Rapids stressfreier 2:0-Sieg gegen Sturm Graz und was Routine damit zu tun hatte
Bundesliga 30.März.2014 Daniel Mandl 0
Mit einem 2:0-Heimerfolg über den SK Sturm Graz stieß der SK Rapid Wien das Tor zur Europa-League-Qualifikation wieder einen Spalt weiter auf. Die Hütteldorfer profitierten dabei von einem günstigen Spielverlauf und der größeren Kaltschnäuzigkeit in entscheidenden Momenten. Praktisch betrachtet war die Partie schon nach neun Minuten vorentschieden, auch weil Sturm der kämpferisch guten und offensiv ballsicheren Rapid-Elf nichts entgegenzusetzen hatte.
Nach einem Foul an Steffen Hofmann in der siebenten Minute verwandelte der Kapitän den fälligen Freistoß direkt. Zwei Minuten später nahm Mario Sonnleitner einen gut angeschnittenen Hofmann-Freistoß per Kopf ab und sorgte für das 2:0. Den Rest der Partie brachte Rapid damit zu, den Vorsprung (recht entspannt) zu verwalten, ließ Sturm nicht ins Spiel kommen und konnte dabei sogar sein Offensivspiel etwas schlampig anlegen und viele Einzelaktionen wagen.
„Wiedererstarkter“ Hofmann
Steffen Hofmann zeigte seinen Kritikern gegen Sturm was noch immer in ihm steckt. Seine wesentlich positivere, kämpferische Körpersprache bewies, dass er es nochmal allen zeigen will. Dabei war seine gute Leistung im gestrigen Spiel ohnehin nur ein Spiegelbild seiner Effizienz, denn der fränkische Kapitän der Wiener weist einmal mehr großartige Saisonwerte auf: In 26 Ligaspielen erzielte Hofmann nun fünf Tore, bereitete 13 vor und war an der frühen Entstehung von acht weiteren Toren beteiligt. Bewertet man diese Assist-Assists wie klassische Torvorlagen, stünde Hofmann 2013/14 bei einer Torbeteiligung pro 70 Minuten. Und gegen Sturm war sogar noch mehr drin: Rapids Nummer 11 bereitete alleine acht Torschüsse vor und brachte fast 81% seiner Pässe an den Mann.
Sonnleitner als zweiter „Man Of The Match“
Hofmann leitete den Sieg durch individuelle Klasse ein. Der zweite Architekt des Rapid-Sieges war diesmal Mario Sonnleitner, der das 2:0 selbst erzielte und danach mit großartigem Stellungsspiel und seiner ohnehin bekannten Schnelligkeit bestach. Der Steirer kam gegen Sturm ohne Fouls aus, fing zahlreiche Bälle ab, spielte gut hinten heraus und zeigte zudem in einigen Szenen, dass er imstande ist, ein Spiel „zu lesen“. Sonnleitners Auftritt gegen Sturm war nicht nur als eine seiner besten Saisonleistungen zu werten, sondern auch ein kleiner Schritt in Richtung „Routinier“ – die ja Rapid bekanntlich so dringend benötigt.
Gutes Gegenpressing
Rapid kam durch das stetige Übergewicht im Mittelfeld und die stressfreien Ballsicherungen durch Innenverteidiger und zentrale Mittelfeldakteure gegen Sturm nie in Verlegenheit. Individuelle Fehler, die aufgrund des häufigen „Probierens“ in der Offensive (meist Burgstaller) nun mal passieren, wurden durch gutes Gegenpressing in der Etappe ausgeglichen. Aus einer solchen Gegenpressingsituation holte Steffen Hofmann den Freistoß heraus, der zum 1:0 führte. Sturm war für Rapid an diesem Tag mental nicht wach genug und wirkte stets einen Schritt langsamer – auch als Rapid in der zweiten Halbzeit einen Gang herunterschaltete.
Ballsicherer Boyd als zusätzlicher Trumpf
Ein weiterer Faktor, der Rapid Sicherheit gab, war das verbesserte Passspiel von Terrence Boyd. Der US-Teamspieler verlor zwar 71% seiner Zweikämpfe, verarbeitete dafür flache Zuspiele seiner Kollegen wesentlich besser als in seinen vorangegangenen Spielen und schaffte es zugleich seine Feldposition sehr variabel anzulegen. Boyd kam seinen Mitspielern weit entgegen, stopfte damit eine Lücke im zentral-offensiven Mittelfeld und band Gegenspieler. Da sein Passspiel (81% Genauigkeit, 60% Genauigkeit in der gegnerischen Hälfte) gleichermaßen simpel wie effektiv war, konnte Rapid sich immer wieder vorne festsetzen und kam kaum in die Verlegenheit aufgrund eines unnötigen Ballverlusts von Offensive auf Defensive umschalten zu müssen. Eine Tatsache, die aber nicht nur auf die Leistungen einzelner Rapid-Spieler bzw. gruppentaktischer Aspekte zurückzuführen ist, sondern auch auf das schwache Pressing und zu stumpfe Zweikampfverhalten des SK Sturm.
Boskovic 87 Minuten auf der Bank
Ein anderer Rapid-Routiner, der unter der Woche noch als Doppeltorschütze auffiel, saß gegen Sturm 87 Minuten auf der Bank. Nach seiner Einwechslung in der Schlussphase zeigte Branko Boskovic wieder, wie viel Spielwitz in seinem Kopf und seinen Füßen steckt. Der Montenegriner kam zwar in eine bereits gewonnene Partie, gab dem Mittelfeld aber in wenigen Minuten noch mehr Stabilität, als es zuvor ohnehin schon hatte. Dies bewies er auch nach seiner Einwechslung gegen Wiener Neustadt, wobei dieses Spiel Boskovic aufgrund der numerischen Überlegenheit und dem Zwang des Gegners „aufzumachen“ extrem entgegenkam.
Montenegriner als passsicherster Spieler der Liga
Unabhängig davon, dass der 33-Jährige diese Woche im Rahmen kurzer Auftritte seine fußballerischen Fähigkeiten aufblitzen ließ, ist er in Wahrheit allgemein ein absoluter Stabilitätsgeber im Spiel Rapids – auch wenn das viele Kritiker, die ihn als Schönwetterfußballer betrachten, nicht so sehen wollen. Boskovic ist weiterhin der umsichtigste Rapid-Spieler mit dem besten Gefühl für Raum und Zeit. Im Laufe der Saison kann er auf eine Passquote von 85,7% bzw. 80,4% in der gegnerischen Hälfte zurückblicken. Das macht Boskovic tatsächlich zum Bundesliga-Spieler 2013/14 mit der höchsten Passgenauigkeit bzw. -sicherheit. Zudem hat der Nationalspieler in der laufenden Saison sowohl eine positive Zweikampfquote, als auch eine positive Quote in Kopfballduellen vorzuweisen.
Kaum logische/analytische Argumente „contra Boskovic“
Mangelnde Schnelligkeit und eine phasenweise zu verspielte Spielweise sind die Aspekte, die Boskovic zu Recht Kritik einbringen. Betrachtet man das große Ganze und vor allem sämtliche spielerische Werte, die der einstige USA- und Frankreich-Legionär für sich verbuchen kann, findet man keinen einzigen logischen Grund, ihn gering zu schätzen. Abgesehen vielleicht vom seit Jahren bekannten „Problem“, dass Boskovic mit einer merklichen Leistungssteigerung auf sich aufmerksam macht, wenn es um einen möglichen neuen Vertrag geht – den er aber aus rein analytischen Gründen ohnehin bekommen müsste, sofern die Konditionen alle Parteien glücklich machen.
Daniel Mandl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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