Red Bull Salzburg schiebt fünf Spieler nach Liefering – und Rangnick verheddert sich…
Bundesliga 14.September.2012 Daniel Mandl 0
Red Bull Salzburg schob gestern fünf Spieler in die Regionalliga zur zweiten Mannschaft, den FC Liefering, ab. Douglas da Silva, Cristiano, Leonardo, Rasmus Lindgren und Joaquin Boghossian müssen ab sofort mit der Regionalligamannschaft trainieren – spielen darf das Quintett allerdings nicht. Dies wäre nur bei Anif möglich, das die Lizenz der Red Bull Juniors hält.
Ob die „Abschiebung“ nach Liefering nun als Höchststrafe zu sehen ist oder nicht ist Ansichtssache. Vier der fünf Spieler sind ehemalige Salzburger Meisterkicker, zwei von ihnen spielten bereits in der Champions League. Was die fünf aber gemeinsam haben ist, dass sich keiner von ihnen um Einsätze in Österreichs dritthöchster Spielklasse reißen wird. Auch das Aussitzen der hochdotierten Verträge wäre angesichts des finanziellen Benefits keine Qual für die betroffenen Spieler.
Spieler laut VdF eindeutig im Recht
Stunden nach der Pressemitteilung von Red Bull Salzburg meldete sich die VdF (Vereinigung der Fußballer) zu Wort. In einer Presseaussendung wird der geschäftsführende Sekretär Dr. Rudi Novotny zitiert: „Die Spieler haben das Recht ihre Verträge mit sofortiger Wirkung aufzulösen und behalten sämtliche finanziellen Ansprüche bis zum vorgesehenen Vertragsende! Es ist völlig unverständlich, Spieler für die Kaderpolitik des Vereines verantwortlich zu machen.“ Der Terminus Kaderpolitik ist ein gutes Stichwort…
Jedes Jahr eine neue Philosophie
So geradlinig die Marketing-Konzepte des Red Bull Konzerns in sämtlichen Sparten seiner Aktivitäten auch sind, so schwammig und mittel- bis langfristig wertlos sind die (mannschafts-)sportlichen Personalentscheidungen. Man könnte meinen, dass sich die Philosophie in Wals-Siezenheim von Jahr zu Jahr ändert. Mal sollen’s einzelne Stars richten, mal ein großer Kader mit ausgeglichener Qualität, seit neuestem werden möglichst viele U23-Akteure zusammengekauft, die sich in Salzburg entwickeln sollen – höchstwahrscheinlich aber „nur“ für konzerninterne weitere Aufgaben, etwa in Leipzig oder gar New York.
Zick-Zack-Kurs
Roger Schmidt empfand seinen aktuellen Kader nach den zahlreichen Neuerwerbungen kurz vor Ende der Transferzeit (zu Recht) für zu groß. Mit 30 Spielern oder mehr wird das Training zu einer kaum jonglierbaren Herausforderung. Daher mussten fünf Spieler zum B-Team geschoben werden. Kritik verdient nicht unbedingt die Tatsache, dass dies nun geschah, sondern eher der Weg der gegangen wurde, wegen dem sich diese Situation erst einstellte. Dieser Weg nimmt jedes Jahr eine neue, unvorhersehbare Abzweigung, führte über reißerische Transfers, Österreichs Top-Talente, bis hin zur U23-Mannschaft, die soeben in Salzburg aufgebaut wird. In dieser Mannschaft stehen aktuell zehn österreichische Spieler 19 Legionären gegenüber (von den jetzt „immerhin“ fünf in Liefering sind).
Wollen bzw. „müssen“ die Spieler überhaupt weg?
Die Situation ist für Red Bull Salzburg aber noch nicht ausgestanden, denn die Vereinssuche wird für die fünf Spieler keine einfache. Anders gesagt: Es wird nicht leicht für Red Bull Salzburg und die Spielermanager Vereine für diese fünf Spieler zu finden. Nur in wenigen Ländern ist das Transferfenster weiterhin geöffnet und die finanziellen Ansprüche der Spieler wuchsen mit ihren Rentenverträgen in Salzburg. Nicht viele Vereine werden im Stande oder in der Laune sein, so genannten „Ausgemusterten“ ähnlich viel Geld zu bezahlen wie der österreichische Ligakrösus. Auch die Spieler selbst werden nicht freiwillig auf ihr hohes Gehalt verzichten und die VdF erklärte bereits die finanztechnische Vorteilssituation der betroffenen Spieler. Zur Erinnerung: Der Brasilianer Douglas da Silva hat etwa einen Vertrag bis Juni 2015. Für Red Bull Salzburg absolvierte er bisher 13 Pflichtspiele…
„Internationale Klasse fehlt“ – als her mit allem, was international unerfahren ist!
Der andere Blickwinkel ist der, dass Ralf Rangnick mit dieser Tabula-Rasa-Aktion die Karten auf den Tisch legt und, dass gerade diese extreme Maßnahme von einer Philosophie zeugt. Rangnick meinte, dass es dem Team aus der Vorsaison – also dem Doublegewinner – an internationaler Klasse mangle und meinte weiter: „Wir wollen irgendwann die Champions League erreichen. Wir haben gemerkt, dass es nicht so viele Spieler gibt, die dem Anspruch genügen können.“ Diese Aussagen muten etwas seltsam an, wenn man sich vor zwei Wochen mit sehr jungen Spielern, einem Bundesliga-Absteiger aus Deutschland und einem verletzungsanfälligen Abwehrchef verstärkte. Für Österreich alles schön und gut – aber keiner dieser Spieler hat internationale Erfahrung, was man jedoch von mindestens drei der fünf Ausgemusterten schon sagen kann.
Red Bull! Nicht Red Bull Salzburg…
Das Spielchen läuft immer auf dasselbe hinaus. Red Bull will in die Champions League – aber das muss nicht zwangsläufig in Salzburg geschehen. Es wurde ein Team zusammengestellt, das Potential und große Talente hat, allerdings nicht auf Knopfdruck funktionieren wird und auch wieder Rückschläge verkraften wird müssen. Würde man in Salzburg Champions-League-Fußball sehen wollen, wäre die Einkaufspolitik – und auch die Handlungspolitik mit den „ungeliebten Fünf“ – eine ganz andere gewesen. Beiersdorfers und Mateschitz‘ Worte von der „besseren U23“ in Salzburg werden nun immer greifbarer und angesichts dieses Langzeitplans sind die Aktivitäten der letzten zwei Wochen absolut nachvollziehbar. Nur wäre es an der Zeit die Öffentlichkeit wieder mal an ebendiese Beiersdorfer-Mateschitz-Worte zu erinnern, damit sich nach dem nächsten Leipziger Aufstieg die Verwunderung in Salzburg in Grenzen hält…
Daniel Mandl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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