Keiner gleicht dem anderen – Das könnte man über Rapids Stürmer sagen. Nachdem wir uns mit den personellen Stärken und Schwächen von Abwehr und... Rapids Herbst – Teil 3: Flügel- und Mittelsturm

Keiner gleicht dem anderen – Das könnte man über Rapids Stürmer sagen. Nachdem wir uns mit den personellen Stärken und Schwächen von Abwehr und Mittelfeldzentrale beschäftigt haben, setzen wir uns in diesem dritten Teil mit den Stürmertypen und ihrer Darbietung im Herbst auseinander.

„Christopher Trimmel, Guido Burgstaller und Christopher Drazan: Das sind doch keine richtigen Stürmer“ – diese Ansicht vertritt so  mancher Rapid-Fan. Zutreffend ist diese Ansicht auf die Systeme 4-4-2 und 3-5-2 in alter, unflexibler Anwendung, wenn die beiden Stürmer auf halbrechter und halblinker Position agieren. Anders im klassischen 4-3-3 oder im ähnlichen, aber defensiveren 4-2-3-1: Hier gibt es einen Mittelstürmer, der von Flügelstürmern flankiert wird. Der Unterschied der beiden Systeme liegt darin, dass die Flügel im 4-2-3-1 meist etwas defensiver agieren als im 4-3-3, nämlich auf Höhe des zentralen offensiven Mittelfeldspielers. Beiden Systemen gemeinsam ist, dass man hier die Position des Mittelstürmers von der des Flügelstürmers unterscheidet.

Flügelspieler Drazan und Trimmel

Und wie sieht dieser Unterschied bei Rapid aus? Beginnen wir bei den Flügelspielern. Die angesprochenen Rapidler Christopher Drazan und Christopher Trimmel haben im Herbst die Spielweise Rapids durch ihr dynamisches Flügelspiel belebt. Beide besitzen Attribute, die Spieler auf dieser Position benötigen: Sie sind schnell und torgefährlich. Trimmel hat im Herbst sogar vier Tore erzielt, und alle mit seinem schwächeren linken Fuß. Trainer Peter Schöttel hat erkannt, dass die beiden variabel einsetzbar sind und deshalb auf einen taktischen Trend reagiert: Er ließ Trimmel und Drazan unter dem Spiel immer wieder die Seiten wechseln, um die eigenen Angriffe weniger berechenbar zu machen. So agierten Trimmel und Drazan auf dem „falschen“ Flügel und erwischten die Verteidiger im wahrsten Sinne des Wortes am „falschen“ Fuß, wenn sie dort nach innen zogen. Vom Flügelspieler werden natürlich auch Vorlagen erwartet, die jeder auf seine Weise liefert: Drazans Stärken liegen in der hohen Flanke, die häufig präzise beim Mitspieler landet. Trimmels Stärken liegen dagegen eher im flachen Stangelpass in die Mitte.

Allrounder Alar und Burgstaller

Wenn die beiden Flügelstürmer im Herbst nicht zum Einsatz kamen, wurden sie häufig durch Guido Burgstaller und Deni Alar ersetzt. Beide sind jedoch nicht nur jeweils auf beiden Flügeln, sondern ebenso als hängende Spitze oder Mittelstürmer einsetzbar. Beide sind technisch versiert, schnell und verfügen über eine gute Schusstechnik. Als hängende Spitze konnte Alar im Herbst ansatzweise auch als Spielgestalter auf Hofmanns Position gefallen, am „falschen“ rechten Flügel hat er im Dezember das entscheidenden 2:1 gegen die Admira erzielt. Burgstaller hat als Mittelstürmer durchaus überzeugt, auch weil sich sein kämpferisches und laufstarkes Auftreten gut für Rapids Angriffspressing eignet. Während Burgstaller in seinen wenigen Einsätzen torgefährlich gewesen ist, vier Tore hat er in neun Spielen erzielt, wird Alar an seiner Chancenauswertung noch arbeiten müssen, er hält bei zwei Treffern.

Mittelstürmer Salihi und Nuhiu

Dem Typ des Mittelstürmers entspricht Hamdi Salihi schon eher. Der Albaner, der soeben nach Washington zu D.C. United gewechselt hat, kann auf keinen glücklichen Herbst zurückblicken. Obwohl er im Strafraum mit gutem Stellungsspiel, Schuss- und Kopfballtechnik besticht, tut er in Schöttels Augen zu wenig für das Spiel: Zu selten lässt er sich zurückfallen, um den Spielaufbau zu unterstützen und der Deckung seiner Gegenspieler zu entfliehen. Das ist Atdhe Nuhiu schon besser gelungen, der nach Salihis Abgang noch am ehesten einem klassischen Mittelstürmer gleicht. Nuhius Stärke liegt darin, den Ball mit seinem Körper abdecken und dann seinen Kollegen zuspielen zu können, auch seine Ballbehandlung kann sich sehen lassen. Seine Defizite liegen in seiner Bewegung: Zu lange braucht er, um zu beschleunigen oder seine Laufrichtung zu ändern, wendig ist der großgewachsene Rapidler eben nicht. Apropos großgewachsen, trotz seiner Körpergröße kann Nuhiu eher selten mit Kopfbällen für Torgefahr sorgen, zweimal hat er bislang mit dem Kopf getroffen. In Sachen Torgefahr ist Nuhiu seinen Kollegen dennoch voraus: Mit sechs Toren war er bislang Rapids bester Torschütze.

Hängende Spitze Gartler

Wie Nuhiu fühlt sich Rene Gartler im Zentrum am wohlsten. Er zählt zu den technisch versiertesten Kaderspielern Rapids: Vom Ball ist er kaum zu trennen und verfügt über Spielverständnis und Übersicht. Zu Beginn der Saison hat er im 4-4-2 die Rolle der hängenden Spitze übernommen und damit die Brücke zum zentralen Mittelfeld geschlossen. Im neuen 4-2-3-1 würde ihm die Rolle des offensiven Spielmachers am ehesten liegen, auf dieser Position ist allerdings Steffen Hofmann gesetzt. Für die Position der einzig echten Spitze, als Mittelstürmer müsste Gartler wohl torgefährlicher werden.

Kommen wir zum Ende: Flügelstürmer Drazan und Trimmel haben Rapids Offensivspiel dynamischer gemacht. Nach dem Abgang von Salihi entspricht Nuhiu noch am ehesten dem Typus des klassischen Mittelstürmers. Ansonsten verfügt Rapid über vielseitig einsetzbare, spielerisch starke und schnelle Akteure, die für offensiven Variantenreichtum sorgen. Ein Stammspieler für die Mittelstürmerposition, der auch regelmäßig für Tore sorgt, der hat sich im Herbst noch nicht ganz herauskristallisiert.

Emanuel Van den Nest, abseits.at

Emanuel Van den Nest

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