als echter „Sechser“ vor der Abwehr ab, Thomas Prager zieht es als so genannter „Achter“ in Ballbesitz weiter nach vorne und Steffen Hofmann agiert als offensiver Spielmacher deutlich vor den beiden. Zurück zu Prager, der langjährige „niederländische Schüler“, ergänzt Hofmanns spielerische Fähigkeiten, er übernimmt sowohl defensive als auch offensive Aufgaben. Er ist technisch beschlagen, verfügt über Spielverständnis und Ruhe am Ball. Auch wenn Prager in Zweikämpfen oft weniger überzeugt, seine kreative Spielweise ist zu einem wichtigen Bestandteil von Rapids Offensive geworden. Prager kann außerdem die Rolle von Hofmann einnehmen, wenn auch mit etwas weniger Torgefahr.

Zweite Reihe

Und was ist mir der zweiten Reihe? Stefan Kulovits ist der zweite Mann auf Heikkinens Position. Im Vorjahr zählte der kämpferische Routinier noch zu den stärksten Rapid-Spielen. Denn er hat sich durchaus weiterentwickelt, sein Passspiel verbessert, er kann das Spiel auch schnell machen. An seine Leistungen des Vorjahrs konnte er allerdings nicht anschließen und kam im Herbst deshalb seltener zum Zug. Dominik Wydra, der von den Amateuren hochgezogen wurde, könnte Thomas Pragers Back-Up werden. Wydra besticht durch technische Versiertheit und starkes Zweikampfverhalten. Auch Boris Prokopic kann die Position des „Achters“ einnehmen, das hat er bereits im Vorjahr bewiesen. In dieser Saison ist ihm jedoch nicht viel gelungen, obwohl er durchaus über spielerische und technische Fähigkeiten verfügt. Ihn auf dem Flügel zu platzieren, das zählt zu Schöttels weniger guten Ideen. Prokopic ist ein Spieler für die zentrale Position und kann deshalb auch die offensive Rolle Hofmanns einnehmen. Es wird sich zeigen, wie sehr er ihn tatsächlich ersetzen kann.

Fassen wir zusammen: Rapids zentrales Mittelfeld hat unter Peter Schöttel zu alter Stärke gefunden. Heikkinen kann sich erfolgreich auf defensive Aufgaben beschränken, Prager ergänzt Heikkinen in der Defensive und Hofmann in der Offensive. Und Hofmann – seine neue Position ermöglicht es ihm, seine Stärken auszuspielen. Manche werden sich Fragen: Und was ist mit den Flügeln Christopher Trimmel und Christopher Drazan, gehören die nicht auch zum Mittelfeld? Auf dem Papier schon, ihre Position kommt allerdings der der Flügelstürmer des 4-3-3 recht nahe. Damit werden wir uns im nächsten Teil von Rapids Herbstanalyse beschäftigen.

Emanuel Van den Nest, abseits.at

Emanuel Van den Nest

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