Seit Rene Gartler im Sommer 2012 von Rapid Wien zur SV Ried ins Innviertel wechselte, blüht er regelrecht auf. Bisher stehen elf Bundesligatreffer auf seinem Konto, dazu kommt ein Tor in der Europa-League-Qualifikation und zwei im ÖFB Cup. Somit konnte er in nur 19 Einsätzen für die Wikinger mehr Treffer erzielen als in zuvor 59 Bundesligaspielen für seinen Heimatverein aus Wien. Doch für diesen Erfolg musste Gartler hart kämpfen und langen Atem beweisen.
Vom ersten Bundesligaeinsatz bis zum Schützenkönig der 2.Leistungsstufe
Nach dem Durchlauf aller Jugendauswahlmannschaften Rapids folgte für den gebürtigen Penzinger in der Saison 2003/04 das erste Bundeligaspiel im zarten Alter von 18 Jahren gegen den SV Mattersburg. In der darauf folgenden Meistersaison der Wiener trug Gartler mit drei Kurzeinsätzen auch einen kleinen Teil zum Gewinn des Titels bei.
Bis zum ersten Bundesligatreffer, welchen Rene übrigens fast auf den Tag genau sechs Jahre nach seinem Bundeligadebüt wieder bei einem Match gegen Mattersburg erzielen konnte, lagen mehr oder weniger erfolgreiche Saisonen. Zuerst wurde er zum SV Kapfenberg in die erste Liga verliehen (18 Spiele/2 Tore), dann zum damaligen Regionalligisten St. Pölten ( 13 Spiele/ 1 Tor). Nach der Rückkehr zu Rapid stieg der Heimkehrer bei den Amateuren zum Leistungsträger auf und erzielte 14 Treffer in 27 Spielen. Nicht genug für die Verantwortlichen des österreichischen Rekordmeisters – Gartler wurde als Leihspieler wieder auf Reise geschickt. Diesmal ging es ans andere Ende Österreichs zum FC Lustenau ins Ländle, wo er sich mit 21 Treffern zum Torschützenkönig der Ersten Liga krönte.
Rückfälle weggesteckt
Für viele schien dies der endgültige Durchbruch für den zweimaligen U-20 Nationalspieler zu sein. Doch nicht nur Tore pflasterten die Karriere des Rene Gartler, sondern auch zahlreiche Verletzungen (u.a Kreuzbandriss, Handbruch), welche ihn immer wieder zurückwarfen, und ihm den Ruf als ewiges Talent einbrachten. Trotzdem nahm er immer wieder im Sturm den Kampf gegen Kapazunder wie Stefan Maierhofer, Erwin „Jimmy“ Hoffer, den „albanischen Gerd Müller“ Hamdi Salihi oder auch den jetzigen FC Everton-Legionär Nikica Jelavic auf.
Disziplinäre Probleme
Dass die Karriere des Wieners sich nicht bereits früher besser – oder zumindest in eine andere Richtung – entwickelte, lag auch an disziplinären Problemen, die Gartler über viele Jahre nicht abstellen konnte. Dem Nachtleben nicht abgeneigt machte er immer wieder negativ auf sich aufmerksam, wurde von den Medien aufgrund dessen, dass er bei Rapid eher eine untergeordnete Rolle spielte, weitgehend verschont. Damit einhergehend: Gewichts- und Fitnessprobleme, die Gartler das Leben auch nicht leichter machten. Erst im Laufe des Jahres 2010 stellte der Angreifer diese Probleme ab und war dadurch stärker auf den Sport fokussiert. Ein zwischenzeitlicher Stammplatz beim SK Rapid war das logische Ergebnis.
Kompletter Angreifer
Den vielen Problemen und Rückfällen steht jedoch auch großes Talent gegenüber. Gartler gilt eher als filigraner Stürmer, der aufgrund seiner starken Technik und der Fähigkeit auch mal mehr als einen Gegenspieler stehen zu lassen, als hängende Spitze aufgeboten werden kann. Zudem ist der Wiener stark im Abschluss – links, rechts und per Kopf. Aufgrund seines eher geringen Aktionsradius ist seine mangelnde Grundschnelligkeit kein großes Problem: Gartler bewegt sich eher auf kurzen Strecken, zwar durchschnittlich schnell, dafür aber sehr clever und zielgerichtet. Auch als Anspielstation war der Wiener für seine Teams immer eine wichtige Personalie, weil er den Ball halten und kontrollieren kann, nur wenige technische Fehler begeht.
Glücksfall SV Ried
Dass die Verantwortlichen von Rapid im letzten Frühjahr die Option auf eine Vertragsverlängerung mit Gartler nicht zogen, stellte sich sowohl für Rene als auch für die SV Ried als Glücksfall heraus. Nach dem Wechsel ins Innviertel, schien eine große Last von seinen Schultern gefallen zu sein. Im neuen, familiären Umfeld fand sich der inzwischen 27-jährige Familienvater schnell zurecht und stieg zum Stammspieler und Publikumsliebling auf. Hier kann er sich es auch mal leisten einige Spiele lang nicht zu treffen ohne gleich auf der Ersatzbank zu landen. Diese Tatsache scheint ihn zu beflügeln, was auch der Blick auf die Torschützenliste der Bundesliga beweist. Mit elf Saisontoren ist er der zweitbeste österreichische Torschütze, hinter Philipp Hosiner. Wie wichtig Gartler für die Rieder ist, sah man etwa in den letzen Spielen der laufenden Frühjahrssaison, wo er aufgrund einer Ellenbogenverletzung als Vollstrecker und Anspielstation an vorderster Stelle fehlte, und weder der junge Toni Vastic noch Markus Hammerer die von ihm hinterlassene Lücke schließen konnten. Seit gut drei Wochen wieder voll im Training wird es nun bald ein Wiedersehen mit Gartler geben. Wahrscheinlich schon am kommenden Samstag, wenn ausgerechnet die Hütteldorfer ins Innviertel kommen. Es steht außer Frage, dass Rene Gartler – mit Klasse, Torriecher und Einsatzwillen gesegnet – sofort zur alten Stärke zurückfinden wird, denn was Comebacks angeht, hat wohl kaum einer mehr Erfahrung.
Omer Tarabic / Daniel Mandl, abseits.at
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