Vor dem heutigen Cupspiel gegen Austria Salzburg brodelt es beim SK Rapid. Von Vereinsseite betont man – wie so oft in schwächeren Phasen –... Rapids punktuelles Problem, der „Elf-Spiele-Vergleich“ und die Chance nachzubessern

SK Rapid Wappen (Hochformat)_abseits.atVor dem heutigen Cupspiel gegen Austria Salzburg brodelt es beim SK Rapid. Von Vereinsseite betont man – wie so oft in schwächeren Phasen – das junge Durchschnittsalter der Mannschaft und setzt trotz der jüngsten Rückschläge auf den Faktor Geduld. Auf Fanseite und mittlerweile auch in den Medien geht man etwas rustikaler mit den Grün-Weißen um.

Das große Potential der heurigen Rapid-Mannschaft ist unbestritten. Mit Spielern wie Kainz, Petsos oder Stangl gibt es gleich mehrere Spieler, die auch bei internationalen Klubs eine ernsthafte und tragende Rolle spielen könnten. Für etwas jüngere Akteure wie Schaub, Schobesberger oder Grahovac wird Rapid ebenfalls nicht die letzte Station in ihrer Karriere sein, jedoch werden diese Spieler naturgemäß von Leistungsschwankungen hin- und hergerissen.

Mittlerweile mit echten Stützen gespickt

Der Unterschied zu den letzten, etwa zwei bis drei Jahren ist jedoch, dass die Altersargumentation nicht mehr hundertprozentig greift, zumal das Team gereift und eigentlich um stabile Kräfte geformt ist. Altmeister Steffen Hofmann präsentiert sich wieder stärker, aber auch Akteure wie Schwab, Dibon und (in den letzten Wochen mit Abstrichen) Sonnleitner sind weit genug, um diese Mannschaft zu führen. Was wiederum gleichzeitig auf einige jüngere Spieler wie Kainz oder Petsos zutrifft.

Auch die Doppelbelastung ist nicht das Hauptproblem

Dass die Doppelbelastung kein griffiges Argument für einige der jüngsten Leistungen ist, zeigte das Horrorspiel gegen den Wolfsberger AC kurz nach der Länderspielpause. Insgesamt lässt sich feststellen, dass diese Rapid-Mannschaft nicht zu jung ist und durch die geduldige Arbeit von Zoran Barisic und seinem Team auch in ihrer Entwicklung zuletzt ordentlich weiterkam. Das Problem Rapids liegt jedoch seit nunmehr zwei Monaten in der offensiven Flexibilität.

Variabilität ging mit Beric verloren

Als Rapid im Frühjahr Gegner um Gegner an die Wand spielte, hatte dies verschiedene Gründe. Dazu zählten Philipp Schobesbergers historischer Lauf, Florian Kainz‘ hohe Stabilität, das kompakte zentrale Mittelfeld und natürlich die Treffsicherheit von Robert Beric. Dabei war es bei Letzterem noch viel mehr die Variabilität, die er ins Rapid-Spiel brachte, als seine Vollstreckerqualitäten. Die Ballsicherheit und die teils geniale Weiterverarbeitung, die Beric mit hoher Kontinuität auf den Platz brachte, machte auch das offensive Mittelfeld Rapids gefährlicher.

29:15

Rapid bestritt bis heute elf Spiele ohne Robert Beric, gewann und verlor jeweils fünf, remisierte einmal. Vom Saisonbeginn bis zum Aus gegen Shakhtar Donetsk (und damit Beric‘ letztem Spiel für Rapid) waren’s auch elf Spiele: Rapid gewann siebenmal, remisierte dreimal, verlor nur zu Hause gegen Donetsk. Auffällig ist aber auch, dass Rapid in den letzten elf Pflichtspielen nur 15 Tore erzielen konnte, während in den ersten elf Saisonspielen 29 Treffer gelangen. Das kommt natürlich nicht von ungefähr.

Kainz‘ und Schobesbergers Leistungsdaten als untrügerisches Zeichen

Beric‘ hohe Ballsicherheit eröffnete seinen Hinter- und Nebenleuten größere Räume. Dies trifft speziell auf die Flügelspieler zu. Nachdem Beric in Frankreich unterschrieb, traf Philipp Schobesberger nicht mehr und auch Florian Kainz durfte nur ein einziges Mal – beim Cup-Match in Amstetten – über einen Torerfolg jubeln. In den ersten elf Saisonspielen traf Kainz fünfmal, Schobesberger immerhin dreimal. Philipp Prosenik und Matej Jelic sind für die gegnerischen Abwehrreihen wesentlich einfacher in den Griff zu bekommen, nicht so spielintelligent wie der Ausnahmefußballer Beric und somit auch keine guten Zuarbeiter für Rapids Flügel und Zehner. Und ebensolche Zuarbeiter wären im ballbesitzorientierten Spiel Rapids dringend notwendig.

Erst drei Torbeteiligungen von Prosenik

Auch wenn Philipp Prosenik im Derby seinen ersten Saisontreffer machte, ist sein Spiel zu holprig und seine Art Zweikämpfe zu führen, öffnet dem Faktor Zufall Tür und Tor – wobei Rapid doch eigentlich auf Kontrolle aus ist. Sein Treffer gegen die Austria war sein erster seit einem halben Jahr bzw. 24 Pflichtspielen. In der laufenden Saison bringt es Prosenik auf drei Torbeteiligungen, was einer Beteiligung pro fünf Halbzeiten entspricht. Problematischer als seine Torstatistik ist aufgrund der Spielanlage Rapids sein ebenfalls niedriger Assistwert (je ein Assist beim 2:1 gegen Villarreal und beim 3:0 gegen Grödig).

Jelic „braucht noch“

Matej Jelic wirkt indes wie ein Fremdkörper, der mit dem schnellen Spiel Rapids noch überhaupt nicht zurechtkommt und auch in seiner Körpersprache den letzten Biss vermissen lässt. Sein Spiel ist zu geradlinig für das oft komplexe und engmaschige Offensivspiel Rapids, das Beric perfekt entgegenkam und von ihm getragen wurde. Allerdings brauchte Jelic auch in Zilina ein Jahr um richtig anzukommen – abschreiben darf man den Kroaten also keineswegs. Die dritte Alternative für den Angriff, Deni Alar, wäre technisch die stärkste Option, jedoch wirkt er seit seinem Achillessehnenriss im Jahr 2013 ängstlich und lässt ebenfalls den nötigen Punch vermissen.

Offensichtliches Offensivproblem, das sich bis in die Defensive weiterzieht

Da sich bei Rapid – abgesehen von den zu erwartenden Schwankungen von Einzelakteuren – in den letzten zwei Monate nichts geändert hat, außer die Besetzung des Zielspielers, liegt das grün-weiße Problem auf der Hand. Öffentlich wird dies natürlich nicht als Hauptgrund für die durchwachsene Phase deklariert, doch man muss kein Experte sein, um dies zu erkennen. Etwas komplexer ist hingegen die Tatsache, dass Rapid nach Beric‘ Abgang auch defensiv instabiler wurde, weil die Zweikampfführung von Prosenik und Jelic zahlreiche Ballverluste an der Grenze vom zweiten zum dritten Spieldrittel nach sich zieht und das Umschalten für die Gegner einfacher macht.

Die Kasse wäre bereit!

Rapid konnte in der laufenden Saison durch den Verkauf von Robert Beric und die Erfolge im Europacup etwa zehn Millionen Euro umsetzen. Selbst wenn man Altlasten, Prämien, Ablösesummen und finanziellen Mehraufwand durch aufgestocktes Personal abzieht, dürfte die Kasse des Rekordmeisters gut gefüllt sein. Jedenfalls gut genug, um im Winter personell nachzubessern – auch wenn man vom derzeitigen Kader auf lange Sicht kaum jemanden abschreiben/aufgeben darf.

Punktuelle Probleme sind zum Ausbessern da

Der Klub kann es sich nicht leisten, trotz der Möglichkeit die nicht gerade umfassenden Probleme auszumerzen, eine weiterhin lebendige Chance auf den ersten Meistertitel seit sieben Jahren zu verspielen, weil man die Geduld mit einer grundsätzlich sehr fähigen Mannschaft überstrapaziert. Red Bull Salzburg wirkt wieder stabil, aber unverwundbar oder besser als im Vorjahr sind die Bullen nicht. Die Austria schaffte es, sich durch harte Arbeit zu stabilisieren und Finks Plan weitgehend umzusetzen, allerdings spielen die Veilchen phasenweise am Limit und gewannen zuletzt vier Meisterschaftsspiele ohne dabei wirklich zu überzeugen. Rapids Chance lebt trotz der fünf Punkte Rückstand, bedarf aber zumindest einer Veränderung. Im Gegensatz zur (teils auch jüngeren) Vergangenheit hat Rapid spielerisch nur punktuelle Probleme und bewies auch in den letzten Spielen, dass man starke Gegner an die Wand spielen kann – allerdings nur bis zum Strafraum.

Spannung garantiert: Die Wintertransferzeit

In den letzten Wochen fiel in den Medien etwas häufiger der Name Karim Onisiwo, der als Linksaußen in Mattersburg eine sehr gute Figur macht, aber auch als Spitze eingesetzt werden kann. Der 23-Jährige wurde zuletzt auch im Spiel auf engem Raum besser und weist sensationelle Werte im Vorbereiten und Einfädeln von Toren, sowie im Sichern bzw. Zurückholen von wichtigen Bällen auf. Auch ein weiterer Legionär als zusätzliche Verstärkung wäre drin, nachdem Behrendt und Maric den Verein im Sommer verließen und Rapid nur noch die „erlaubten“ sechs Legionäre im Kader hat. Ein Siebenter wäre wohl kein Problem, da der Spanier Tomi bisher nur dreimal auf der Bank saß und keine Minute absolvierte. Ob Personalüberlegungen für den Winter zu einem lauteren, an die Öffentlichkeit getragenen Thema werden, werden die nächsten Wochen zeigen. Anzunehmen ist es aber durchaus, auch weil Deni Alars Vertragsverlängerung nach allen Regeln der Vernunft wackeln dürfte.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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