Vergangenen Sonntag bat Rainer Pariasek in „Sport am Sonntag“ Rapid-Präsident Rudolf Edlinger zur Diskussion ins ORF-Studio. Der Rapid-Boss zeigte sich dabei einmal mehr von... Rudolf Edlinger in „Sport am Sonntag“: Analyse dreier fragwürdiger Aussagen

Rudolf EdlingerVergangenen Sonntag bat Rainer Pariasek in „Sport am Sonntag“ Rapid-Präsident Rudolf Edlinger zur Diskussion ins ORF-Studio. Der Rapid-Boss zeigte sich dabei einmal mehr von seiner rhetorisch besten Seite, sorgte aber mit drei fragwürdigen Antworten auf zentrale Fragen für Angriffsfläche.

ORF-Präsentator Rainer Pariasek zeigte sich überraschend angriffslustig, forderte phasenweise vehement Antworten und setzte Edlinger zu. Dieser aber ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, entgegnete sein fast schon typisches Interview-Programm emotionslos und freundlich. Bereits während der Diskussion liefen die virtuellen Drähte zwischen Rapid-Fans auf Facebook heiß – die Kritik für das vermeintliche „Bla Bla“, das niemandem etwas bringen würde, war groß.

Dies ist jedoch kein großes Wunder. Zu festgefahren ist die Situation in Grün-Weiß und Edlinger kann bei den Fans nicht mehr punkten, zumal alle Fragen, die auch diesmal wieder gestellt wurden, bereits hundertfach beantwortet wurden. Drei Aussagen des Präsidenten könnten in Zukunft jedoch noch zum Thema werden, zumal sich der bedächtige und ruhig diskutierende 73-Jährige mit ihnen zum Teil aus dem Fenster lehnte.

Edlinger: „An und für sich sind solche Proteste immer schmerzhaft, das ist überhaupt keine Frage. Aber wenn man eine so schlechte Frühjahrssaison spielt, dann sind Reaktionen verständlich. Sport ist emotional, der Fußball in besonderer Weise und bei Verschiedenen drückt sich die Emotionalität eben unterschiedlich aus. So muss man das zur Kenntnis nehmen.  […] So schmerzhaft so etwas ist [Der Protest der Rapid-Fans, Anm.], muss man schon feststellen, dass die Demonstration ordentlich war, dass es zu keinen Gewalttätigkeiten gekommen ist, das zeugt zumindest von einem bestimmten Maß an demokratischer Reife. Das ist positiv zu erwähnen. Was mir nicht gefällt und das darf ich schon sagen, ist, wenn es Fans gibt… und ich bin seit meiner Kindheit Rapid-Fan, damals hat man Anhänger gesagt… und wenn Rapid ein Tor schießt, dann tritt bei mir ein Automatismus in Kraft. Nämlich: Dann reißt es mich trotz meiner 73 Jahre vom Stuhl. Wenn dann Rapid ein Tor schießt und die Fans applaudieren nicht, dann ist das das Zweite, das mich schmerzt.

Pariasek: „Das war sicher auch ein Ausdruck des Protests. Es wurde ja auch Rapid-Fans vorgeworfen, sie seien gar keine Fans, sonst hätten sie sich gefreut. Aber man kann sich ja auch nach innen freuen, es gibt ja auch eine stille Freude.“

Edlinger: „Aber die wird beim Fußball sehr selten zum Ausdruck gebracht. Normalerweise ist die Emotionalität die Triebfeder und so ist das schon eine intellektuelle Handlung gewesen nicht zu applaudieren. […]“

Die fett hervorgehobene Aussage, die gleich zu Beginn der Diskussion besprochen wurde, ist für das grün-weiße Herz tatsächlich schmerzhaft. Allerdings nicht, weil das Gros der Fans nach den Toren für den SK Rapid nicht jubelte, sondern weil es bei einem begeisterungsfähigen Publikum, wie Rapid es hat, überhaupt so weit kommen konnte. Obwohl ein Sieg nach neun sieglosen Spielen in Folge eigentlich eine Befreiung für jeden Fan darstellen sollte, kann sich ein Großteil der Fans über kurzfristige Erfolgserlebnisse nur spärlich freuen. Denn dadurch wird dazu beigetragen, dass ein System erhalten wird, das durch jahrelange Misswirtschaft hauptverantwortlich für ebendiese Emotionslosigkeit ist.

Das passendste Beispiel lieferte Edlinger selbst, denn den von ihm beschriebenen Automatismus wenn Rapid ein Tor schießt, gibt es tatsächlich. Gerade die vielen jungen, fanatischen Anhänger sind dafür bekannt diesen Automatismus nur sehr schwer unterdrücken zu können. Frage des Alters ist dies aber freilich keine. Aber: Wenn Fans den Torerfolg der eigenen Mannschaft nicht mehr bejubeln, sondern ihre Freude unterdrücken, weil sie beginnen rational und perspektivisch zu denken, dann steht man als Verein vor einer Wand, die auch eine Serie an Siegen nicht mehr einreißen kann. Die Reaktionen der Rapid-Fans nach den Treffern von Katzer und Alar war glasklar: Dieser Protest ist kein Strohfeuer. Selbst wenn Rapid ein fulminantes Meisterschaftsfinish hinlegt, werden die Fans erst wieder hinter dem Verein stehen, wenn entsprechende personelle und strukturelle Konsequenzen gezogen wurden.

Zwei weitere Aussagen Edlingers regten zum Denken an.

Pariasek: „Ein großes Thema ist auch das Hanappi-Stadion. Da gibt es mittlerweile seit auch mindestens zwei Jahren die Idee und auch den Beschluss, dass man etwas ändern muss. Wie ist der Stand der Dinge und wieso dauert diese Entscheidungsfindung so lange?“

Edlinger: „Die Entscheidungsfindung dauert deshalb so lange, weil ich der Meinung bin, dass eine längere Planungszeit erstens eine kürzere Bauzeit betrifft und zweitens zu besseren Ergebnissen.“

Hier lehnte sich Edlinger weit aus dem Fenster. Sofern der aktuelle Status, der der Öffentlichkeit vermittelt wird, tatsächlich lückenlos wiedergegeben wird, kann das nämlich noch niemand wissen. Selbstverständlich befindet sich Rapid bereits seit langer Zeit in Planungen oder lotet zumindest alle Möglichkeiten aus, aber zu erklären, dass die derzeitige Verzögerung sich später aufgrund einer kürzeren Bauzeit relativieren wird, ist sehr gefährlich, weil es am Ende des Tages noch lange nicht felsenfest zu gewährleisten ist. Dies ist eine Aussage, wegen der die Verantwortlichen festgenagelt werden können, wenn es doch anders kommen sollte, als Edlinger in diesem Zitat erklärte.

Edlinger führte weiters aus: „Wir haben, als wir das Stadion übernommen haben, mit 1.Juli 2012 – das darf man nicht vergessen – nachdem die Stadt Wien in großzügiger Weise 26,6 Millionen zur Verfügung gestellt hat […]“

Die Förderung der Stadt Wien wurde im November 2011 öffentlich, was nahelegt, dass Rapid bis zur formalen Übernahme des Stadions, in der Gewissheit, dass ein Stadionprojekt ins Haus steht, gute acht Monate völlig untätig war. Den Beginn sämtlicher Überlegungen auf den 1.Juli 2012 zu datieren, obwohl bereits davor viel intensiver an der Weichenlegung für das Großprojekt gearbeitet werden sollte, ist vor dem Hintergrund der scharf kritisierten, viel zu langen und komplizierten Planungsphase, ein falscher Schritt. Edlinger redete sich somit zwar clever aus der unangenehmen Thematik, die Pariasek auch nicht mehr aufgriff, rettete Rapid „argumentativ“ einige Monate, jedoch wäre ein schlichtes, partielles Schuldeingeständnis in der aktuellen Situation die ehrlichere und nachhaltigere Variante gewesen.

Morgen setzen wir uns ausführlich mit dem Fanprotest in Hütteldorf auseinander.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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