Rapids Lücken in der Mittelfeldzentrale, ein neuer Sechser und die „Erlaubnis“ zu verlieren
Bundesliga 14.Juli.2013 Daniel Mandl 0
Für den SK Rapid startet heute die Saison 2013/14 so richtig. Um 16:30 Uhr sind die Grün-Weißen zu Gast auf der Linzer Gugl, um sich in der ersten Cup-Runde mit dem LASK zu messen. Doch auch die letzten Tage waren für Rapid durchaus interessant: Es gab eine Testspielniederlage gegen Paris St.Germain und die Erkenntnis, dass nun scheinbar doch eine weitere Neuverpflichtung zur Barisic-Elf stoßen wird.
Darüberhinaus wurde auch bekannt, dass es keine Entscheidung zur Stadionfrage in der Ära Edlinger geben wird. Dies werden wir jedoch in einem separaten Artikel behandeln. Vor dem heutigen ersten Saisonpflichtspiel gegen den LASK, konzentrieren wir uns auf Sportliches.
Einsatz stimmte
Gegen den französischen Meister überraschte Rapid-Trainer Zoran Barisic, indem er keine typische A-Mannschaft aufs Feld schickte, sondern in den beiden Halbzeiten durchmischte. Dies verband Barisic mit seinem Trainerkollegen Laurent Blanc auf der anderen Seite. Die junge Rapid-Mannschaft präsentierte sich – unter lautstarker Unterstützung von den Rängen – aufopferungsvoll. Die Spieler ließen keine Zweifel daran aufkommen, dass die Wiedergewinnung der Fans einer der obersten Ziele der nächsten Monate ist.
Hinter den Ball kommen
Angesichts des unbändigen Einsatzes der Spieler geschah das, was zu erwarten war: Man konnte der gerne zitierten „Boygroup“ des Rekordmeisters trotz Niederlage nicht böse sein. Die Spieler zeigten phasenweise gutes Pressing gegen oft lax agierende Pariser und versuchten bei Ballverlusten schnell hinter den Ball zu kommen. Dass Rapid nach Ballverlusten in der Vorwärtsbewegung zu langsam hinter den Ball kommen könnte, ist eine der Hauptsorgen derer, die Rapids Spielanlage im Detail beobachten.
In der ersten Halbzeit bestand die grün-weiße „Doppelacht“ aus Dominik Wydra und Branko Boskovic. Dies ist eine Konstellation, die auf zwar gegen gegnerisches Pressing aufgrund von Passsicherheit und technischen Grundfähigkeiten relativ resistent ist, dafür aber nach Fehlern von Vorderleuten anfällig ist. Steht die Mittelfeldachse Wydra-Boskovic nämlich hoch und der Gegner sucht Pässe in die Zwischenlinienräume hinter den beiden „Achtern“, haben beide – zumindest momentan – Probleme, wieder auf Defensive umzuschalten. Wydra, weil er körperlich nicht fordernd genug ist, Boskovic, weil er in den letzten Jahren auf den ersten Metern an Spritzigkeit einbüßte.
Das Spiel lesen
Vielversprechend zeigte sich die Variante mit Brian Behrendt in der zweiten Halbzeit, der erwartungsgemäß zu einem ernsthaften Kandidaten für die „Sechser“-Position werden kann. Der Deutsche punktet speziell mit seiner körperlichen Präsenz, legte auf physischer Ebene merklich zu. Doch auch mit ihm zeigten sich dieselben Probleme: PSG wurde hauptsächlich dann gefährlich, wenn präzise Pässe zwischen die Linien gespielt wurden. Das defensive Umschaltspiel auf der Zentralachse Rapids weist Lücken auf. Zumindest im Test gegen PSG präsentierte sich auch keiner der zentralen Mittelfeldspieler als „antizipativer Defensivspieler“. Anders als in Ballbesitz, war es im Spiel ohne Ball nicht zu erkennen, dass einer der Aufgebotenen in Rückwärtsbewegung das Spiel des Gegners „lesen“ könnte.
Ein guter Sechser würde einiges verändern
Aus diesem Grund ist es nichts desto trotz eine Notwendigkeit, dass Rapid noch einen defensiven Mittelfeldspieler mit Stärken im defensiven Umschaltspiel verpflichtet. Präsident Edlinger erklärte am Tag des Testspiels gegen Paris St.Germain, dass dies auch in den nächsten Tagen geschehen wird. Ein gut funktionierender „Sechser“ würde die Qualität im Spiel Rapids nicht nur auf der betroffenen Sechserposition steigern, sondern positive Auswirkungen auf mehrere Mannschaftsteile haben. So muss man etwa schon jetzt an die Freiheiten denken, die Kapitän Steffen Hofmann mit oder ohne defensiv starken Abräumer genießen würde.
Erleichterung für Außenverteidiger
Ein anderes Thema sind hierbei die Außenverteidiger, die sich gegen PSG überraschend gut hielten und allesamt körperlich in Topverfassung sein dürften. Die Vorstöße dieser „modernen Spielmacher“ sind von größerer Sicherheit geprägt, wenn auf der Zentralachse ein mitdenkender, beinharter Defensivmann als Anspielstation und Raumdeckung im Rücken fungiert. Zwar sind Wydra und Boskovic sehr gute Fußballer, allerdings keine Optimallösungen, wenn sie einer Armada aus schnell konternden Gegnern gegenüberstehen (und das wird keine Seltenheit sein, zumal Rapids 4-3-3 gerade in Heimspielen auf Dominanz und offensive Dynamik ausgelegt ist).
Geradliniger – aber Automatismen werden etwas später greifen
Der versprochene, neue „Sechser“ ist eine Notwendigkeit im Spiel Rapids. Das konnte man sogar im wenig aussagekräftigen Freundschaftsspiel gegen den französischen Meister beobachten. Schlägt dieser ein, wird das Spiel Rapids (speziell in den Bereichen Defensive, Raumdeckung und Spiel ohne Ball) geradliniger sein. Eine solche Neuverpflichtung wird es Zoran Barisic ermöglichen, eine klare Spielphilosophie auf die Beine zu stellen. Durch die späte Verpflichtung und das damit verbundene Fernbleiben von „Mister X“ vom Vorbereitungsprogramm, wird sich lediglich das Greifen der Automatismen ein wenig verzögern – damit muss man rechnen. Ein möglicher Kandidat soll der Grieche Thanos Petsos (22) von der SpVgg Greuther Fürth sein.
Aus der Not eine Tugend – mit frischem Blut
Und insgesamt? Die jungen Kicker, schon jetzt nass vom kalten Wasser, in das sie geworfen wurden, zeigten sich frech und ambitioniert. Sei es der kleine Linksverteidiger Lukas Denner, der mit Schnelligkeit und Mut überzeugte, der technisch starke Eldis Bajrami als Rechtsaußen, oder Innenverteidiger Maximilian Hofmann, der damit punktete, dass er seine Position auch nach kurzen Ausflügen sehr schnell wieder einnahm. Das Spiel gegen PSG könnte sinnbildlich für Rapids Saison 2013/14 sein: Man wird einige Spiele verlieren, wohl nicht erfolgreicher sein, als in der Vorsaison. Aber die Spiele werden schöner anzusehen sein und man wird als Rapid-Fan intensiver mit dieser jungen Mannschaft fühlen. Auch wenn Rapid noch weit von Perfektion im Rahmen der personellen Möglichkeiten entfernt ist, ist es Barisic zuzutrauen, dass er aus der Not eine (Rapid-)Tugend macht.
Daniel Mandl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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